Frauen als Kundinnen beim Direktvermarkter

Angebote speziell auf die weibliche Kundschaft ausrichten

In vielen Hofläden sind mehr als die Hälfte der Kunden eigentlich Kundinnen. Wie Direktvermarkter gezielt auf die Bedürfnisse von Frauen eingehen können, erklärt Katja Brudermann vom Beratungsdienst Direktvermarktung Südbaden.

 

Im Kinofilm „Was Frauen wollen“ (2000) spielt Mel Gibson einen Werbefachmann. Durch einen Stromschlag kann er plötzlich die Gedanken aller Frauen hören. Diese seltsame Fähigkeit beflügelt nicht nur sein Privatleben. Auch seine Werbebotschaften haben durchschlagenden Erfolg – weil sie genau auf das eingehen, was in Frauenköpfen vor sich geht.

Mehr Frauen als Männer

Was geht in Frauen vor? Welche Besonderheiten hat die weibliche Denk- und Erlebnisweise? Für diejenigen, die Frauengedanken nicht hören können, hier einige Fakten:
51,1 Prozent der deutschen Bevölkerung ist weiblich, so wie 42 Prozent der Berufstätigen. 10 Prozent der Frauen arbeiten in Führungspositionen. Der Frauenanteil der Berufstätigen nimmt ständig zu. Marketingexperten schätzen, dass knapp 80 Prozent aller Kaufentscheidungen von Frauen getroffen werden.
Der Frau von heute stehen quasi alle Möglichkeiten offen. Sie kann ihren Beruf frei wählen, Kinder bekommen und ihre Freizeit gestalten. Daraus erwächst ein Druck, alle diese Rollen gleich gut auszufüllen, und als Gegengewicht zur Vielfalt entsteht eine Sehnsucht nach Kontinuität.

In vielen Hofläden sind mehr als die Hälfte der Kunden eigentlich Kundinnen. Es lohnt sich daher, auf diese Kundschaft gezielt einzugehen. Landpixel

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Kritische und interessierte Kundinnen

Betritt eine Kundin einen Laden, möchte sie sich vor allem ernst genommen und gut beraten fühlen. Sie legt Wert auf Sicherheit und praktische Details. Sie möchte nicht nur die Vorteile eines Produktes hören, sondern sich auch mit den Risiken auseinandersetzen. Sie prüft kritisch die Glaubwürdigkeit von Unternehmen und Produkt; dazu gehört auch ein gewisser Sinn für soziale Verantwortung.
Eine Kundin ist mit Standardlösungen nicht zufrieden zu stellen. Sie erwartet, dass ein Verkäufer auf ihre Bedürfnisse eingeht und einfache, qualitativ hochwertige, auf sie zugeschnittene Lösungen anbietet. „Ich kaufe grundsätzlich dort ein, wo ich am wenigsten blöd behandelt werde“, ließe sich zusammenfassen.
 Unternehmen aus verschiedenen Branchen versuchen, in ihrem Marketing gezielt Frauen anzusprechen:
  • Verschiedene „Bauhaus“-Filialen bieten Kurse an, in denen Frauen den Umgang mit der Bohrmaschine oder andere handwerkliche Künste erlernen können.
  • Harley Davidson verkauft 13 Prozent seiner Motorräder an Frauen. Es gibt den Weltclub „Ladies of Harley“ mit eigenen Veranstaltungen und Newslettern, und Frauen-Motorräder mit bequemeren Sitzen und weniger Gewicht sind im Programm.
  • Die Deutsche Bank setzt auf das direkte Gespräch: Sie führte Interviews mit Kundinnen durch, um deren spezifische Wünsche herauszufinden.

Werbespots sind oft von der Realität weit entfernt

 Insgesamt jedoch werden Wünsche und Denkweisen von Frauen in der Werbung bislang relativ wenig berücksichtigt. Und oft gehen Versuche, Frauenmarketing umzusetzen, auch nach hinten los. Wie viele Frauen identifizieren sich mit der Hausfrau, die im Werbespot stolz ist, weil dem Mann das Essen schmeckt? Und wer verwendet ein bestimmtes Haarspray, weil es für die Frau von Welt steht, die von morgens bis abends zwischen London, Paris und Tokio pendelt und dabei stets aussieht wie aus dem Ei gepellt? Der größere Anteil der Frauen fühlt sich abgestoßen durch diese Klischee-Bilder, die dem eigenen Leben, der eigenen Persönlichkeit und vielfältigen Lebenswelt nicht gerecht werden.
 Viele Frauen sind unzufrieden, weil sie auf dem Markt wenig finden, was wirklich ihren Bedürfnissen entspricht. Ein Hofladen dagegen kommt schon ohne gezieltes Frauenmarketing in vieler Hinsicht den Wünschen von Frauen entgegen, zum Beispiel
  • regionale Lebensmittel vermitteln Sicherheit und das Gefühl, verantwortungsvoll einzukaufen, außerdem
  • spielt der persönliche Kontakt  zum Kunden eine große Rolle.
 Wenn Sie nun als Direktvermarkter Ihr Marketingkonzept gezielt auf Frauen ausrichten, können Sie dieser Zielgruppe etwas anbieten, was sie woanders nicht so leicht findet. Hier einige Anregungen:
  • Ladengestaltung
Frauen möchten ihren Einkauf genießen. Daher spricht ein Laden Frauen an, der nicht nur übersichtlich und funktional, sondern auch schön ist. Ansprechende Dekoration, Bilder, angenehme Beleuchtung und Produkte zum Probieren können dazu beitragen. Wenn Sie selbst nicht dazu kommen – vielleicht gibt es ja eine Mitarbeiterin, die ein Händchen dafür hat und der Sie die Verantwortung für die Ladendekoration übergeben können.
  • Vertrauen
Kundinnen kaufen bei Ihnen ein, weil sie Vertrauen zu Ihren Produkten haben. Stärken Sie dieses Vertrauen, indem Sie möglichst viel Einblick geben, woher die Produkte kommen und, wie sie erzeugt werden. Das kann im persönlichen Gespräch genauso geschehen wie in einem regelmäßigen Kundenbrief oder in einem Hofprospekt. Bei kritischen Fragen zu den eigenen Produkten (zum Beispiel „Sind Ihre Äpfel ge­spritzt?“) neigt man oft zu schnellen Antworten: „Unsere Äpfel enthalten keine Schadstoffe, im Gegensatz zu denen aus dem Supermarkt.“ Legen Sie stattdessen lieber Vor- und Nachteile der Produkte ehrlich dar – das führt zu mehr Vertrauen.
  • Vielfalt
Ein Großteil Ihrer Kundinnen hat vermutlich Familie, einen Beruf und noch einige Hobbies. Versuchen Sie, durch Ihr Angebot die verschiedenen Lebensberei­che Ihrer Kundinnen zu erreichen, zum Beispiel: Snacks, die sie mit zur Arbeit nehmen können; Kindermüsli; Rezeptvorschläge für Kinder und zum gemeinsamen Kochen mit Freunden. Vielleicht besteht die Möglichkeit, Hofpros­pekte mit entsprechender Werbebotschaft in der örtlichen Frauen-Wellness-Oase oder im Fitness-Studio unterzubringen?
 Für jeden Direktvermarkter gibt es individuelle Möglichkeiten, Frauenmarketing umzusetzen. Beratungsdienste unterstützen Sie dabei, ein passendes Konzept für Ihren Betrieb zu finden.

Katja Brudermann