Grünland ist meistens schlechter dran

Noch liegt in Hessen verbreitet eine geschlossene Schneedecke, aber die kommenden Maßnahmen zur Frühjahrsbestellung werfen bereits ihre Schatten voraus. Zur Versorgung der Böden mit Nährstoffen und der daraus abzuleitenden Düngeplanung befragte das LW Dr. Johannes Heyn vom LLH in Kassel.

Dr. Johannes Heyn

Foto: Becker

LW: Herr Dr. Heyn, wie hat sich die Nährstoffversorgung hessischer Böden in den letzten Jahren entwickelt und wie ist der aktuelle Stand?
Dr. Johannes Heyn:
Die aktuellen Zahlen aus 2009 liegen noch nicht vor. Die Statistik der Bodenuntersuchungsergebnisse des LHL für den Zeitraum 1998 – dem Jahr der bundesweiten Neueinteilung der Gehaltsklassen – bis 2008 zeigt folgendes Bild:

Beim pH-Wert ergeben sich für die Gehaltsklassen „A“ und „B“ („sehr niedrig“ und „niedrig“) zusammen Anteile von etwa 40 Prozent auf Ackerland und 50 Prozent auf Grünland. Die „anzustrebende“ Gehaltsklasse „C“ nimmt weitere rund 40 beziehungsweise 30 Prozent-Anteile ein und die „hoch“ und „sehr hoch“ versorgten Klassen „D“ und „E“ zusammen um die 20 Prozent. Trendentwicklungen sind in diesem Elf-Jahreszeitraum nicht zu erkennen.

Ackerland ist relativ gut mit P versorgt. In den 70-er und 80-Jahren kam es durch hohe Zufuhr-Ãœberschüsse zu einer massiven Abnahme schlecht versorgter Flächen, so dass sich in dem jetzigen Betrachtungszeitraum der Flächenanteil von Klassen „A“ und „B“ zusammen gleichbleibend bei etwa 10 bis 15 Prozent bewegt. Rund 50 Prozent der Flächen liegen in „D“ und „E“ und benötigen nur noch eine reduzierte oder gar keine P-Düngung mehr. Anders sieht es auf dem Grünland aus: „A“ und „B“ nehmen zirka 40 bis 50 Prozent Flächenanteil ein mit zunehmender Tendenz.

Noch günstiger präsentiert sich die Situation beim Nährstoff Kalium. „A“-Flächen gibt es so gut wie keine, mit „B“-Flächen zusammen ergeben sich rund 10 Prozent. Zirka 60 Prozent sind in „D“ und „E“ hoch beziehungsweise sehr hoch versorgt. Trendentwicklungen sind auch hier nicht zu erkennen. Das Grünland ist auch hier deutlich schlechter dran. „A“ und „B“ zusammen nehmen gut 50 Prozent der Flächenanteile ein und demgegenüber „D“ und „E“ nur etwa 20 Prozent. Ãœber die letzten elf Jahre gesehen scheint sich ein schwach negativer Trend zu ergeben.

Seit jeher am besten ist die Lage beim Nährstoff Magnesium. So entspricht auf Ackerland die Versorgungssituation etwa der von K, allerdings mit einem leichten Rückgang der Summenanteile von „D“ und „E“ von über auf knapp unter 60 Prozent. Noch deutlich günstiger ist die Versorgungslage bei Grünland. Etwa 90 Prozent der Flächen liegen in „D“; „E“, „A“ und „B“ zusammen liegen unter 5 Prozent. Veränderungen über die Zeit sind nicht zu erkennen. Insgesamt sind also trotz weit verbreiteter Negativ-Bilanzen bei der Grunddüngung noch keine gravierenden Abnahme-Tendenzen in der Bodenuntersuchungsstatistik festzustellen. Leichte Warnzeichen sind für Ackerland bei P und deutlichere für Grünland bei P und K zu erkennen.

