Vor allem in Heu und Silage sind die Gifte ein Problem

Kreuzkrautarten erkennen und reduzieren

Die giftigen Kreuzkrautarten sind für Pferde besonders gefährlich, sowohl auf der Weide als auch im Futter.

Foto: Augustin

In den letzten Jahren wird aus der Praxis vermehrt über Probleme mit Kreuzkräutern berichtet. Dabei handelt es sich um verschiedene Arten, die alle zur Familie der Korbblütler gehören. Alle Kreuzkrautarten weisen einen mehr oder weniger hohen Gehalt an Giftstoffen auf, welche die Leber von Weidetieren dauerhaft schädigen.

Die Samen der Kreuzkrautarten verbreiten sich mit dem Wind, getragen von schirmchenförmigen Flugapparaten, wie man es vom Löwenzahn kennt. In ihrer biologischen Entwicklung weisen sie große Unterschiede auf. In Europa sind etwa 30 verschiedene Arten bekannt. In Abhängigkeit von den Standortbedingungen gibt es erhebliche Abweichungen im Artenspektrum innerhalb Deutschlands.

Die häufigsten Kreuzkrautarten in Rheinland-Pfalz

Das Jakobskreuzkraut (links) und das Raukenblättrige Kreuzkraut (rechts) sind giftig und leider immer häufiger auf Grünland zu finden.

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Die jahreszeitlich unabhängige Vermehrung hat zur weltweiten Verbreitung des Gewöhnlichen Kreuzkrautes (S. vulgaris) beigetragen. Die kleinwüchsige Art ist leicht an den fehlenden Zungenblüten zu erkennen und häufig auf offenen Böden zu finden (Obst- und Weinbau, Gemüse, Mais, Kartoffeln). Aufgrund dieser biologischen Eigenschaften entwickelte das Gewöhnliche Kreuzkraut als eine der ersten Unkrautarten eine ausgeprägte Resistenz gegen Triazine. Von lokaler Bedeutung ist das ein­gewanderte, einjährige Frühlingskreuzkraut (S. vernalis). Charakteristisch sind die relativ großen Blüten und die spinnwebenartig behaarten Blät-ter. In Dauerkulturen kann es über Kompost eingeschleppt werden. Als einjährige Arten können sich das Gewöhnliche und das Frühlingskreuzkraut auf Grünland normalerweise nicht etablieren. Es sind insbesondere die mehrjährigen Arten, die Probleme bereiten. Einmal eingewandert, ermöglichen ihnen die Speicherwurzeln, auch bei einer intensiven Schnittfrequenz problemlos wieder auszutreiben. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Arten auch die höchsten Toxingehalte aufweisen. Das Schmalblättrige Kreuzkraut (S. inaequidens) ist dagegen eine invasive Art, die sich massiv entlang von Verkehrswegen ausbreitet. Es ist mehrjährig und kann Massenbestände ausbilden. Derzeit wandert es entlang von Autobahnen aus Richtung NRW nach Rheinland-Pfalz ein. Zu erkennen ist es an den schmalen, linealischen Blättern. In Südafrika ist es als Giftpflanze im Getreide bekannt. Auch bei uns ist eine Einwanderung in extensives Grünland vorstellbar. Das Jakobskreuzkraut (S. jacobaea). ist die bei uns wohl bekannteste Art. Die zwei- bis mehrjährige, einheimische Pflanze blüht zwischen Juni und August (namensgebend: Jakobi). Von den in Europa vorkommenden Kreuzkräutern weist sie den höchsten Alkaloidgehalt auf. Die Ursache für die zunehmende Ausbreitung dieser Art in den letzten Jahren ist nicht bekannt. Die leierförmigen Blätter sind sehr variabel, so dass das Jakobskreuzkraut leicht zu verwechseln ist mit dem Raukenblättrigen Kreuzkraut (S. erucifolius). Diese ebenfalls einheimische, mehrjährige Art erreicht seine Hauptblüte vier bis sechs Wochen später (bis Ende Oktober) und ist ebenfalls eine gefährliche Giftpflanze für Weidetiere. Die Blattform erinnert an die Blätter der Salatrauke. Häufig kommen auf ein und derselben Fläche beide Arten vor. Dort sind dann zwischen Juni und Oktober blühende Kreuzkräuter zu finden.

Toxische Inhaltsstoffe gefährden Weidetiere

Alle Kreuzkrautarten weisen einen mehr oder weniger hohen Gehalt an tückischen Giftstoffen (Jacobin, Senecionin u.a.) auf. Diese Lebertoxine haben eine akkumulierende Wirkung, das heißt sie schädigen die Leber in dem Umfang, in dem sie aufgenommen werden. Geschädigte Leberzellen sind nicht mehr zu behandeln. Akute Vergiftungen auf der Weide sind aber eher selten, weil dafür die Aufnahme erheblicher Mengen an Frischmaterial erforderlich ist. Das könnte ein Grund dafür sein, dass Kreuzkräuter nicht auf der offiziellen Liste giftiger Pflanzenarten im Bundesanzeiger aufgeführt sind. In Heu oder Silage verlieren die Kreuzkräuter ihre Bitterstoffe, die auf der Weide die Aufnahme größerer Mengen verhindern (unerfahrene Jungtiere können auch grüne Pflanzen aufnehmen). Die Toxine bleiben dagegen erhalten. Die Verfütterung von belastetem Rauhfutter kann daher besonders im Winterhalbjahr leicht zu schleichenden Vergiftungen („Schweinsberger Krankheit“) führen. Am empfindlichsten reagieren Pferde gefolgt von Rindern, Schafen und Ziegen. Als Ursache für die unterschiedliche Empfindlichkeit der Wiederkäuer wird die Möglichkeit einer teilweisen Entgiftung über die Niere diskutiert Abgesehen von dem gelegentlich auftretenden Frühlingskreuzkraut und dem Schmalblättrigen Kreuzkraut sind die meisten Kreuzkrautarten einheimisch und damit auch durch intensivste „Bekämpfungsaktionen“ nicht auszurotten. Der Alkaloidgehalt ist je nach Art unterschiedlich hoch, aber alle Arten sind giftig. Die Gefahr von Vergiftungen ist daher nicht nur eine Frage der auftretenden Kreuzkrautart, sondern vor allem der Dosis.

