Heimisches Gemüse optimal vermarkten

OGZ und APH versuchen Absatzschienen auszutarieren

Die Ernte der Buschbohnen läuft derzeit auf vollen Touren. Mit großen Anhängern werden sie zur APH (Agrarprodukte Hartmann GmbH & Co. KG Landhandel) nach Lampertheim im hessischen Kreis Bergstraße gefahren, wo sie aufbereitet und verpackt werden. Die APH ist ein Tochterunternehmen der Obst- und Gemüsezentrale Rhein-Main eG (OGZ), der größten Erzeugerorganisation für Obst Gemüse in Südhessen. In der APH wird die Vermarktung von Buschbohnen und Speisezwiebeln gebündelt, da hier auch ein Teil der Produktion der Allia – Landwirtschaftliche Obst- und Gemüse-Anbau GmbH in Lampertheim, die ebenfalls den Status einer Erzeugerorganisation hat, erfasst wird. Durch diese Bündelung zählen die beteiligten Unternehmen zu den bedeutenden Anbietern von deutschem Spargel, Speisezwiebeln, Buschbohnen, Erdbeeren und Zuckermais. Das LW hat sich vor Ort über Anbau und Vermarktung informiert.

Streben immer nach den optimalen Vermarktungswegen: Werner Hartmann (l.) und Sebastian Herbel.

Foto: Mohr

„Die Vermarktung der Buschbohnen ist ein Wochengeschäft“, sagt Sebastian Herbel, Betriebsleiter und zuständig für Aufbereitung der Produkte und Qualitätsmanagement. Am Montag und Dienstag sondiert Edu­ard Schendel, Verkaufsleiter von OGZ/APH den Markt und die Preise. Neben den Mengen, die überregional zur Verfügung stehen spielt dabei auch das Wetter eine Rolle, das entscheidet, wie sich die Reife entwickelt, ob geerntet werden kann oder nur geringe Mengen auf den Markt kommen. Bis Mittwochabend wird dann mit den Kunden über Lieferumfang und Preise der nächsten Woche verhandelt.

Vielfältige Absatzwege

Die Vermarktung der Produkte stützt sich auf verschiedene Wege. So beliefert die OGZ/APH direkt den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) wie beispielsweise die Unternehmen Edeka, Kaufland oder Metro. Ein weiterer Teil der Erzeugung wird über Großhändler vermarktet, die ihrerseits den LEH oder andere Märkte beliefern. Eine bedeutende Absatzschiene für Buschbohnen ist die Lebensmittelindustrie, die die Bohnen zu Tiefkühlprodukten oder Konserven verarbeitet. Hierbei werden die Abnahmemengen größtenteils längerfristig kontrahiert.

Die Aufgabe des Verkaufs besteht darin, die Ware bestmöglich in den verschiedenen Vermarktungswegen „unterzubringen“ und das Angebot so auszutarieren, dass kein zu großer Druck auf die Preise entsteht. „Wenn große Mengen da sind, schauen wir, dass die Ware möglichst auch industriell verarbeitet wird oder in den Export geht.“ Damit werde Druck vom Markt genommen, sagt Herbel. „Allerdings sind wir als Anbieter nicht allein auf dem Markt“, schränkt der 30-jährige Diplom-Betriebswirt die Wirkung dieser Strategie ein.

Die OZG kann die anfallende Gemüseernte sehr gut anhand des Saatgutes abschätzen, das die Landwirte von der APH beziehen. Bei Buschbohnen werden zudem die Aussaat und die Ernte von der APH durchgeführt, so dass hier die Vermarktungsplanung relativ gut möglich ist. Bei Spargel ist das schwieriger, weil die Erzeuger selbst ernten und die OGZ erst spät weiß, welche Mengen verkauft werden müssen. Die stark schwankenden und schwer kalkulierbaren Mengen werden vor allem im Tagesgeschäft vermarktet. „Beim Spargelverkauf ist der Druck größer, als bei den anderen Produkten“, sagt Herbel.

Den Handel vom heimischen Anbau überzeugen

Stress entsteht auch, wenn die Ware überhaupt nicht vermarktet werden kann und zum Teil verdirbt und entsorgt werden muss. Dies geschah in diesem Jahr mit größeren Mengen Winterzwiebeln. Laut Werner Hartmann, Geschäftsführer der APH, waren die Regale des LEH mit Importzwiebeln aus Neuseeland blockiert (siehe LW Nr. 34, M 7). Die Importeure, darunter auch in der Region tätige genossenschaftliche Unternehmen, beriefen sich darauf, dass der LEH die aufgrund ihres hohen Wassergehaltes empfindlichen und daher leicht verderblichen heimischen Winterzwiebeln nicht haben wolle. Nach Ansicht von Hartmann macht man es sich mit dieser Argumentation jedoch zu einfach. „Dann können wir den Anbau aufgeben, und das nicht nur bei Winterzwiebeln, es folgen dann vielleicht Steckzwiebeln und die Sommerzwiebeln.“ Hartmann sieht sich als Vermarkter heimischer Produkte. „Wenn wir den Anbau einschränken, erfüllen wir nicht den Zweck einer Erzeugergemeinschaft. Wir wollen den Anbau hier in der Region erhalten“, sagt der gelernte Landwirt. Hartmann findet, dass man den Handel vom Produkt überzeugen muss. Kaufland beispielsweise biete seinen Kunden Winterzwiebeln an. Auch Metro habe Winterzwiebeln gekauft. Dazu sei man extra nach Düsseldorf gefahren und habe mit den Einkäufern gesprochen.

