Milchbericht birgt wenig Überraschungen

Keine Aussetzung der Milchquotenerhöhung geplant

EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel will nicht auf die Forderung der deutschen und französischen Regierung eingehen, die zum 1. April 2010 anstehende Milchquotenerhöhung um 1 Prozent auszusetzen. Das geht aus einem unveröffentlichten Entwurf des Milchmarktberichts hervor, den die EU-Staats- und Regierungschefs im Juni gefordert hatten und der zurzeit zwischen den Generaldirektionen hin- und hergereicht wird. Fischer Boel war Anfang Juli in einem gemeinsamen Brief von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner und ihrem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire dazu angehalten worden, für ein eventuelles Einfrieren der Quoten „nicht den Weg zu versperren“. Eine Aussetzung stehe in Einklang mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates.

Als Möglichkeit zur Verringerung der Milchmenge brachte die Kommission jetzt die Möglichkeit ins Spiel, einzelne Erzeuger für die Überschreitung der individuellen Quote im Wirtschaftsjahr 2010/11 auch dann zu bestrafen, wenn die nationale Garantiemenge nicht übertroffen wird.

Foto: agrarfoto

Das sieht Fischer Boel offenbar ganz anders. In dem jetzt durchgesickerten Papier wird ausdrücklich auf die Anmerkung der Spitzenpolitiker verwiesen, die Beschlüsse zum Gesundheits-Check vom November 2008 zu wahren. Dadurch seien eine Aussetzung von Health-Check-Entscheidungen oder Kürzungen der Milchquote aufgrund kurzfristiger Schwierigkeiten am Markt ausgeschlossen, so die Kommission. Die Behörde befürchtet, dass es ansonsten zu vermehrter Unsicherheit und Verzögerungen im Strukturwandel komme könnte. Eine erste offizielle Antwort gab Fischer Boel Deutschland und Frankreich bereits beim Agrarministerrat am Montag vergangener Woche, ebenfalls schriftlich. Der Milchbericht ziele darauf ab, sowohl die Ursachen für die ernste Marktlage 2009 zu identifizieren, als auch weitere Möglichkeiten zur Stabilisierung des Marktes zu diskutieren. Dabei solle das Ergebnis des Health Check vollständig respektiert werden. Mehrere von Berlin und Paris angesprochene Punkte würden in dem Marktbericht angemessen berücksichtigt.

Quotensünder bestrafen

Als alternative Möglichkeit zur Verringerung der Milchmenge bringt die Kommission jetzt die Möglichkeit ins Spiel, einzelne Erzeuger für die Überschreitung der individuellen Quote im Wirtschaftsjahr 2010/11 auch dann zu bestrafen, wenn die nationale Garantiemenge insgesamt nicht übertroffen wird. Die dabei anfallenden Superabgaben werden in einem solchen Fall normalerweise zurückerstattet; stattdessen soll das Geld im nächsten Jahr einbehalten und umverteilt werden können, beispielsweise um aufgabewillige Betriebe beim Rückzug aus der Milchproduktion zu unterstützen. Ferner regt die Kommission an, bestimmte Durchführungsbestimmungen auf nationaler Ebene anzupassen, um die Milch­produktion zu drosseln, beispielsweise durch Verzicht auf den Einzug ungenutzter Quoten.

De-Minimis-Grenzen für Staatsbeihilfen auf 15 000 Euro

Als weitere Unterstützungsmaßnahme sollen die zulässigen De-Minimis-Grenzen für Staatsbeihilfen auf 15 000 Euro verdoppelt werden. Bislang dürfen einem landwirtschaftlichen Betrieb über drei Jahre hinweg ohne weitere Prüfung lediglich 7 500 Euro aus rein nationalen Mitteln zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus will die Kommission dem zuständigen Brüsseler Verwaltungsausschuss noch im Juli zusätzliche Absatzförderungsprogramme für den EU-Binnenmarkt vorstellen. Ebenfalls vorangetrieben werden soll das Schulmilchprogramm: Ziel ist es, die Palette der förderfähigen Produkte auszuweiten. Dazu sind sowohl eine Senkung des erforderlichen Milchanteils um 5 Prozentpunk­te auf 75 Prozent als auch die An­­hebung des zulässigen Zuckeranteils von 7 auf 9 Prozent vorgesehen. Weiter abgelehnt wird die Wiedereinführung der Beihilfen zur Verfütterung von Magermilch beziehungsweise zur Kaseinherstellung. Die Fortführung der Exporterstattungen „so lange wie nötig“ wird bekräftigt; allerdings findet sich in dem Entwurf kein Hinweis auf eine Erhöhung der Erstattungssätze für Käse, wie zuletzt von Litauen ge­fordert. Details des Berichts können sich bis noch ändern. Erst nach Redaktionsschluss am Mittwoch der aktuellen Woche wird das Papier vom Kollegium der Kommissare verabschiedet. age