Wie kleidet sich der Forstmann heute?

Trend geht zu leichten Stoffen mit hohem Tragekomfort

Die Arbeit mit der Motorsäge ist nicht nur körperlich anstrengend, sondern auch gefährlich: Rasant schnelle Motorsägenketten können übelste Wunden anrichten, die – wegen des anhängenden Kettenhaftöls – zudem schlecht heilen. Nicht umsonst ist daher die persönliche Schutzausrüstung beim Umgang mit der Motorsäge Pflicht.

Grün war gestern, heute sind alle Farben im Forst erlaubt. Man(n) will auch gesehen werden.

Foto: Setzepfand

Während das Thema bei Forstwirten sowie anderen Menschen, die regelmäßig mit der Motorsäge umgehen, ganz oben auf der Tagesordnung steht, spaltet sich das Lager der „Hobby-Säger“ (Brennholz-Selbstwerber) in zwei Lager: Die einen, die ihren professionellen Kollegen in nichts nachstehen wollen, ihr Hobby professionell angehen und auf dem neusten Stand sind. Die anderen, die weniger Wert auf bestes Equipment legen und teils gar nicht, teils schlecht ausgestattet mit der Motorsäge arbeiten.

Eine gute persönliche Schutzausrüstung ist nicht nur lebensnotwendig und gesundheitserhaltend, sondern auch gut angelegtes Geld: „Passiert ein Unfall, ohne dass eine ausreichende Schutzausrüstung getragen wurde, kann der Waldbesitzer von der Berufsgenossenschaft in Regress genommen werden“, sagt Thorsten Milkereit, Produktmanager Arbeitsschutz beim Forstbedarfversand Grube aus Hützel bei Soltau. Etwa die Hälfte seiner Kunden sind professionelle Kunden, die andere Hälfte Hobbysäger.

Dabei ist heute eine gute Schutzausrüstung schon für wenig Geld zu haben. Und auch das Argument, in Schutzkleidung könne man sich nicht bewegen und laufe herum, wie ein Michelin-Männchen, zählt nicht mehr: „Die Schutzkleidung wird immer bequemer, der Tragekomfort ist deutlich gestiegen. Wie in der Modewelt kommen auch hier mittlerweile moderne Gewebe, etwa Stretch, zum Einsatz“, so Milkereit.

Beispiel Schnittschutzhose: „Die Zeiten, mit denen man in so einer Hose wie ein einem Panzer herumlaufen musste, sind vorbei.“ Auf der Forstmesse des Kuratoriums für Waldarbeit und Forsttechnik (KWF) – so etwas wie die DLG der Forstwirtschaft – wurde die Firma Grube für das neue elastische Schnittschutzmaterial (FS 6XE07) prämiert. Das sechslagige Material, das in Finnland entwickelt wurde, macht nach Angaben von Produktmanager Thorsten Milkereit „jede Bewegung mit“ und sei zudem auch leichter als herkömmliche Schnittschutzmaterialen.

Hosen mit Stretchmaterial

Die Elastizität ergibt sich dabei aus der wellenförmigen Verlegung des Schnittschutzmaterials. Grube ist alleiniger Importeur in Deutschland und wird das Material künftig in allen Schnittschutzprodukten von Forest­shield anbieten. Aber auch insgesamt gehe der Trend ganz klar zu weniger Lagen, flexibleren Trageeigenschaften bei gleich bleibendem oder verbessertem Schutz. Eine gute Handvoll Anbieter, etwa Pfanner, Stihl, Husqvarna sowie die Grube-Eigenmarke Forestshield, bieten Schnittschutzhosen mit Stretchmaterial in den nicht geschützten Bereichen (Hinterseite der Beine, Gesäß) an.

Schutzkleidung wird zunehmend auch modischer: „Die Zeiten, in denen eine Schnittschutzhose ausschließlich eine grüne Latzhose war, sind vorbei“, so Milkereit. Blau, Orange und knalliges Gelb sind heute ebenso verbreitet. Wobei das KWF einschränkt, dass eine Schutzausrüstung nicht aus zu vielen unterschiedlichen Farben bestehen sollte, da sonst ein ungewünschter Tarn- (Camouflage-) Effekt eintreten würde, besonders in Beständen mit herbstlichem Laub. Wie weit die Mode geht, zeigt ein Blick in den umfangreichen Grube-Katalog: Die Forest­shield „Westernjeans“ mit Schnittschutz aus Alcantara vermittelt den Eindruck, als würde man Leder-Chaps über der Hose tragen. Unterdessen schützt das Material aber besonders gut vor unliebsamen Brombeerdornen.

