Weiter auf Verbesserungen dringen

Erfolge nicht schlecht reden – HBV-Präsident zur Krise in der Landwirtschaft

HBV-Präsident Friedhelm Schneider

Foto: Mohr

Der Hessische Bauernverband fordert seit geraumer Zeit die Einführung eines Notprogramms Milch. Es gab zahlreiche Protestaktionen wegen der miserablen wirtschaftlichen Lage der Betriebe. Vor Pfingsten haben die Bauern unter anderem in Berlin und in Frankfurt demonstriert. Dazu hat das LW den Präsidenten des Hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider, befragt.


LW: Herr Schneider, was haben diese Aktivitäten bislang gebracht?

Friedhelm Schneider: Ein konkretes Ergebnis ist die Aufhebung des Selbstbehalts und der Obergrenze bei der Besteuerung von Agrardiesel. Auch wenn dies von einigen schlecht geredet wird, ist es ein Erfolg unserer beharrlichen Bemühungen. Es werden alle Landwirte, ob Milch- oder Ackerbauern, schon in diesem Jahr kostenmäßig entlastet. Auf Hessen umgerechnet sind dies rund 9 Mio. Euro im Jahr. Es kann allerdings nur der erste Schritt sein. Ich habe immer gefordert, dass die Agrardieselsteuer ganz weg muss und die deutschen Bauern mit den französischen Berufskollegen gleichbehandelt werden, die weniger als einen Cent pro Liter Agrardieselsteuer zahlen. Wir werden also weiter auf Wettbewerbsgleichheit drängen. Es handelt sich ja um eine Forderung, die wir schon vor der jetzigen Krise erhoben haben. Bundeskanzlerin Merkel, mit der ich vor kurzem sprechen konnte, hat in dieser schlimmen Situation und auf massives Drängen des Berufsstandes ein Machtwort gesprochen, so dass auch die SPD ihre bisherige Blockadehaltung aufgegeben hat und zumindest das jetzige Ergebnis herauskam.

LW: Und was gibt es noch außer Agrardiesel?

Schneider: Der Bauernverband hat auch dafür gesorgt, dass mit Hilfe der Landwirtschaftlichen Rentenbank ein vierjähriges Liquiditätshilfedarlehen für alle Landwirte zu sehr günstigen Konditionen aufgelegt wird und insbesondere die Möglichkeit besteht, mit der kostenfreien Sondertilgung die Zahlung der Betriebsprämie, die von EU-Seite für Mitte Oktober angekündigt ist, quasi zinsfrei schon in den Juli vorzuverlegen. Damit können die Betriebe, nachdem die Hausbank die Bonität geprüft hat, einen Liquiditätsengpass abwenden. Um dieses Programm werden wir übrigens von anderen Wirtschaftsbranchen beneidet. Ich habe mich in dieser Woche außerdem in einem Schreiben an die Verbände der Volksbanken und Sparkassen gewendet und sie aufgefordert, die Darlehensvergabe unbürokratisch und vor allem kostenfrei zu begleiten. Die Forderung des Bauernverbandes nach einer steuerneutralen Risikoausgleichsrücklage zielt in die gleiche Richtung, nämlich der Liqui­ditätssicherung. Und zumindest im Bundeslandwirtschaftsministerium können wir da offensichtlich mit Unterstützung rechnen.

LW: Was kann man von der Absatzseite berichten?
Schneider:
Ich bin davon überzeugt, dass wir vor allem den Absatz verbessern müssen. Uns sind in den vergangenen Jahren Auslandsmärkte weggebrochen, auch aufgrund von ungünstigen Währungsparitäten. Die Amerikaner haben zu Lasten der Europäer von 2007 auf 2008 ihren Export von Milchpulver um 5 000 Prozent ausgeweitet. Diese Märkte müssen wir zurückgewinnen. Außerdem müssen wir weiter darauf drängen, dass für Molke- und Magermilchpulver Verfütterungsbeihilfen gewährt werden, damit sie wettbewerbsfähig werden. Dies würde den Markt sofort entlasten. Desweiteren müssen wir die Märkte im In- und Ausland mit neuen, innovativen Produkten bearbeiten. Wir selber tun auch etwas für den Milchabsatz, wenn wir auf vielen Veranstaltungen darauf aufmerksam machen, dass die Verbraucher mit dem sogenannten Analogkäse, eigentlich ein Schummelkäse, in die Irre geführt werden, da dieser eben kein Käse ist. Das wollen und können wir als Milcherzeuger nicht akzeptieren. Außerdem sind wir mit der hessischen Landesregierung in fortgeschrittenen Gesprächen, um das Schulmilchprogramm auszuweiten, und zwar mit Hilfe von Milchautomaten. Das ist wichtig, weil die Schüler auch die Verbraucher von morgen sind. Auf der anderen Seite müssen wir das Angebot weiter bündeln. Es freut mich besonders, dass jetzt das Vertriebskontor von Nordmilch und Humana vom Bundeskartellamt nach langwieriger Prüfung genehmigt wurde. Ein Verkaufskontor für Grundprodukte wie H-Milch, Milchpulver, Butter und Standardkäse fordere ich schon seit fünfzehn Jahren, vor allem um auf gleicher Augenhöhe mit dem konzentrierten Lebensmitteleinzelhandel verhandeln zu können. Das ist ein gutes Beispiel auch für andere Molkereien, um ihre Strukturen im Hinblick auf den Wettbewerb zu verbessern. Die Fragen stellte Cornelius Mohr