Fischer Boel bleibt strikt bei ihrem Kurs
Kommissarin hält wie erwartet an Milchquotenerhöhung fest
Weiterhin unnachgiebig zeigt sich EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel gegenüber Forderungen, die Milchquote im nächsten Jahr nicht zu erhöhen oder gar zu kürzen. Die endgültige Version des Milchmarktberichts, der am Mittwoch vergangener Woche in Brüssel vorgestellt wurde, entspricht bis auf redaktionelle Änderungen dem Entwurf, der bereits in der vorvergangenen Woche bekannt geworden war (LW Nr. 30). Unter dem Strich will die Kommission den Mitgliedstaaten mehr Mittel an die Hand geben, um auf die Krise selbst zu reagieren.
Der Milchbericht erwägt auch die Möglichkeit einer Schlachtprämie zur Verringerung des Milchkuhbestands. Fischer Boel gab vor Journalisten aber zu verstehen, dass sie eine solche Maßnahme persönlich ablehnt. Neben ethischen Bedenken sei eine solche Lösung nicht nur teuer, sondern bringe wahrscheinlich auch den Rindfleischmarkt durcheinander. Unstrittig ist dagegen die Verdopplung der Bagatellgrenze für Staatsbeihilfen an landwirtschaftÂliche Betriebe von 7 500 Euro auf 15 000 Euro in drei Jahren. Fischer Boel verwies dabei auch auf die bereits bestehenden, weitaus höheren De-Minimis-Schwellen von 500 000 Euro für Industriebetriebe; darunter fallen auch Molkereien.
Mehr Auswahl für das Schulmilchprogramm
Exporterstattungen sollen im Rahmen der von der Welthandelsorganisation (WTO) vorgegebenen Obergrenzen weiter fließen; in diesem Zusammenhang kündigte die Kommissarin die Abschaffung der Preisschwelle für Käse an. Dadurch könnte auch Ware, die frei Grenze zu einem geringeren Preis als 230 Euro/100 kg verkauft wird, von Exporterstattungen profitieren. Die Kommission bekam für einen entsprechenden Vorschlag bereits einen Tag später im Verwaltungsausschuss grünes Licht. Darüber hinaus wurden Pläne bestätigt, die Palette von Produkten für das Schulmilchprogramm zu erweitern.
Ebenfalls ausgeweitet werden soll die Absatzförderung; bereits für diese Woche ist die Auflage von vier neuen, kofinanzierten Programmen speziell für Milch- und Milchprodukte am Binnenmarkt mit einem Gesamtbudget von 19,4 Mio. Euro vorgesehen. Im Rahmen der Exportförderung werden offenbar über die bereits auf dem Weg befindlichen Maßnahmen hinaus keine zusätzlichen Programme geplant.
Fischer Boel: kein Mikromanagement der Quote
Bei der Vorstellung des Milchberichts schloss Fischer Boel erneut kategorisch aus, dass die Europäische Kommission Vorschläge zur Einfrierung oder Senkung der Milchquoten 2010 machen könnte. Das wäre aber notwendig, sollten entsprechende Forderungen auch nur eine entfernte Chance auf Verwirklichung haben. Ansonsten müsste sich nämlich der Ministerrat einstimmig für entsprechende Maßnahmen entscheiden, was als ausgeschlossen gilt. Eine Quotenkürzung um 10 Prozent würde die Milcherzeugerpreise vielleicht tatsächlich erhöhen, erklärte Fischer Boel in Brüssel. Das führe aber nur zu einem „Jo-Jo-Effekt“. Dann müsse die Kommission die Quote künftig fortwährend anpassen; diese Art des Mikromanagements könne nicht der Weg zu einer wettbewerbsfähigen europäischen Milchwirtschaft sein, so die Kommissarin. Gleichzeitig warnte sie vor Kompensationsforderungen produktionswilliger Erzeuger, die damit einher gehen würden.
Nachfragerückgang bestätigt
In einem Begleitdokument wird unterstrichen, dass die EU-Milchproduktion 2008/2009 trotz der Quotenerhöhungen – je nach Mitgliedstaat um 2 bis 2,5 Prozent – nicht gestiegen sei. Im Gegenteil, die Erzeugung sei im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 Prozent gefallen und habe um rund 4 Prozent unter der Gesamtquote gelegen. Für die jüngste Vergangenenheit wird aber doch ein Schub ausgemacht: Die Milchanlieferungen hätten im April 2009 gegenüber April 2008 um 0,5 Prozent zugenommen. Für Deutschland wird dabei eine besonders hohe Mehrproduktion in diesem Monat von annähernd 8,5 Prozent festgestellt. Andererseits habe sich die EU-Nachfrage nach Trinkmilch von Januar bis April 2009 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,5 Prozent verringert. Die Kommission bewertet diese Entwicklung vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise. Zuvor sei der Konsum von Käse und frischen Milchprodukten kontinuierlich gestiegen. age