Mit dem Trend zu modischem Aussehen geht auch einher, dass Profis wie semiprofessionelle Arbeiter auf modische Unterbekleidung achten: Statt des Doppelripp-Unterhemdes muss es ein T-Shirts aus der Kollektion eines Sägenherstellers sein.

Zu einer umfassenden Ausrüstung gehört auch Funktionswäsche unter der Schutzkleidung. Hier ist mittlerweile eine große Bandbreite an T-Shirts, Microfaser-Hemden, Pullovern sowie Fleece-Jacken erhältlich.

Für die Zwei-Mann-Motorsägenarbeit im Korb von Hubsteigern ist nach den Berufsgenossenschaften entweder ein Trenngitter zwischen den Arbeitenden vorgeschrieben oder eine erweiterte Schutzausrüstung mit Schnittschutz im Arm-, Brust- sowie Bauchbereich und Schnittschutzhandschuhen. Bewegen konnte man sich bislang in diesen Panzern kaum: „Wir haben eine Schnittschutzjacke auf dem Markt, die den Anforderungen entspricht und in der man sich trotzdem bewegen kann“, so Milkereit.

Zunehmend Schutz vor Zecken

Mit der zunehmenden Bedeutung von Krankheiten, die durch Insekten und Spinnentiere übertragen werden, steigt auch der Bedarf nach entsprechender Kleidung. Vor allem Zecken sind es, die bei der Waldarbeit zu Problemen führen: Sie übertragen die gefürchtete FSME (Hirnhautentzündung) sowie die nicht minder problematische Borreliose, unter der viele im Wald arbeitende Menschen leiden. Abhilfe soll spezielle Kleidung schaffen. Auf der Interforst in München dürften sich zeckengeplagte Forstwirte über die neu entwickelte Kleidung der Firma HF-Sicherheitskleidung gefreut haben: Das Unternehmen stellte auf der Messe eine KWF-prämierte Schutzkleidung vor, die speziell und dauerhaft imprägniert ist und bei Zecken (Spinnentiere) sowie Insekten eine Konfusion der sensorischen Weiterleitungsreize verursacht. Der Mensch wird dadurch von den kleinen Krabblern nicht als potenzieller Wirt erkannt. Die Firma stützt sich dabei auf wissenschaftlich untermauerte Erkenntnisse. Die Kleidung ist nach Firmenangaben absolut körperverträglich und entspricht dem Öko-Tex-Standard 100. Demnach entspricht sie der Klasse 1 und dürfte damit selbst von Kindern und Babys getragen werden. Die Imprägnierung soll 50 Wäschen überstehen. Eingesetzt wird gegen Zecken imprägnierte Kleidung bereits von Bundeswehr und Bundesgrenzschutz.

Auch Grube bietet solche Kleidung an, die mit dem Stoff Permitrin behandelt ist. Auch, weil das Mittel zwar nicht gesundheitsschädlich, jedoch im Urin nachweisbar ist, arbeitet das Unternehmen an einer eigenen, verträglicheren Lösung ohne Insektizide in der Kleidung, die die Zeckenproblematik in den Griff bekommen soll. Wie das funktioniert, möchte das Unternehmen noch nicht sagen. „Wir werden jedoch in Kürze darüber berichten“, sagt Milkereit.