Dienstleister für die Erzeuger

Die OGZ wurde 1969 gegründet und ging aus der Fusion der Starkenburger Obst- und Gemüseabsatzgenossenschaft und der Bergsträßer Obst- und Gemüsegenossenschaft in Zwingenberg hervor. Damals hatte die Genossenschaft 15 000 Mitglieder. Mittlerweise sind es noch 129 Mitglieder, von denen 46 Mitglieder rund 98 Prozent des Erzeugerumsatzes erzielen. „Fläche und Umsatz sind dabei immer gestiegen“, erläutert Herbel. Die OGZ Griesheim und ihr Tochterunternehmen APH, Lampertheim, erzielten im abgelaufenen Geschäftsjahr 2008 einen Gesamtumsatz von rund 18,4 Mio. Euro (Vorjahr: 18,6 Mio. Euro), davon 14,2 Mio. Euro mit pflanzlichen Produkten.

Der Umsatzschwerpunkt liegt dabei beim Spargel mit rund 4,5 Mio. Euro, gefolgt von Speisezwiebeln (3,8 Mio. Euro), Buschbohnen (2,3 Mio. Euro) sowie Erdbeeren, Zuckermais, Kürbissen und Rhabarber. Gehandelt werden außerdem Kartoffeln. Das Erfassungsgebiet der OGZ erstreckt sich auf den süd- und rheinhessischen Raum.

Für den Verkauf der Produkte ihrer Mitglieder erhält die OGZ für ihre Dienstleistung (Vermarktung, Transport und Verpackung) die sogenannten Aufbereitungskosten (Speisezwiebel, Kartoffel) erstattet oder eine Vermarktungsgebühr (Spargel, Buschbohnen, Erdbeeren, Zuckermais).

„Wir sind Dienstleister für die Erzeuger“, sagt Herbel. Besteht auf der einen Seite Annahmepflicht der OZG für die Produkte der Erzeuger, so besteht für die Erzeuger eine komplette Andienungspflicht für die betreffenden Produkte. Die Bündelung der Angebotsseite ist für Hartmann sehr wichtig, denn sie verbessert die Verhandlungsposition der Erzeuger gegenüber dem Handel. Hinzu kommt die Förderung der Erzeugerorganisationen durch die EU gemäß der Gemeinsamen Marktordnung für Obst und Gemüse. Hierbei werden Investitionen wie beispielsweise Einrichtungen zur Qualitätssicherung oder zur Schonung der Umwelt kofinanziert, und zwar in Höhe von vier Prozent des Erzeugerumsatzes der OGZ. Investiert wurde beispielsweise in Kühlhäuser oder in Geräte zur Aufbereitung von Spargel.

Schlagkräftige Produktionstechnik

OGZ/APH sind allerdings nicht nur Vermarkter, sondern bietet ihren Erzeugern auch produktionstechnische Dienstleistungen. So werden in Zusammenarbeit mit der Erzeugerorganisation Allia die Buschbohnen wie erwähnt von der APH mit einem Gemeinschaftsgerät gesät und mit einer gemeinsam von OGZ und Allia finanzierten Pflückmaschine geerntet. Der Erzeuger muss die Pflanzen dann noch pflegen und bewässern.

OGZ und APH beschäftigen rund 40 Mitarbeiter und in der Saison bis zu 30 Aushilfskräfte.

Jeder Erzeuger ist nach Global GAP zertifiziert. Außerdem ist die OGZ Mitglied bei der Marketinggesellschaft Gutes Aus Hessen und trägt bei führenden Produkten die Qualitätsmarkte „Geprüfte Qualität Hessen“. Speisezwiebeln kann die OGZ bzw. APH über 12 Monate anbieten. Die Sommerzwiebel, die jetzt geerntet werden, können bis Juni gelagert werden. Die Vermarktung von Bohnen und von Kürbissen läuft bis Oktober. Ab November werden nur noch Speisezwiebeln und Kartoffeln ver­kauft.

„Wir haben uns auf wenige Erzeugnisse spezialisiert und füllen damit Nischen aus“, sagt Herbel. Außerdem seien die Märkte auch bei anderen Produkten bereits besetzt, und es gebe kaum Alternativen.

Die Unternehmensstrategie ist die kontinuierliche Steigerung der Qualität und die weitere Verbesserung der Mechanisierung und damit Erhöhung der Schlagkraft. Bei Buschbohnen und Speisezwiebeln habe man schon komplett auf sechs Meter Arbeitsbreite umgestellt, sagt Hartmann.

Für notwendig erachtet er den Ausbau des sogenannten geschützten Anbaus in der Region, also den Anbau unter Glas oder Folie. Dabei geht es weniger um die Wärme, die entsteht, sondern vielmehr um den Schutz der Erzeugnisse vor unerwünschten Witterungseinflüssen und damit die Sicherung der Vermarktung. Hier bestehe für die Region Handlungsbedarf, so Hartmann. CM