Substrat-Lieferverträge richtig gestalten

Betreiber und Lieferanten müssen auf Augenhöhe zusammenarbeiten

Hat sich ein Landwirt zur Substratlieferung für eine Biogasanlage entschie­den, kommt es auf die Ausgestaltung des Rohstoffliefervertrages an. Das dient beiden Parteien: dem Betreiber der Biogasanlage, der für den Betrieb seiner Anlage eine sichere Substratzufuhr guter Qualität benötigt. Ebenso dem Rohstoff liefernden Landwirt, dessen Betrieb sich auch in Zeiten rasch ändern­der Märkte für Agrar- und Biorohstoffe halten muss. Rechtsanwalt Karl-Heinz Armbrust, Refe­rent für Zivilrecht beim Hessischen Bauernverband, nennt Einzelheiten.

Rechtsanwalt Karl-Heinz Armbrust ist Refe­rent für Zivilrecht beim Hessischen Bauernverband.

LW: Herr Armbrust, Sie setzen sich intensiv mit Rohstofflieferverträgen auseinander. Was ist bei der Vertragsgestaltung für Anlagen­betreiber und Land­wirte wichtig?
Karl-Heinz Armbrust:
Wichtig ist grundsätzlich, dass sich sowohl der Anlagenbetrei­ber als auch der Rohstoffl­ieferant ihrer engen Zusammenarbeit bewusst sind. Beide sind voneinan­der abhängig, soll es langfristig er­folgreich verlaufen. Für die Gestaltung von Substratlieferverträgen bedeutet dies, nur wenn die Interessen aller Beteiligten angemessen und ausgewogen berücksichtigt werden, ist eine langfristige und erfolgreiche Zusammenarbeit wirklich gewährsleistet.

LW: Was ist im Rohstoffliefervertrag geregelt?
Armbrust:
Der Rohstoffliefervertrag regelt die Rechtsbeziehun­gen zwischen dem Anlagenbetreiber und dem Lieferanten von Bio­­masse, dem Landwirt. Die Mög­lichkeiten zur Ausgestaltung sind sehr vielfältig und können auf die jeweiligen Ansprüche der Parteien abgestimmt werden. Es kann bereits einen Unterschied machen, ob der Landwirt Beteilig­ter an der Anlage ist oder „nur“ Biomas­selieferant ist. Im Substratliefervertrag sollten ferner die Substratart, wie Mais, Gras oder Getreide, als auch Menge oder Gewicht (wie t oder m3) sowie die Qualität des Rohstoffes, beispielsweise Angaben zur Trockensubstanz beziehungsweise Schnittlänge, enthalten sein. Dabei ist aber darauf zu achten, dass sich der Landwirt als Lieferant Ertragsschwankungen beziehungsweise eine Art Lieferkorridor im Vertrag einrichten lässt. Es sollte ge­regelt sein, dass eine gewisse Menge (prozentual) sowohl unterhalb als auch oberhalb der vereinbarten Substratliefermenge möglich ist. Statt der festgeleg­ten Menge könnte sich der Land­wirt verpflichten, eine vorher festgelegte Fläche (Vertragsfläche) für die Lieferung der nachwachsenden Rohstoffe zur Verfü­gung zu stellen. Denkbar ist auch eine Kombination von Liefermenge und Anbaufläche.

LW: Worauf sollte man in Bezug auf die Preisfin­dung für den Rohstoff besonders achten?
Armbrust:
Die Märkte von Bio­masse sind stark von lokalen Einflüssen auf Angebot und Nachfrage abhängig. In der Regel kann daher nicht auf Preisnotierung zurückgegriffen werden. Das bedeutet, die Parteien müssen gemeinsam einen Preis aushandeln. Der Landwirt sollte dabei auf jeden Fall einen Preis erzielen können, der dem entgan­genen Nutzen einer Frucht, die er anderweitig hätte anbauen können, entspricht. Beispielsweise sollte der Deckungsbeitrag von Biogas-Mais in etwa mindestens dem Verfahren von Silomais (beide Anbauverfahren jeweils bei Verkauf ab Feld bewertet) entsprechen können. Was vertragliche Komponenten zur Preisanpassung betrifft, so sind hier mehrere Regelungen denkbar: So ist eine Preisanpassungsklausel nicht notwendig, wenn es sich um Verträge mit kurzer Laufzeit handelt oder solche, die jederzeit kündbar sind. Ferner wäre denkbar, dass sich der Substratpreis gekoppel am Weizenpreis, orientiert. Derzeit wird ein Preisanpassung gekoppelt an die Entwicklung zum Beispiel am Rohöl oder Erdgas diskutiert. Diese Überlegungen können dann von Bedeutung sein, wenn das erzeugte Biogas in ein Erdgasnetz eingespeist werden soll. Eventuell sollten Abschlagzahlungen geregelt sein, um die Liquidität des Lieferan­ten zu sichern.

LW: Und wie können Ertragsausfälle aufgrund höherer Gewalt, auf denen also der Landwirt als Lieferant keinen Einfluss nehmen kann, angemessen berücksichtigt werden?
Armbrust:
Meines Erachtens muss der Vertrag auch Regelun­gen für die Fälle höherer Gewalt enthalten. Ist es trotz ord­nungs­gemäßer Bewirtschaftung beim Lieferanten aufgrund höherer Gewalt oder durch außergewöhnliche Witterungseinflüsse, wie lang anhaltende Trockenheit oder Schädlingsbefall zu unerwartet starken Ertragseinbrüchen oder Qualitätsminderungen gekommen, reduziert sich die Lieferverpflichtung entsprechend zum Aus­maß der Mindererträge. Allerdings ist der Lieferant dann verpflich­tet, unverzüglich den Abnehmer zu informieren. Der Rohstoffliefervertrag muss, neben der Men­ge, auch Qualitäts­merkmale, den beide Seiten festgelegt haben, enthalten. Grundsätzlich muss die Qualität mittlerer Art und Güte entsprechen. Im Vertrag muss geregelt werden, nach welcher Methode die Qualitätsmerkmale der gelieferten Biomasse bestimmt werden.

LW: Ist es in jedem Fall besser, sich nicht auf eine lange Ver­trags­­laufzeit zu verständigen?
Armbrust:
Dies ist vom Einzelfall abhängig. Allgemein kann gesagt werden, dass der Abnehmer aus Gründen der Planungssicherheit tendenziell zu einer längeren strebt, hingegen der Substrat liefernde Landwirt aus seinen betrieblichen Erwägun­gen heraus, beziehungsweise, um auf Preisentwicklungen besser reagieren zu können, eher zu einer kürzeren Vertragslaufzeit neigt. In der Praxis variiert die Laufzeit von Substratlieferverträgen erheblich. Hier ist eine Kompromisslösung unter anderem mit den angesprochen Instrumenten zu Preisanpassung zu finden. Der Substratliefervertrag sollte schon bei Un­ter­zeichnung in Kraft treten und nicht erst dann, wenn die Anlage genehmigt und in Betrieb genommen wird. So wird vermieden, dass der Landwirt mit seinem Bio­mas­seanbau in Vorlage treten muss. Moe