Stroh ab Feld ist günstiger

Nährstoffentzug und Arbeitsbelastung im Betrieb berücksichtigen

Wer im vorletzten Jahr Stroh übrig hatte, konnte damit gut hinzuverdienen. Selbst für Prei­se von mehr als 100 Euro/t gab es mancherorts nur Achselzucken und lange Gesichter, aber kein Stroh zu kaufen. Im letzten Jahr sah die Situation schon wieder völlig anders aus. Wann lohnt es sich also, das Stroh zu verkaufen? Mit dieser Frage befasst sich Dr. Mathias Schindler, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, im folgenden Beitrag.

Im Windschatten der Getreidepreise entwickeln sich auch die Preise für Stroh.

Foto: Dr. Moennig

Beim Strohverkauf war bislang fast im­mer nur der entzogene Nährstoffwert die Basis für die Preisfindung, auf die bei Verkauf als Ballen beziehungsweise sogar aus dem Lager dann noch die oft nur gefühlten Maschinenkosten draufgerechnet wurden. Nur im vorletzten Winter wurde das plötzlich anders. Viele hatten sich offenbar darauf verlassen, sie könnten – so wie eigentlich immer – Stroh auch später noch günstig kaufen und die Verkäufer auf den Lagerkosten sitzen lassen. Der nach­folgende Beitrag bleibt zwar auch auf der kostenorientierten Kalkulationsebene für die Ermittlung eines ange­messenen Strohpreises, da sich aber die Nährstoff- und die Maschinenkosten doch deutlich geändert haben, kann auch hier die Kenntnis aktueller Zahlen nicht schaden. Nur so lässt sich vermeiden, dass Stroh unter Fortschreibung der bisherigen Beträge aufgrund der gestiegenen Nährstoff- und Maschinenkosten nunmehr deutlich unter einem kostendeckenden Ansatz abgegeben wird. Wer sich mit der Strohbergung nicht zusätzlich belasten möch­te, weil er in der Zeit ohnehin durch Arbeitsspitzen gut ausgelastet ist und mangels eigenem Strohbedarfes sowieso nicht mehr über entsprechende Bergetechnik verfügt, kann das Stroh – wie bisher vielfach üb­lich – ab Feld zum „Selber-Pressen-Preis“ verkaufen. Dennoch sollte er sich zumindest den Wert der durch die Stroh­­abfuhr entzogenen Nährstoffe bezahlen lassen. Ausgehend von den in der Ãœbersicht dargestellten Pauschalwerten für die durchschnittlichen Nährstoffentzüge von 5 kg Stickstoff, 3 kg Phosphat, 17 kg Kaliumoxid und 2 kg Magnesiumoxid pro t Stroh und einer durchschnittlich geborgenen Strohmenge von 5 t pro Hektar ergeben sich zum Teil beträchtliche zusätzliche Nährstoffentzüge, die zu bewerten und unter Umständen auch auszugleichen sind. Diese wür­den sich zwar sicher nicht sofort, aber vermutlich mittelfristig über den verringerten Bodenvorrat in Form von Ertrags- und/oder Qualitätseffekten bemerkbar machen, so dass ein Ausgleich, zum Beispiel über entspre­chende Zufuhren an mineralischen Dün­­gern, sinnvoll erscheint. Werden dafür in einer Bewertung die Kosten der preiswertesten mineralischen Düngemit­tel in Ansatz gebracht, so beläuft sich entsprechend des Rechenbeispiels allein der Nährstoffwert auf 24,40 Euro/t Stroh und damit schon bei 5 t Strohentzug pro Hektar auf über 120 Euro pro Hektar. Wer dann noch etwas verdienen will, muss seinen Verkaufspreis schon mit circa 135 Eu­ro/ha kalkulieren. Wer diesen Ausgleich des Nährstoffentzuges dann auch tatsächlich über eine zusätzliche Mineral­dün­gung vornimmt, kann pro Arbeitsgang weitere 10 Euro/ha für Ma­­­­schi­nen­kos­ten und Lohnansatz berücksichtigen.

