Milchtag im Odenwald

Förderung von Milchviehbetrieben in Reichelsheim zum Thema

Anlässlich der Landwirtschaftlichen Woche Südhessen fand in der vergange­nen Woche in Reichels­heim der Odenwälder Milchtag als eine Koopera­tions­veranstaltung von der Landesvereinigung Milch Hessen und dem Regionalbauernverband (RBV) Starkenburg gemeinsam mit dem ALR Reichelsheim, HVL, VLF Reichelsheim und dem LLH statt.

Landwirtschaftliche Kompetenz traf sich beim „Milchtag“ der Landwirtschaftlichen Woche Südhessen in Reichelsheim. Unser Bild zeigt die Redner des Vormittags von links: Gerhard Rasche (HLG), Elsbeth Kniß (ALR), Klaus Dieter Sens (LLH) und Walter Schütz, Vorsitzender des RBV Starkenburg.

Foto: Kirsten Sundermann

Trotz Kälte, Eis und Schnee ka­­men am „Milchtag“ rund fünfzig Landwirte zu den Fachvorträgen nach Reichelsheim. Bei seiner Begrüßung ging der Vorsitzende des RBV Starkenburg, Walter Schütz, auf die schwierige Situation der Odenwälder Milchbauern ein und wünschte der vor kurzem initiierten Aktion „Faire Milch“ viel Erfolg. „Dies wird eine Probe aufs Exempel darstellen und das tatsächliche Kaufverhalten des Verbrauchers offenbaren“, meinte er. Begrüßt wurden die Teilnehmer auch vom Rei­chels­heimer Bürgermeister Stefan Lopinsky, der darauf hinwies, dass in dieser Region die meisten Milchbauern des Odenwaldkrei­ses zu Hause seien und von Elsbeth Kniß, Leiterin des Amts für den Ländlichen Raum. Die Moderation übernahm Rainer Jöst vom Hessischen Verband für Leistungsprüfung (HVL).

Stallbau ist derzeit bei niedrigen Zinsen möglich

Ãœbereinstimmend waren die Referenten der beiden Vormittags­veranstaltungen der Ansicht, dass das generelle „Investitions-Klima“ für Landwirte derzeit so gut sei wie selten zuvor. Zwei Fünftel aller zukunftsorientierten Be­triebs­leiter zeigten sich wegen der niedrigen Zinsen und der attraktiven Fördermaßnahmen daher geneigt, Geld in die Hand zu nehmen und in ihre Betriebe zu investieren. Was dabei zu beachten ist, zeigten die beiden Vorträge auf: Diplom-Ingenieur und Architekt Gerhard Rasche von der Hessischen Landgesellschaft (HLG) in Kassel erläuterte die Dienstleistungen der HLG, und Klaus Dieter Sens vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) in Alsfeld sprach über die aktuelle Förderung für Milchviehbetriebe. Rasche arbeitet seit über zwanzig Jahren als Bauberater bei der Hessischen Landgesellschaft (HLG) in Kassel. Diese gemeinnützige Gesellschaft verwaltet für Städte und Gemeinden Wohn­baugrundstücke, Gewerbe- und landwirtschaftliche Flächen. Sogar eine Ökoagentur und eine Hessische Hofbörse gehören zu den Angeboten. Die HLG ist bei etwa 50 Prozent aller betreuten Maßnahmen in Hessen beteiligt. Bei der Bauplanung könne man gar nicht umsichtig genug vorgehen und es sei mehr als empfeh­lenswert, hierfür einen Fachberater zuzuziehen, meinte Rasche, der als gelernter Landwirt weiß, wovon er spricht. Die Kosten für eine kompetente Bauberatung tra­ge weitgehend das Land Hessen; von dem Bau-Interessenten werde lediglich eine Beteiligung er­wartet. Für eine örtliche Baube­ratung ohne Nacharbeitung müss­te der Landwirt 150 Euro be­zahlen. Eine vollständige Bauberatung mit Erarbeitung von Konzeptionen und Skizzen für landwirtschaftliche Bauvorhaben kostet 400 Euro. Rasche selbst hat allein im vergangenen Jahr rund 120 Bauberatungen durchgeführt, vor allem für Milchvieh-, Schweinemast- und Schweinezuchtbetriebe, aber auch für „Exo­ten“ wie Biogasanlagen oder Reithallen. Entschließt sich ein Landwirt zu baulichen Investitionen, so kümmert sich die Landgesellschaft um die erforder­lichen Genehmigun­gen, bereitet die Bauausführung vor und übernimmt die Bauleitung. Genehmi­gungen in Ortsnähe seien allerdings nur noch schwer zu be­kommen, hat Rasche festgestellt, vor allem, wenn größere Viehbestände im Gespräch sind. Die richtige Wahl des Standorts sei daher von grundlegender Be­deu­tung, zumal ein Betrieb nie den Aspekt aus den Augen verlie­ren dürfe, dass auch Platz für even­tuelle, spätere Erweiterun­gen vorhanden sein muss. Neue Ställe sollten mit einer ge­wissen Groß­zügigkeit geplant werden. Rasche empfiehlt eine Traufhöhe von vier bis viereinhalb Metern, und viel Licht. Die Liegeboxen sollten warm, trocken und sauber sein, die Lauffläche breit, trittsicher und rutschfest. Doch auch die Men­schen sollten sich in den Gebäuden wohl fühlen. Das Melk­haus sollte zentral gelegen, freund­lich und heizbar sein: „Man muss da gerne reingehen wollen!“ Darüber hinaus begeistert sich der Fachmann für den Einsatz von automatischen Melk­systemen (AMS). In Hessen seien rund 110 Be­triebe mit Melkrobotern ausgestattet, meinte er, und es würden ständig mehr.

