Die Pfalz ist gefordert

63. Pfälzische Weinbautage mit aktuellen Themen aus der Weinbaupraxis

„Die Pfalz steht weinbaulich wie gesellschaftspolitisch vor neuen Herausforderungen“, so umriss Direktor Dr. Hans-Peter Lorenz vom DLR-Rheinpfalz die 63. Pfälzischen Weinbautage. Und wieder boten das DLR, die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz und der Pfälzische Weinbauverband der Branche am 12. und 13. Januar jede Menge hochaktuelle Themen. Schon am ersten Tag zählten die Veranstalter rund 1 100 Besucher im Neustadter Saalbau.

Die 63. Pfälzischen Weinbautage waren an beiden Tagen sehr gut besucht.

Foto: Seibert

Mit demPflanzenschutz ging es los, hier informierten die Referenten des DLR über neue Erkenntnisse zur Esca, Schwarzholzkrankheit, Rebschädlingen, Strategien gegen den Ohrwurm und die Konsequenzen der EU-Wasserrahmenrichtlinie.

Chips auf Maische und Most

Am zweiten Veranstaltungstag zeigte Gerd Götz qualitätsfördernde Maßnahmen, um bei der anbaustärksten Rebsorte der Pfalz das volle Potenzial abzurufen. Beim Dornfelder eigne sich unter anderem bei reduziertem Aufwand der Kordonschnitt mit kalkulierbaren Risiken, das Traubenhalbieren lohne sich dagegen nur für Premiumprodukte.

Mehrjährige Forschungen zum Einsatz von Chips auf Maische und Most stellte Dr. Georg Binder vor. Binder empfahl die im Herbst 2009 zugelassene Maßnahme, um Struktur, Komple­xität und Sensorik bei Rotweinen internationaler Prägung zu verbessern.

Mit neuen technischen Lösungen für eine intelligente Gärsteuerung im Praxistest befasste sich Bernhard Schandel­maier. Der entscheidende Vorteil liege in den vielen Einzelmessungen während des Gärverlaufs. „Mit der automatischen Gärsteuerung kann man die Hefen punktgenau durch eine Temperaturerhöhung beim Durchgären des Weines unterstützen.“

Bentonit und biogene Amine

Stephan Sommer wies Zusammenhänge zwischen der jahrgangsmäßig schwankenden Eiweißstabilität im Wein und der Anzahl von Wetterextremen nach. „Dabei lagert die Pflanze mehr Phenole ein, so sinkt der Eiweißgehalt im Most und damit auch der Bentonitbedarf.“ Mit einem für die Studie erstell­ten Rechenmodell lasse sich vorerst„der Bentonitbedarf nur ungefähr abschätzen.“ Pascal Herr fragte, wie stark sich biogene Amine durch Bentonit entfernen lassen. In Versuchen konnte Hista­min durch NaCa- oder Na-Bentonit im Wein auf unter 2 mg/l und maximal um 86 Prozent reduziert werden. Bentonit kann also bei Weißwein zur Reduzierung biogener Amine eingesetzt werden. „Grundsätzlich muss man vorbeugend arbeiten, gerade bei der Hygiene, denn neben biogenen Aminen produzie­ren dieselben Mikroorganismen jede Menge weitere Fehlaro­men.“

Weinversand auf dem Prüfstand

Die Kosten des Weinversandes rechnete Dr. Jürgen Oberhofer kritisch durch. „Die Selbstauslieferung macht für Weingüter nur bei intensivem Kundenkontakt Sinn“. Ansonsten sei sie zu teuer. Im Vergleich hätten Paketdienste und Speditionen preislich attraktive Angebote und schnelle Liefer­zeiten.

„Bei der Qualitätsweinprüfung zeigt sich in der Pfalz für 2009 nur ein Minus von 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr“ bilanzierte Stefan Hilz von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz. „Also sind wir mit einem hellblauen Auge davongekommen.“ Hilz analysierte in seinem Vortrag „Geografische Bezeichnungen“ deren bisherige Verwendung. Die größte Bedeutung hat der Name Pfalz, denn 73,8 Prozent der geprüften Menge wurden bei der Qualitätsweinprüfung 2008 allein unter dieser Bezeichnung angestellt.

Alkohol und Verantwortung

Dr. Matthias Petgen stellte weinbauliche Strategien für das „Alkoholmanage­ment“ im Weinberg vor. „Kurzfristig lässt sich der Zuckerertrag deutlich über den richtigen Lesetermin, aber auch durch eine Erniedrigung des Blatt-Frucht-Verhältnisses, niedrige Laubwandhöhen und späte Entblätterungsmaßnahmen beeinflussen.“

„Kellerwirtschaftliche Strategien zur Verminderung der Alkoholausbeute“ präsentierte Prof. Dr. Ulrich Fischer. Nach Informationen zur teilweisen Entalkoholisierung von Weinen empfahl Fischer vor allem, auf „Mostgewichtsexzesse“ zu verzichten, Zurückhaltung bei der Anreicherung, moderate Gärtemperaturen bei Weißwein sowie warme Vergärung und Abpressen bei Rot­weinen. Gleichzeitig forderte er eine Änderung der Wahrnehmung: „Wir müssen statt fetter Weine auch schlanke, elegante positiv bewerten.“ Die gesellschaftspolitische Seite des Alkohols beleuchtete Dr. Claudia Stein- Hammer, Deutsche Weinakademie, mit der Aktion WINEinMODERATION. Damit wollen die euro­päischen Weiner­zeuger auch in der Aus- und Weiterbildung den moderaten, aber genussvollen Weinkonsum fördern.

Zum Abschluss der Weinbautage zeigten Prof. Dr. Ulrich Fischer und Bernd Weik bei der fachlichen Wein­probe, was Cabernet, Syrah, Merlot & Co. aus der Pfalz im internationalen Vergleich zu bieten haben. Ak