LW: Wie sieht die bedarfsgerechte Düngung aus und welche Parameter kann man zu ihrer Bestimmung heranziehen?
Heyn:
Grundsätzlich ist die Düngung in „Art, Menge und Zeitpunkt der Anwendung am Bedarf der Pflanzen und des Bodens auszurichten“ (Düngegesetz). Das gilt für alle Nährstoffe, im Gegensatz zu den Regelungen der Düngeverordnung (DüV), die sich nur auf die Nährstoffe N und P bezieht.

Grundlage jeder Düngebedarfsermittlung sollte die Zufuhr-Abfuhr-Bilanzierung sein. Nach Abschätzung der voraussichtlichen Abfuhr und der bodenbürtigen und aus der bisherigen Bewirtschaftung stammenden verfügbaren Zufuhr ergibt sich die erforderliche Ergänzungsdüngung.

Für die Grunddüngung mit Kalk, P-, K- und Mg-Düngern kann die regelmäßige Bodenuntersuchung wertvolle Hinweise auf die Auswirkung der bisherigen Düngungspraxis geben und damit individuelle Anpassungsschritte ermöglichen. Bei Stickstoff ist für die jährliche Düngebedarfsermittlung die Zugrundelegung eines durch Untersuchung festgestellten oder von Vergleichsschlägen übernommenen Nmin-Bodengehaltes vorgeschrieben.

Die beste Aussage über den aktuellen Versorgungszustandes eines Bestandes liefert die Pflanzenanalyse, resultierend aus allen Freisetzungs-, Festlegungs-Verlust- und Aufnahmeprozessen. Sie ist für alle Haupt- und Spurennährstoffe geeignet, für die letzteren stellt sie das Mittel der Wahl dar. Der LHL bietet hierzu günstige Untersuchungspakete an, nähere Informationen geben die LLH-Pflanzenbauberater.

Einschränkend ist zu sagen, dass Pflanzenanalysen oft ihre Aussage zu spät liefern, um im aktuellen Jahr noch größere Versorgungslücken entscheidend schließen zu können. Dennoch behalten sie ihren Wert für die Folgejahre: Einmal als Mangelstandort erkannte Flächen sind in den nachfolgenden Jahren bevorzugt zu düngen. Zur Feinabstimmung der N-Dün­gung gibt es technische Geräte wie den N-Tester, oder es lassen sich durch die Anlage von Düngefenstern rechtzeitige Warnhinweise zur Versorgungslage gewinnen.

Entscheidend ist in allen Fällen die individuelle Erfahrung. Der Blick auf die bisherige Düngungspraxis und ihre Auswirkungen in Verbindung mit einer Beobachtung der aktuellen Bestände liefert vor Ort die besten Ergebnisse.

LW: Wie flexibel ist man bei schwankenden Düngerpreisen beziehungsweise wie kann man die eigenen Flexibilität positiv beeinflussen?
Heyn:
Schwankende Düngerpreise stellen jede ökonomische Kalkulation vor große Herausforderungen. Auf der kaufmännischen Seite kann man versuchen, günstige Konditionen zu erzielen (Auswahl des Handelspartners, Mengenrabatte). Ackerbaulich erhöht sich die Flexibilität, das heißt es vermindert sich der Druck aktuell Nährstoffe zuführen zu müssen, je höher die bereits vorhandenen Reserven im Boden (=Bodengehalte) liegen. Ein gut versorgter Boden erlaubt das ein- oder auch mehrjährige Aussetzen der Grunddüngung, ohne dass Einbußen an der Menge oder Qualität der Ernte zu befürchten sind. Wird dagegen an der Versorgungsuntergrenze gewirtschaftet, bleibt in der Regel kaum noch Spielraum für weitere Einsparungen.

Für den direkt ertragsbeeinflussenden Nährstoff N gilt, dass seine optimale Aufwandmenge weniger durch den Düngerpreis als vielmehr durch die zu erzielenden Produkterlöse definiert wird. Wenn Wi-Gerste und Roggen nur noch für 7 bis 9 Euro je dt verkauft werden können, so reduziert sich das N-Düngungsoptimum drastisch gegenüber der bisher langjährig üblichen Aufwandmenge. KB