Zweifelhafte Perspektive Weltmarkt

Die Zuckerrübenernte läuft auf Hochtouren. Hohe Erträge und hohe Zuckergehalte, die bei der aktuellen Wetterlage noch zunehmen, werden zu einem Rekord-Zuckerertrag pro Hektar in den heimischen Anbaugebieten führen. Wegen der riesigen Verarbeitungsmenge wird auch die Kampagne außergewöhnlich lang sein. Trotz der guten Ernte müssen sich die Anbauer und die Verarbeiter Sorgen machen, denn nach den Überlegungen der EU-Kommission sollen die Kernelemente der Zuckermarktordnung, also die Quote und der Außenschutz, mit einem glatten Schnitt im Jahr 2016 beendet werden. Die Folge wäre ein verstärktes Durchschlagen der starken Preisschwankungen, die auf dem Weltmarkt herrschen. In einem Szenario geht die Kommission davon aus, dass der Rübenpreis um 20 Prozent zurückgehen wird, aber gleichzeitig die Anbaufläche um 2 Prozent zunimmt. Anbauverbände bezweifeln, ob das realistisch ist.
Dass sich die Kommission verrechnen kann, zeigt die derzeitige Zuckerknappheit auf dem europäischen Markt. Die selbstauferlegte Produktionsbeschränkung auf 85 Prozent des Verbrauchs sollte normalerweise durch Importe insbesondere aus den AKP-Staaten ausgeglichen werden. Dass das derzeit nicht funktioniert, damit habe die Kommission nicht gerechnet, musste jetzt der Kommissionsbeamte Borchardt zugeben. Die AKP-Länder liefern lieber auf dem Weltmarkt, wo es bessere Preise gibt.

Und doch wäre der Weltmarkt eine zweifelhafte Perspektive für die europäische Zuckererzeugung. Denn noch vor zwei Jahren lag der Weltmarktpreis von Zucker bei 200 Euro pro Tonne, derzeit bei 530 Euro. Hinzu kommt, dass der Markt von Brasilien beherrscht wird und demnach auch von den Ernten und der Zucker-(rohr)verwendung (Bioethanol) des Landes abhängig ist. Cornelius Mohr