„2008 war ein Erfolgsjahr“
Dünger- und Pflanzenschutzindustrie zog Bilanz
„Außergewöhnliche Wachstumsraten“ bescherte das Jahr 2008 der Pflanzenschutz- und Düngemittel-Industrie, berichtete vergangene Woche der Industrieverband Agrar (IVA) in Frankfurt.
Der weltweite Absatz für Pflanzenschutzmittel stieg auf fast 42 Mrd. Dollar (nach aktuellem Umrechnungskurs: 31 Mrd. Euro), das war ein Plus von über 25 Prozent.
Umsatz mit Pflanzenschutzmitteln um 12 Prozent gestiegen
Ãœberaus positiv beurteilt Jachmann die Stabilität der Branche. Die Landwirtschaft und das mit ihr verbundene Umfeld bestehe die aktuelle Wirtschaftskrise „eindeutig besser als andere Bereiche“. Anders als etwa die Autoindustrie hätten die Hersteller von Pflanzenschutzmitteln keinen Absatzeinbruch erfahren, ihre Arbeitsplätze erwiesen sich als sicher: „Ich habe immer noch offene Stellen und niemand wird entlassen“. Auch die langfristige Prognose für die Agrarchemie fällt aus Sicht des IVA-Präsidenten positiv aus, dazu reicht allein der Blick auf den wachsenden Nahrungsmittelbedarf der Welt bei gleichzeitig kaum vermehrbaren Produktionsflächen. 1,5 Mrd. Hektar Ackerfläche stehen weltweit zur Lebensmittelproduktion zur Verfügung, ohne Dünge- und Pflanzenschutzmittel müssten es, um die gleiche Produktion zu erzielen, heute schon vier Milliarden Hektar sein. Angesichts des Bevölkerungswachstums würden – ohne Agrarchemie – bis zum Jahr 2050 sogar über sieben Mrd. Hektar benötigt. „Diese Fläche haben wir nicht“, sagte Jachmann, an höheren Flächenerträgen führe deshalb kein Weg vorbei.
Jachmann kritisierte indes „Innovationsblockaden“ auf dem Weg dahin: „Wenn die Politik Innovationen will, muss sie für einen reibungslosen Ablauf der behördlichen Zulassungsverfahren sorgen“. Die Behörden seien aber nicht ausreichend ausgestattet, um die Regulierung richtig und schnell zu bearbeiten. Außerdem fordert Jachmann die „Entideologisierung von Entscheidungen“, die Urteile von wissenschaftlichen Behörden müssten von der Politik auch ernst genommen werden. Das Fazit des IVA-Präsidenten: „Um den Fortschritt in der Landwirtschaft möglich zu machen, brauchen wir eine Stärkung der Behörden und die Orientierung an wissenschaftlichen Erkenntnissen“.
Dünger im Wert von 1,6 Mrd. Euro abgesetzt
Auch für den Vorsitzenden des Fachbereichs Pflanzenernährung im IVA, Hermann Kuhlmann (Yara), war das Düngerjahr 2007/08 „ein Erfolgsjahr“. Die Düngemittel-Industrie setzte in Deutschland Dünger im Wert von 1,6 Mrd. Euro ab, das war eine Zunahme um 57 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Stickstoffabsatz ging um 13 Prozent in die Höhe, der Absatz von Phosphatdüngern stieg um 20, die Kali-Verkäufe um 15 Prozent. Damit kehrte der Düngerverbrauch in Deutschland aber nur zurück auf das Durchschnittsniveau, nachdem er im Trockenjahr 2007 drastisch gefallen war. Wesentlich für die enorme Umsatzsteigerung war nicht die Menge, sondern der gestiegene Preis für Dünger. „Im Juni hatte keiner geglaubt, dass die Preise nicht in den Himmel wachsen“, so Kuhlmann, und „alle Werke wurden auf Hochtouren gefahren“.
Düngemittelproduktion im Herbst zurückgefahren
Als im Herbst die Düngerblase als Folge von Finanzkrise und fallenden Agrarpreisen platzte, fuhr die Düngemittelindustrie europaweit die Produktion zurück. Seit sechs Wochen, so Kuhlmann, liefen die N-Werke von Yara wieder mit voller Auslastung, einzige Ausnahme seien die Anlagen für NPK-Dünger, wegen der immer noch hohen Zukaufspreise für Phosphat und Kali, sie würden voraussichtlich erst im Herbst auf die volle Kapazität hochgefahren.
Im laufenden Düngerjahr 2008/09 rechnet Kuhlmann mit einem „Absatzrückgang bei allen Nährstoffen“. Bei Stickstoff erwartet er ein Minus von 10 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2008, deutlicher werde der Verbrauch von P und K zurückgehen, wie schon an der Bilanz der ersten Hälfte des Düngerjahres (Juli bis Dezember 2008) abzuÂlesen ist: Hier sank der Absatz an Stickstoffdüngern im Vergleich zum Vorjahr um 16 Prozent, der Phosphatabsatz um 57, der Kaliabsatz um 40 Prozent. Kuhlmann macht neben der Wirtschaftskrise „eine abwartende Haltung der Landwirte vor dem Hintergrund der fallenden Preise für Düngemittel und Agrarprodukte“ dafür verantwortlich. Beim Stickstoff allerdings dürfte ein großer Teil des Absatzrückstands bis zum Saisonende wieder aufgeholt sein, da Stickstoff nur begrenzt zurückgefahren werden kann, wenn ausreichende Erträge und Produktqualitäten gesichert werden sollen. Das erste Quartal 2009 jedenfalls „war nicht schlecht“, so Kuhlmann. Preisprognosen mochte der Vorsitzende des IVA-Fachbereichs Pflanzenernährung indes nicht abgeben, vor allem die Stickstoffpreise hängen an den Energiepreisen und „wir wissen nicht, wohin der Öl- und Gaspreis geht.“ Michael Schlag