Pferdehaltung im Blickpunkt

Vortrag von Prof. Gauly bei der Fachveranstaltung in Baunatal

Zur landwirtschaftlichen Woche Nordhessen fand die Veranstaltung „Pferdehaltung im Blickpunkt“ statt. Die Referenten Prof. Dr. Dr. Matthias Gauly vom Institut für Tierzucht und Haustiergenetik der Universität Göttingen und Dipl.-Ing. agr. (FH) Thorsten Hinrichs von der Firma HIT in Weddingstedt, Schleswig-Holstein stellten neue Aspekte der Pferdehaltung vor.

Prof. Dr. Dr. Matthias Gauly

Foto: LLH

Prof. Gauly machte in seinem Vortrag deutliche, dass Haltung als „Festhalten“ des Tieres immer einen Kompromiss zwischen den Anforderungen des Menschen und den Anforderungen des Tieres darstellt. Grundsätzlich unterscheiden wir die Einzelhaltung und die Gruppenhaltung, mit und ohne Auslauf im Außen- und im Innenbereich, wobei heute circa 90 Prozent der Pferde insgesamt in der Einzelbox gehalten werden. Gauly führte mit einer erheblichen Anzahl an wissenschaftlichen Untersuchungen auf, dass die Form der Haltung direkt mit der geringen Nutzungsdauer des Partners Pferd zusammenhängt. Drei Untersuchungen von Butler und Armbruster (1984), Reichert (1990) und Woehlk und Bruns (1999) haben eine durchschnittliche Nutzungsdauer von 3,2 Jahren bis hin zu 5,8 Jahren gefunden, dass verdeutlichet, dass nur 34 Prozent der Pferde älter als 10 Jahre alt werden. Ist die Hal­tung des Pferdes mit Bewegungsmangel verbunden, so hat dies di­rekte Auswirkungen auf die Ge­sundheit und eine Reihe von Erkrankungen sind die Folge:

  • Störungen des Herz-Kreislaufsystems,
  • Elastizitätsverlust von Sehnen, Bändern und Gelenken,
  • Erhöhung der Gefahr von Rupturen,
  • Entstehung haltungsbedingter „Untugenden“,
  • Verhaltensänderungen (Stereotypien, Aggressivität),
  • Erhöhte Schreckhaftigkeit,
  • Erhöhte Unfallgefahr (circa 30 000 Unfälle im Jahr, davon 85 Prozent in Folge von Schreck- beziehungsweise Flucht­reaktionen).

Umsetzung in der Praxis

Stephanie Wetekam

Foto: LLH

Diese theoretischen und wissen­schaft­lichen Ausführungen wurden von Thorsten Hinrichs im zweiten Vortrag in die Praxis umgesetzt. Hinrichs hat als Pferdehalter und -züchter seine Erkenntnisse auf dem eigenen Betrieb in seinem Beruf und in seiner Firma HIT umgesetzt. Aus den anfangs „rudimentären“ Ansätzen eines Gruppenhaltungssystems entstand im Lauf der von knapp zehn Jahren der „activ stable“, der Aktivlaufstall. Heute stellt sich dieses Konzept als hochmoderner Stall mit durchdachten getrennten Funktionsbereichen und einer ausgeklügelten Fütterungstechnik dar. Circa 400 Ställe, vor allem im Pensionspferdebereich, aber auch in der Zucht, Jungpferdeaufzucht und im Sportpferdebereich konnten bislang realisiert werden. Außergewöhnliche Projekte wie ein Aktivstall für Rennpferde in Irland oder ein Aktivstall in Finnland (im Winter minus 35 Grad Celsius) stützen laut Hinrichs das funktionale Konzept. Im Anschluss stellte Stephanie Wetekam vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen das Projekt „Arbeitskreis Pensionspfer­dehalter“ vor. Am Arbeitskreis im Raum Mittel- und Südhessen nehmen derzeit 15 Pen­sions­­pfer­debetriebe teil. Hauptaufgaben sind die Fort- und Weiterbildung der Betriebsleiter, die Möglichkeit des Erfahrungsaustauschs und die der Eigenanalyse des Be­trie­bes. Stephanie Wetekam, LLH