Mindestinvestitionssumme auf 20 000 Euro herabgesetzt

Auch Klaus Dieter Sens empfahl den Augenblick als äußert günstig für Investitionen. Wer daran denke, neue Ställe für sein Vieh oder Lager für Getreide oder Kartoffeln zu bauen, solle bedenken, dass die Suche nach einem geeigneten Standort, die Verhandlungen mit den bewilligenden Behörden und die Regelung der Finanzierung leicht ein Jahr andauern können. Unter der Voraussetzung, dass der Antragsteller über die notwen­dige berufliche Qualifikation ver­fügt, mindestens 25 Prozent des Um­satzes durch Bodenbe­wirt­schaf­tung und Tierhaltung er­zielt und den Nachweis einer positiven Kapitalbildung führen kann, kann ein Neu- oder Umbau seiner landwirtschaftlichen Gebäude gefördert werden. Dabei kann er mit Zuschüssen von 25 Prozent auf das förderungsfähige Investitionsvolumen und mit 35 Prozent bei besonders art­gerechter Tierhaltung rechnen. Letzteres dürfte, so Sens, in Südhessen wohl in 95 Prozent aller Fälle zutreffen. Neu sei, dass die Mindest-Investitionssumme von 30 000 auf 20 000 Euro herab-, und das maximal förderungsfähige Investitionsvolumen von 1,5 auf 2 Millionen Euro heraufgesetzt wurden. Bei Investitionen mit einem Volumen von mehr als 100 000 Euro besteht Betreuungspflicht. Für Umbauten gelten 50 Prozent der Obergrenzen. Gefördert wird jedoch lediglich der Bau von Gebäuden, also nicht der Ankauf von Maschinen und Geräten oder der Erwerb von Tieren. Eine „isolierte Förderung“ sei jedoch möglich für den Bau von Güllebehältern, Erschließungsmaßnahmen wie Abwasser, Anschluss an Energie- und Wasserversorgung, oder für die Anschaffung eines automati­schen Melksystems. Junglandwir­te können von günstigen Sonderregelungen profitieren. Die Einrichtung eines Kuhplatzes beispielsweise werde mit 6 000 Euro bezuschusst.

In der Nachmittagsveranstaltung informierte außerdem Anne Mawick vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen aus Bad Hersfeld über das derzeit für viele Landwirtschaftsbetriebe besonders wichtige Thema der „Liquiditätsplanung im Milchviehbetrieb.“ Sundermann