Helme werden mit der Zeit spröde

Stichwort Helme. Auch hier sieht man mancherorts die abenteuerlichsten Modelle im Wald. Helm ist nicht gleich Helm. Was immer noch nicht Jeder weiß: Die Haltbarkeit von Helmen ist begrenzt, weil Kunststoffe besonders unter Sonnenlichteinfluss altern und sich die Weichmacher im Kunststoff lösen. Wenn UV-Strahlen auf die Helmoberfläche treffen, werden die Molekülketten, aus denen der Kunststoff besteht, schrittweise aufgespalten. Die Berufsgenossenschaften beschränken daher die Haltbarkeit von Helmen auf vier Jahre, das KWF sogar auf drei Jahre. Doch Helme altern – abhängig von ihrer Lagerung (möglichst dunkel!) und ihrer Einsatzhäufigkeit - unterschiedlich schnell. Seit fünf Jahren tüfteln die Entwickler von Peltor an einem Indikator für die Helmlebensdauer, ihr Ergebnis stellten sie auf der KWF-Tagung in Form des Schutzhelmes „G3000 Solaris“ auf der KWF-Tagung vor: Ein Indikator („UV-Dosimeter“) aus Polypropylen – ähnlich einer kleinen Uhr - auf der Helmoberseite zeigt an, wie weit der Alterungsprozess fortgeschritten ist. Zuerst ist der gesamte Indikator rot. Im Uhrzeigersinn verfärbt sich das Plättchen und gibt dem Nutzer somit Aufschluss, wann der Helm gewechselt werden muss – nämlich dann, wenn sich der Indikator im Uhrzeigersinn allmählich in weiß verfärbt. Das System ist für Bauhelme und Forsthelme verfügbar. Diese werden künftig ohne Aufpreis ausschließlich mit dem neuen System ausgestattet.

Das Visier, das den mit der Motorsäge Arbeitenden vor Spänen, Splittern, aber auch herabfallenden Ästen schützen soll, wird mitunter – besonders bei Sonneneinstrahlung – für eine bessere Sicht und einfacheres Arbeiten hochgeklappt. Schuld daran sind aber zumeist verbeulte und/oder alte Visiere, die früher salopp gesagt, einer engmaschigen Baustahlmatte glichen. Doch das muss nicht sein. „Moderne Visiere aus Ätzmetall lassen bis zu 82 Prozent statt gewöhnlichen 50 bis 60 Prozent Licht durch“, erläutert Milkereit. Dadurch lasse sich deutlich besser arbeiten. Im professionellen Bereich werden heute immer stärker Helmkombinationen mit Funkausstattung eingesetzt. Dieser „aktive Gehörschutz“ ist mit Funk ermöglicht den Forstwirt, mit Maschinenführern oder weiteren Forstwirten zu kommunizieren – gerade in unübersichtlichen Beständen mit Naturverjüngungen ein sicherheitsrelevanter Aspekt.

Bei den Schuhen geht der Trend nach Milkereits Angaben hin zu mehr Sicherheit. Lederschuhe, bislang meist mit der Schutzklasse 1 (Kettenstopp bei 20 Metern/Sekunde), sind jetzt auch in höheren den Schutzklassen 2 (24 m/s) und 3 (28 m/s) erhältlich bei gleich bleibendem oder sogar verbessertem Tragekomfort. Sie haben das Schnittschutzmaterial Kevlar sowie – und das ist der patentierte Clou - dünne Federstahlstreifen im Span- und Laschenbereich eingebaut. Im Gespräch ist derzeit zudem eine neue Schutzklasse 4 (32 m/s). Entwickelt wird außerdem an Alu- und Kunststoffschutzkappen für die Zehen, die den Schuh leichter machen.

Stolpern, Rutschen und Stürze sind nach Angaben des KWF weiterhin mit über 26 Prozent die häufigsten Unfälle in der Fortwirtschaft, davon nehmen allein die Rutschunfälle über 50 Prozent ein und wiederum 81 Prozent davon entstehen durch Ausrutschen auf Ästen und Stammteilen. Hersteller arbeiten daher an der Profilierung des Stegbereiches und entwickeln zudem Antirutschelemente, die ein seitliches Wegrutschen auf Ästen verhindern sollen. Auf der Forstmesse in Schmallenberg wurde ein solches System von Haix vorgestellt, auch die Firma Breidenbach & Hebgen hat ein Antirutschelement entwickelt.

Verantwortungsvolles Handeln schützt

Dennoch muss klar sein: Auch eine noch so gute Schutzausrüstung kann keinen Totalschutz bieten. Eine gute Ausbildung sowie ein souveräner, verantwortungsvoller Umgang mit der Säge sind der beste Schutz. So fordern mittlerweile die meisten Waldbesitzer von ihren Brennholz-Selbstwerbern einen so genannten Motorsägenführerschein, bei dem auch gestandene Selbstwerber noch viele Tipps und sicherheitsrelevante Hinweise zum Umgang mit der Motorsäge bekommen. Christian Mühlhausen, Göttingen