Rieslingboom ist zu Ende

Im Inland ist deutscher Wein gefragt, wogegen der Weinexport einbricht

Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise sind bei den Winzern noch nicht zu spüren. Der Marktverlauf im ersten Quartal des Jahres läuft, nach Aussagen des Rheinhessischen Weinbaupräsidenten, Ingo Steitz, anlässlich der Frühjahrspressekonferenz des Rheinhessischen Weinwirtschaftsrates in Harxheim, recht gut.

Nach der explosionsartigen Entwicklung der Reben geht es derzeit witterungsbedingt etwas langsamer. Die ersten Spritzungen sind jetzt überall notwendig.

Foto: pier

„Der Rieslingboom ist vorbei“, sagte Wolfgang Trautwein, Vorsitzender des Rheinhessischen Weinwirtschaftsrates und Vorsitzender des Verbandes der Rheinhessischen Weinkellereien. Für Rheinhessen sei das nicht tragisch, weil die Region noch mehr Sorten im Ange­bot habe, gerade Burgunder­sorten und Rosé gehen gut. In Deutschland floriere zurzeit der Rotweinmarkt, auch Weißherbst und Rosé verkaufen sich gut. Es sei dennoch schwer das Niveau der Preise zu halten, sagte Trautwein, weil der Handel möglichst gute Qualität für möglichst wenig Geld haben möchte. Exportorientierte Kellereien haben zu kämpfen, weil die Nachfrage nach Riesling nachlasse.

Der Absatz heimischer Weine in Deutschland sei im ersten Quartal 2009 um 1,1 Prozent zurückgegangen, dennoch zeigte sich der Weinbaupräsident aufgrund der hohen Wettbewerbsfähigkeit rheinhessischer Weine zuversichtlich. Der Anteil rheinhessischer Weine an den deutschen Weinen sei wert- und auch mengenmäßig um je ein Prozent gestiegen (22/23 Prozent), im Vorjahresvergleich.

Deutsche Weine sind im Ausland teuer

Albrecht Ehses, Geschäftsführer des Verbandes der Rheinhessischen Weinkellereien e.V., berichtete von einer abgekühlten Stimmung bei den Kellereien, denn exportorientierte Betriebe melden Einbrüche, vor allem bei Liefe­rungen in die USA, Großbritannien, Russland oder Japan. In diesen, für deutsche Weine wichtigen Märkten, haben der starke Euro im Verhältnis zu Dollar oder Pfund sowie Steuererhöhungen zu erheblichen Preissteigerungen der Weine im Handel geführt. Dieser Ab­satz­rückgang, der sich Ende 2008 ange­deutet und im ersten Quartal 2009 fortgesetzt habe, konnte teilweise durch verstärkte Lieferungen in die Niederlande, nach Kanada und Skandinavien aufgefangen werden. Veränderungen beim Weinexport bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die rheinland-pfälzi­sche Weinwirtschaft, erklärte Ehses. So konnten die Kellereien in den vergangenen Jahren mit großem Erfolg im Ausland Riesling absetzen. Diese Entwicklung setze sich nun nicht mehr fort. Die Kellereien beobachten auch ein verändertes Nachfrageverhalten in deutschen Discountern und im Lebensmittelhandel. Während bei roten Sorten weiterhin ein Absatzplus zu verzeichnen sei, tue sich Riesling in den deutschen Regalen schwer Zuwächse zu erzielen. Der Rotweinsektor bei Kelle­reien ist, laut Ehses, vom Dornfel­der geprägt. Über zwei Drittel der Rotweine von Kellereien sind Dornfelder, die angestellten Portugieser- und Spätburgundermengen sind rückläufig. Weißherbst- und Roséweine konnten zulegen. Wie Ehses erklärte, wird dieser Zuwachs von den Kellereien mit dem Absatz im Lebensmittelhandel getragen, auch aktuell gebe es positive Absatzerwartungen für diese Weine.

Insgesamt stellte Ehses fest, dass der Weinverkauf im Handel an Dynamik eingebüßt habe, die Käuferreichweite besonders bei jungen und mittleren Konsumenten zurückgehe und sich die Preise der Herkunftsländer zunehmend aneinander anpassen. Das habe zur Folge, dass gerade in den Discountern in den letzten Monaten Produkte ausgetauscht wurden. Bei Weiß- und auch Rotwein konnten hier Erzeugnisse aus Rheinhessen den Marktersatz teilweise für sich verbuchen.