Gegenmaßnahmen je nach Besatz treffen

Kreuzkräuter
konzertiert eindämmen

Beim Umgang mit der Kreuzkrautproblematik sind alle gefordert:
Betroffene Viehhalter müssen die Flächenbewirtschaftung optimieren.
Es muss versucht werden, die Bewirtschaftung nicht landwirtschaftlich genutzter Flächen so zu gestalten, dass der Zuflug von Samen auf gefährdete Nachbarflächen minimiert wird.
Da eine Ausrottung der teilweise einheimischen Arten nicht möglich ist, bleibt nur gezielter Objektschutz. Dafür ist künftig auch ein detaillierteres Wissen über Lage und Größe gefährdeter Flächen erforderlich. Augustin

In den vergangenen Jahren haben sich insbesondere das Jakobskreuzkraut und das Raukenblättrige Kreuzkraut großflächig ausgebreitet. Beide Arten sind mehrjährig. Die Samen dieser Korbblütler sind zwar deutlich kleiner als die des Löwenzahns, sind aber ebenso flugtüchtig. Das erleichtert ihnen eine Einwanderung über größere Entfernungen hinweg. Wegen dieser flugfähigen Samen besitzen vorbeugende Maßnahmen eine besondere Bedeutung. Sie können wesentlich dazu beitragen, die Besiedelung der Grünlandflächen zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen:
  • Grasnarbe geschlossen halten (Lücken in der Narbe durch Ãœbersaat schließen)
  • frühere und intensivere Nutzung
  • nutzungsorientierte Düngung
  • Zuflug eindämmen (Feldränder mähen)
  • Geilstellen regelmäßig und frühzeitig ausmähen

Bekämpfung von Einzelpflanzen und mäßigem Besatz

Durch geeignete Bewirtschaftungsmaßnahmen muss versucht werden, das Grünland möglichst von Kreuzkraut frei zu halten. Geilstellen auf den Weiden müssen regelmäßig vor der Blüte des Kreuzkrautes ausgemäht und belastetes Material abgefahren werden. Bei feuchter Witterung lassen sich Einzelpflanzen wurzeltief ausstechen oder ausreißen. Auch sie müssen von der Fläche geräumt werden. Wenn die Besatzdichten an Kreuzkräutern nicht mehr in Handarbeit zu bewältigen sind, kommen Herbizidanwendungen in Betracht. Dies gilt insbesondere für Sämlinge und kleine Pflanzen im Rosettenstadium auf Flächen, die noch eine konkurrenzstarke Grasnarbe besitzen. Wuchsstoffkombinationen (MCPA+2,4 D) haben eine Teilwirkung gegen die Kreuzkräuter. Sicherer ist die Flächenbehandlung mit Simplex (Aminopyralid). Die Terminierung der Behandlung ist so zu gestalten, dass die Kreuzkräuter vor Beweidung oder Schnitt abgestorben sind. Außerdem muss vor einer Nutzung dafür gesorgt werden, dass die vorhandenen Kreuzkrautreste entfernt werden. Je nach Verholzungsgrad muss es abgeschnitten und abtransportiert, gemulcht oder abgeschleppt werden.

Nachbauschäden durch Wirtschaftsdünger vermeiden

Nach der (Herbizid-) Anwendung von Simplex ist außerdem auf eine sachgerechte Verwendung des ent­stehenden Mistes oder der Gülle zu achten. Der Wirkstoff Aminopyra­lid wird in Pflanzenmaterial nicht abgebaut. Dies können nur Bodenbakteri-en bewerkstelligen. Folgerichtig finden sich Wirkstoffrückstände auch in Mist und Gülle. Da verschiedene Pflanzenarten wie Kartoffeln, Tomaten oder Leguminosen extrem empfindlich auf Aminopyralid reagieren, kann es leicht zu deutlichen Pflanzenschäden kommen. Der Anwender muss daher dafür Sorge tragen, dass organische Dünger, die von behandelten Flächen stammen, auf dem Betrieb entsprechend eingesetzt werden. Damit ist sichergestellt, dass keine unliebsamen Überraschungen durch Düngung empfindlicher Kulturen passieren können.

Bei höherem Besatz hilft nur die Radikalkur

Flächen mit höherem Besatz sind nur sehr kurzfristig oder gar nicht mehr zu beweiden und der Aufwuchs kann nicht mehr verfüttert werden. Diese Flächen sind damit wertlos und müssen saniert werden. Eine Neuansaat in Verbindung mit dem Einsatz eines Glyphosatmittels beseitigt die etablierten Altpflanzen. In Abhängigkeit vom Samenvorrat und -aufgang können noch Folgebehandlungen mit den genannten kulturverträglichen Herbiziden erfor-derlich werden. Dr. Bernd Augustin, DLR R-N-H, Bad Kreuznach