Knapp vorbei an Rekordernte
Bauernverband schätzt Getreideernte auf rund 50 Mio. Tonnen
Deutschlands Ackerbauern können mit der diesjährigen Getreideernte, nicht aber mit dem aktuellen Preisniveau zufrieden sein. Laut dem Erntebericht des Deutschen Bauernverbandes (DBV), den DBV-Präsident Gerd Sonnleitner am vergangenen Freitag in Berlin vorstellte, brachten die Landwirte schätzungsweise 49,95 Mio. t Getreide einschließlich Körnermais ein; das sind 0,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Der langjährige Durchschnitt wird damit um 8,0 Prozent übertroffen.
Foto: DBV
Preise decken nicht die Produktionskosten
Sorge bereitet hingegen das ErÂzeugerpreisniveau. „Die GetreideÂpreise aus der Ernte decken nicht mehr die Produktionskosten“, beklagte Sonnleitner und sprach von historischen TiefstänÂden bei den Erlösen. Zudem hätÂten hohe Preise für Energie- und Saatgut zu Belastungen auf den Betrieben geführt. Wegen der stark fluktuÂierÂenden Preise verlangte er eine Krisenrücklage in der SteuÂÂerbilanz der Landwirte, eine soÂgenannte RisiÂkoausÂgleichsÂrückÂlage. „Ãœber ein „Parken' von GeÂwinnen aus guÂten Jahren soll ein Anreiz zur beÂtrieblichen Rücklagenbildung gegeben werden, die dann in KriÂsenjahren genutzt werden kann“, erläuterte der DBV-Präsident das Konzept. Vergleichbares sei bereits in der Forst- und auch in der Versicherungswirtschaft mögÂlich.
Spitzenernte bei Weizen, Wintergerste und Raps
Ansatzpunkt für eine verbesserÂte Risikovorsorge sind neben der schwierigen Lage am Milchmarkt unter anderem die in die Knie gegangenen Notierungen für Marktfrüchte. Gegenüber dem entsprechenden VorjahresniÂveau sind die Erzeugerpreise für Brotweizen und Brotroggen SonnÂÂÂleitner zufolge um mehr als ein Drittel gefallen; bei BraugersÂte und Raps wurden sogar Abschläge von rund 45 Prozent reÂgisÂtriert. „Mit diesen Preisen wird die deutsche Braugerste verÂschwinÂden“, warnte Sonnleitner. Der Anbau von Sommergerste war zur diesjährigen Ernte um fast 18 Prozent auf 448 100 ha einÂgeschränkt worden und war damit das einzige wichtige GetreiÂde, dessen Areal nicht ausgedehnt wurde. Hingegen hatten sich die Bauern auf 3,20 Mio. ha für WinÂterweizen entschieden; das waren 1,2 Prozent mehr als zur Ernte 2008. Aufgrund von leichten Ertragsrückgängen um 1,1 Prozent auf 80,4 dt/ha erhöhte sich die Erntemenge laut DBV-Schätzung aber nur leicht. Die RekordÂproduktion an Wintergerste war hingegen sowohl von einer FläÂchenÂausweitung um 3,2 Prozent auf 1,46 Mio. ha wie auch von einer Ertragssteigerung um 3,3 Prozent auf 68,3 dt/ha getragen. Das galt auch für den Raps, wo eine Verbesserung des FläÂchenÂerÂgebÂnisses um 8,3 Prozent auf 40,8 dt/ha ebenso zu der SpitÂzenÂernte beitrug wie eine Vergrößerung des Anbauareals um 6,5 Prozent auf 1,45 Mio ha.
Risikovorsorge staatlich unterstützen
Zu der schwierigen Lage auf vielen Betrieben haben neben den schlechten Preisen auch die hohen Betriebsmittelkosten geführt. Hier sieht Sonnleitner den Hebel für eine steuerlich geförderÂte bessere Risikovorsorge. „Die BauÂern müssen sich auf Preisschocks bei Produkt- und Betriebsmittelpreisen, aber auch auf Wechselkursänderungen einstellen“, stellte der DBV-Präsident fest. Angesichts der Wetterkapriolen in vielen Regionen wies er auf die Bestrebungen von Versicherern hin, einen erweiterÂten Versicherungsschutz auch für Frost, Auswinterung, Sturm und Starkregen anzubieten. ProbleÂme mache jetzt der BunÂdesÂfinanzÂminister, der für diese neuen Versicherungselemente eine Versicherungsteuer von 19 Prozent verlangen wolle. DieÂse Steuerlast wäre je nach EinzelÂfall zwischen fünf und 20 mal so hoch wie bei der Hagelversicherung. „Das können wir nicht akÂzepÂtieÂren“, unterstrich Sonnleitner. KeiÂne Priorität haben für ihn etwaige stärkere staatliche ZuÂschüsse zu ErtragsschadenverÂsicherungen, „vor allem dann nicht, wenn im Gegenzug wieder einmal die EU-Direktzahlungen gekürzt werden.“Entwicklung auf den Märkten beobachten
Angesichts des Abrutschens der Erzeugerpreise in der Ernte empfiehlt der DBV den LandwirÂten, die Märkte zu beobachten und - wenn möglich - einen späteÂren Verkauf des eingelagerten Getreides in Betracht zu ziehen. Es bestehe die Hoffnung, dass sich der Getreidemarkt im Herbst und Winter wieder stabiÂlisiere, zeigte sich Sonnleitner zuversichtÂlich. Faktoren für einen möglichen Preisauftrieb sind für ihn kräftige Ertragseinbußen auf dem Balkan und in Spanien, die dazu führen sollen, dass die Getreideernte in Europa in diesem Jahr kleiner ausfällt als vor einem Jahr. Auch weltweit werde eine kleinere Ernte als 2008 erwartet, was weiter auf gute Chancen im Getreideexport hoffen lasse. Der DBV-Präsident unterstützt die Nutzung nachwachsenÂder Rohstoffe in Tank, Kesseln und Vergärern. „Wir Bauern können froh sein, dass wir die Bioenergie haben, sonst wäre die Situation noch schlimmer. Wir brauchen diesen Verwertungszweig“, sagte Sonnleitner. age