Bei den derzeit diskutierten Änderun­gen des Weinrechts zeigten sich, nach Aussagen des Rheinhessischen Weinbaupräsidenten, erste greifbare Erfolge. So werde der Abgabetermin der Trau­ben­erntemeldung (TEM) um über einen Monat vom 10. Dezember des Erntejah­res auf den 15. Januar des Folgejahres verschoben, was nicht zuletzt auf die Initiative des Weinbauverbandes Rheinhessen zurückzuführen sei. Der bisheri­ge Termin habe in der hektischen Vorweihnachtszeit vielen Winzerbetrieben Probleme bereitet.

EU-Bezeichnungsrecht wird diskutiert

Auch bei der Proble­matik der Berechnung der „Förderflächen“ im Zuge der Nutzung der Umstrukturierungsförderung, zeichne sich nach intensiven Bemühungen jetzt eine Lösung ab, wonach die bisherigen Unsicherheiten beseitigt würden und den Winzern keine Sanktionen mehr drohen. Die Entwürfe zur Umsetzung der Vorgaben aus Brüssel in nationales Recht lösen heftige Diskussionen inner­halb der Branche aus. Das traditionelle Qualitäts- und Bezeichnungssystem soll unverändert bestehen bleiben. Steitz befürwortet zunächst ein Verbot der neuen Begriffe „geschützte Ursprungsbezeichnung“ und „geschützte geographische Angabe“ auf dem Etikett deutscher Weine, um Verbraucherverwir­rung zu vermeiden. Die Vertreter der Weinkellereien sind da ganz anderer Meinung und glauben, dass den Marktteilnehmern die Chance genommen wird, sich mit einer Stärkung der Herkunftsangaben dem Wettbewerb zu stellen. AOC, DOC und DO sind Abkürzungen in Frankreich, Italien und Spanien, die das „Origin“, den Ursprung bereits beinhalten. „Warum soll den Vermarktern deutscher Weine die­se Kennzeichnungsmöglichkeit verwehrt werden?“ fragt Ehses.

Die Zulassungsverfahren für die neuen Herkunftsbezeichnungen müssen zum 1. August 2010 national umgesetzt werden. Bis dahin muss sich die Weinwirtschaft mit der Thematik intensiv befassen und Lösungen finden. Ab 1. August 2010 könnten Erzeuger sowie Zusammenschlüsse von Erzeugern Anträge auf die Zulassung neuer Ursprungsbezeichnungen stellen und sich selbst Regeln für die Erzeugung setzen, sei es über die Festlegung bestimmter Sorten, Höchsterträge oder die Nutzung bestimmter Weinbereitungsverfahren.

Die EU-Weinrechtreform verlangt eine neue Ausgestaltung der Hektarhöchstertragsmengen. Die Kellereivertreter halten nichts von der Einführung eines 5-stufigen Modells, welches das derzeitige 3-Stufen-Modell ersetzen soll. Ehses befürwortet ein 3-Stufen-Modell mit maximal 200 Hektoliter für den „Grundwein“, maximal 150 Hekto­liter für deutsche Weine und Landwein und 105 hl/ha für Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung (Qualitäts- und Prädikatsweine). Die Hektarertragsregelung diene dem Ziel, eine Preisdifferenzierung der unterschiedlichen Stufen herbeizuführen und damit neue Wertschöpfungsketten zu ermöglichen.

Die Weinkellereien begrüßen die Forderung, ein neues Landweingebiet „Rhein“ zu schaffen. Es sei wichtig diesen Herkunftsbegriff zu sichern, ihn weltweit zu schützen und einen Teil der rheinland-pfälzischen Ernte in dieser Kategorie der Weine mit geschützter geografischer Angabe international zu vermarkten. Dies werde nur gelingen, so Ehses, wenn auch gleichzeitig die Einschränkung des Restzuckergehaltes auf halbtrocken gestrichen werde. Besonders im Ausland sei eine erfolgreiche Vermarktung rheinland-pfälzischer Weine auf Restzuckergehalte von mehr als 20 g/l angewiesen. bs