Ökologische Ziele in die Betriebe integrieren

„Partnerbetrieb Naturschutz“ wird nun landesweit angeboten

Es gibt viele Reibungspunkte zwischen Naturschutz und Landwirtschaft, dass es auch anders gehen kann, das beweist das bundesweit einmalige Projekt Partnerbetrieb Naturschutz, das vom Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz (MUFV) gemeinsam mit dem DLR RNH vor drei Jahren initiiert wurde. Vergangene Woche stellte Umweltministerin Margit Conrad Ergebnisse des dreijährigen Modellprojekts vor.

Die Bestäuber von Obstbäumen brauchen nicht nur im Frühling Blüten. Daher ist es wichtig, ganzjährig für genügend blühende Pflanzen in der Kulturlandschaft zu sorgen. Den Start machen die Weidenkätzchen.

Foto: Romy/pixelio

Was steckt hinter dem Begriff „Partnerbetrieb Naturschutz“? 18 Betriebe, von der Grünlandwirtschaft mit Mutterkuhhaltung, dem Obstbaubetrieb bis zum Weinbaubetrieb in Haupt- und Nebenerwerb, biologisch wirtschaftend und konventionell, haben sich in Rheinland-Pfalz der Herausforderung gestellt „Naturschutz durch Nutzung“ zu praktizieren.

Beratung auf gleicher Augenhöhe

Zwar liegt mit dem Instrument des Vertragsnaturschutzes bereits eine Möglichkeit der Honorierung besonderer Leistungen vor, doch sollte mit dem Projekt über diesen Ansatz hinausgegangen werden. „Es muss gelingen, Naturschutzmaßnahmen in die Betriebsabläufe zu integrieren, ohne das gewinnorientierte Wirtschaften der Landwirte einzuschränken“, sagte Conrad.

Das sei die Grundidee gewesen, die aus Österreich kopiert wurde. Beteiligt an dem Projekt war nicht nur das MUFV, sondern auch das DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Bad Kreuznach. „Wichtig war, dass unsere Landwirtschaftsberater und die Naturschutzberater gemeinsam mit dem Betriebsleiter, auf gleicher Augenhöhe, für jeden Betrieb individuell, ökologische Maßnahmen erarbeitet haben, die in den Betrieb passen“, sagte Rudolf Schunck, der Leiter des DLR RNH in Bad Kreuznach.

Das Projekt setze auf gegenseitiges Lernen und ermögliche so das Anpassen von Förderprogrammen an die Bedürfnisse der Landwirtschaft. So können die Interessen des Naturschutzes und der Landwirtschaft erfolgreich zusammengeführt werden, sagte Conrad. Die Kooperation bringe große Vorteile für die Biodiversitätsstrategie, die Entwicklung unserer Kulturlandschaft und für den einzelnen Betrieb, so die Ministerin.

Betriebe verpflichten sich selbst

Dass dies nicht nur graue Theorie, sondern gelebte Praxis ist, das zeigen einige Zahlen. So werden von den 18 Betrieben 450 ha ökologischer bewirtschaftet, wurden 200 Streuobstbäume neu gepflanzt, 350 Obstbäume in das Streuobstwiesenprogramm aufgenommen, 5 ha Baum- und Saumstrukturen geschaffen und ein Betrieb wollte ganz auf Ökologischen Landbau umstellen. Dass das Projekt erfolgreich ist, das zeigten aber auch die beteiligten Betriebsleiter sowie PAULA- und Landwirtschaftsberater, die inzwischen ein Netzwerk „Partnerbetrieb Naturschutz“ gegründet haben und ein Positionspapier herausgaben. Darin heißt es unter anderem: Ein Partnerbetrieb Naturschutz verpflichtet sich, Naturschutzaspekte langfristig in die individuelle Betriebs­entwicklung zu integrieren.