Hektar Stroh nicht unter 100 Euro

Ob der Strohentzug dann zu Vereinfachungen in der Bewirtschaftung führt und damit eventuelle Kosteneinsparun­gen im Maschinenbereich (Verzicht auf den Strohhäcksler am Mähdrescher und leichtere Einarbeitung der Ern­te­rückstände mit jeweils circa 10 Euro/ha) oder beim Pflanzenschutz (Verzicht auf eine Fungizidmaßnahme im Anbau von Getreide nach Getreide, gegebenen falls circa 30 Euro/ha) verbunden sind, sei der individuellen Beurteilung überlassen. Aber selbst im Fall der vollständigen Anrechnung dieser Vorteile dürfte das Stroh von einem Hektar nicht unter 100 Euro/ha abgegeben werden.

Service nur gegen Aufpreis

Diejenigen, die noch über freie beziehungsweise zusätzlich beschaffbare Arbeitskapazitäten und eigene Technik zur Strohbergung verfügen, sollten die­se zur besseren Auslastung auch entspre­chend zum Einsatz bringen und das Stroh in einer höherwertigeren Aufbereitungsstufe anbieten. Dabei sind prin­zi­piell alle Zwischenstufen der Kette bis zum Lager des Abnehmers denkbar. Um den sich dabei ergebenden unterschiedlichen Möglichkeiten Rechnung zu tragen, ist der Aufbau der weiteren Kostenermittlung so angelegt, dass jederzeit eine Zwischensumme gebildet werden kann, um den an dieser Stelle notwendigen Mindestpreis zu ermitteln. Der Vollkostenansatz für das „Stroh pressen“ basiert auf den Kosten einer „normalen“ Quaderballenpresse inklusive des Lohnansatzes (hier: 16 Euro/AKh für 0,38 AKh/ha) und verteuert das Stroh um 66,40 Euo/ha beziehungsweise 13 Euro/t. Das Aufladen per Teles­koplader mit Ballenzange wird mit 0,5 AKh/ha veranschlagt und schlägt mit Vollkosten von 23,34 Eu­ro/ha zu Buche. Dies bedeutet, dass für „Stroh gepresst und aufgeladen“ mindestens 200 Euro/ha fällig werden, um eine Kostendeckung zu erreichen. Soll das Stroh dann auch noch gebracht werden, so erhöht sich der Kostensatz bei 5 km Transportentfernung um weitere 14,50 Euro/t beziehungsweise 73 Euro/ha (31 Euro/ha plus 42 Euro/ha für Schlepper und Anhänger in Parallelfahrt beim Aufladen beziehungsweise für den ei­gent­lichen Transport). Weitere Entfernungen sollten bei Schlep­pertransport mit circa 0,90 Eu­ro/t und zusätzlichem Entfernungskilometer in Ansatz gebracht werden. In­klusive maschinellem Abladen (zum Beispiel bei eigener Einla­gerung) steigen die Kosten um weitere 3,70 Eu­ro/t beziehungsweise knapp 20 Euro/ha. Nun sind am Lager des Kunden schnell schon mehr als 300 Euro/ha notwendig, um die Kostendeckung zu erreichen. Wer also 5 t Stroh direkt vom Feld anliefert, sollte, um daran auch noch etwas zu verdienen, etwa 360 Euro dafür berechnen (72 Euro/t).

Das Lagern mit berechnen

Bei Kartoffeln und Getreide machen es alle: In der Ernte wird das Produkt günstiger verkauft als zu späteren Terminen, weil die Kosten geringer sind. Beim Stroh hat sich das aber scheinbar noch nicht überall herumgesprochen, dass ein Verkauf aus dem Lager zu späteren Terminen wegen der Lagerkosten deutlich höhere Preise bringen müsste als die Anlieferung direkt vom Feld. Für Stroh, dass sechs Monate in einer einfachen Halle gelagert wurde, steigen die Kosten um weitere 35 Euro je Tonne, die für Abschreibung, Zinsansatz, Versicherung und Unterhaltung, aber auch für (geringe) Verluste und Zinsaufwand für das länger gebundene Umlaufkapital berechnet werden sollten. Eine Feldrandlagerung der Strohballen kommt zwar trotz höherer Ansätze für Verluste (hier: 9 Prozent) mit 16,11 Euro/t an zusätzlichen Kosten deut­lich günstiger, dafür leidet aber vielleicht die Qualität etwas stärker, so dass derart gelagertes Stroh nicht mehr überall Verwendung finden kann. Wer allerdings gutes abgelagertes Stroh verkaufen will, müsste dafür rund 100 Euro je Tonne verlangen, wenn er eine vollständige und umfassende Kos­tenberechnung durchführt und außer seine Kosten bezahlt haben will auch noch einen kleinen Anteil für sein Risiko erreichen will.