Dabei wird er durch die Naturschutzberatung zielgerichtet unterstützt. Die Betriebe verpflichten sich freiwillig ihrem betriebsindividuellen Naturschutzkonzept. Mindestens einmal im Jahr überprüfen Betriebsleitung und Beratung gemeinsam den Stand der Zielerreichung und die Möglichkeiten der Weiterentwicklung. Die Partnerbetriebe Naturschutz verpflichten sich selbst einem Naturschutz-Qualitätsstandard. Das Einsetzen einer Kommission von Beratern und aus der Verwaltung solle landesweit Mindeststandards garantieren, um so die Akzeptanz der Partnerbetriebe Naturschutz als Imageträger in der Öffentlichkeit zu sichern. Die Partnerbetriebe Naturschutz erhalten gesellschaftliche und finanzielle Anerkennung ihrer Naturschutzleistungen.

Umweltministerin Conrad sprach von einer win-win-Situation für Naturschutz und Landwirtschaft. Daher werde man nun das Modell zu einem landesweiten Angebot ausdehnen. Bis zu 40 Betriebe pro Jahr können teilnehmen. Die Koordination liegt beim DLR RNH in Bad Kreuznach in den Händen von Brigitte Leicht. Im Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz ist Inge Unkel zuständig.

Staatssekretär Siegfried Englert beschrieb das Projekt folgendermaßen: „Der Landwirt orientiert sich an seiner Fläche und betreibt Naturschutz á la carte. Das Projekt ermögliche ein Höchstmaß an Flexibilität, die einzelbetriebliche Beratung führe zu mehr Akzeptanz bei den Landwirten, zu mehr Nachhaltigkeit und schließlich mehr Wertschöpfung in der Region.“ Die Kritik der meisten Landwirte fiel sehr fachlich aus: „Das PAULA-Programm ist starr und hat Grenzen“, sagte Dr. Rainer Philippi aus Hardert im Westerwald, „es sollte weiterentwickelt werden.“ Gerhard Pfeiffer, Landwirt aus Elkenroth, bemerkte: „Es fehlt eine Beweidungsprämie. Die derzeitigen Prämien in Rheinland-Pfalz sind zu mickrig. In Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern wird mehr gezahlt, da sind die Prämien wirklich ein Anreiz.“

Viel voneinander gelernt

Auch Dr. Erwin Manz vom BUND in Rheinland-Pfalz lobte das Ministerium und regte an, zusätzliche Naturschutzberatung für Betriebe anzubieten, die nur Teilflächen einbringen wollen. Reinhard Kappesser vom BWV bemerkte: „Wir reden miteinander, das ist ein Schritt in die richtige Richtung.“ Die Projektteilnehmer sind da viel weiter. Aus dem Reden wurde voneinander Lernen und eine kreative konstruktive Zusammenarbeit. Rudolf Schunck setzt sich inzwischen am DLR RNH in Bad Kreuznach, der Ausbildungsstätte für Landwirte in Rheinland-Pfalz, besonders für das voneinander Lernen ein. „Gemeinsam mit dem LUWG haben wir für die Fachschule Landwirtschaft ein Lernmodul Landwirtschaft und Naturschutz entwickelt, ergänzend gibt es ein Lernmodul gesamtbetrieblicher Gewässerschutz. Beide Module sind seit einem Jahr obligatorischer Lerninhalt der landwirtschaftlichen Fachschule.“

Wie wirken sich ökologische Maßnahmen ökonomisch aus?

Die Landwirte wollen wissen, wie sich diese oder jene Maßnahme des Natur- oder Gewässerschutzes auf ihre Produktionstechnik und ihre Ökonomie auswirke, so Schunck. Er schloss mit den Worten: „Wir wissen, dass Ãœberzeugung und Änderung der Einstellung wichtiger sind als Gesetze, Verordnungen und Sanktionen. Insofern freuen wir uns, dass die Landesregierung das Projekt erweitert und fortsetzt.“ Die Entwicklungsphase wurde vom Land mit rund 225 000 Euro finanziert. Für die nächsten zwei Jahre stehen jeweils 250 000 Euro für Projektleitung, Beratung der Betriebe, Veranstaltungen und Workshops zur Verfügung. Für Partnerbetriebe und deren ökologische Leistungen werden jährlich 100 000 Euro bereitgestellt. Einige Partnerbetriebe werden in den nächsten Ausgaben des LW vorgestellt. zep