Welche Strategie passt?

Vortrag über Erfolgsfaktoren überbetrieblicher Zusammenarbeit

In einer Veranstaltung des Landesverbands für landwirtschaftliche Fortbildung, der Arbeitsgemeinschaft für Rationalisierung, Landtechnik und Bauwesen in der Landwirtschaft Hessen, des Wasser-, Bo­den- und Landschaftspflegeverbands Hessen und der Landesarbeitsgemeinschaft der Maschinenringe und Landtechnischen Fördergemeinschaften in Hessen zur Landwirtschaftlichen Woche Nordhessen, vorletzte Woche in Baunatal, stellte Dr. Johann Habermeyer vom Bayrische Maschinenringe das bayri­sche Projekt zur Bildung von überbetrieblichen Kooperationen vor.

Dr. Johann Habermeyer.

Foto: E.-A. Hildebrandt

Vorrangiges Ziel sei, Entwicklungsstrategien für landwirtschaftliche Betriebe aufzustellen, die durch Kooperationen ihre wirtschaftliche Situation verbessern oder arbeitszeitliche Vortei­le nutzen können. Maschinenringe böten vor allem in der Au­ßenwirtschaft Hilfen und Beratung bei betrieblichen Opti­mierungsansätzen. Hierzu werde besonderer Fokus auf die Analyse und Verbesserung von Produktionsabläufen zur Arbeitsentlastung im Betrieb gelegt. Auch sollen Wege zur Produktivitätssteigerung aufgezeigt werden, ohne die künftige Marktbedingungen nicht zu meistern seien.

Habermeyer erläutert anhand einer Studie aus Oberfranken, welche Strategien und Maßnahmen zukunftsträchtig sind. Das Untersuchungsgebiet umfasste etwa 3 000 ha mit 50 Betrieben, bei denen circa 150 Arbeitskräfte (AK) gebunden waren. Die betriebliche Situation war dadurch gekennzeichnet, dass etwa 25 Pro­zent der Betriebe die nächsten 10 bis 15 Jahre als Haupterwerb (HE)-Betriebe und 50 Prozent mit Einkommens­kom­binationen als (Nebener­werb)-NE-Betriebe existieren könnten, während die verbleibenden 25 Prozent in den nächsten zehn Jahren auslaufen werden. Für das Untersuchungsgebiet wird durch Kooperationsmöglichkeiten eine Schlagkrafterhöhung erwartet, die etwa vier bis fünf Stunden/ha freisetzen wird. Bei Kostensenkungen von rund 150 Euro/ha wird der Gewinn erhöht. Gleichzeitig werde eine Freisetzung von Arbeitskräften eintreten, den Habermeyer beim Untersuchungsgebiet auf circa 16 bis 18 AK schätzt. In einem Dorfbeispiel mit gut 400 ha LN und sechs landwirtschaftlichen Acker­baubetrieben unterschiedlicher Größe und Ausgangslage zeigt er, wie in einem Kooperationsprojekt die Betriebe in einem Netzwerk ihre Existenz sichern könnten.

Flächenkonkurrenz belastet

In der Ausgangssituation sind die sechs Betriebe selbst mechanisiert, wirtschaften nebeneinander und konkurrieren um Fläche mit dem Ergebnis hoher Kosten, geringer Entwicklungsperspektiven für die Einzelbetriebe und ungünstigen Parzellenstrukturen. Die Betriebe:

  • A 150 ha HE (Marktfruchtbetrieb mit Hofnachfolger),
  • B 70 ha NE (Vater und Sohn arbeiten in außerlandwirtschaftlich und finanzieren so eine „Hobbylandwirtschaft“),
  • C 80 ha HE (Hofnachfolger lebt betriebsfern, will den Betrieb weiterführen, Ehefrau ist wegen der hohen Kapital- und Arbeitsbelastung dagegen),
  • D 35 ha und E 40 ha (beide Betriebe werden seit zwei Generationen im NE bewirtschaftet, unterhalten gemeinsam mit A einen Pflug und Saatbettkombination),
  • F 30 ha NE (nutzt gelegentlich Maschinen von B und C, Sohn will so nicht übernehmen).

Außenwirtschaftsgemeinschaft

Im Ziel sollten die Landwirte eine Außenwirtschaftsgemeinschaft für mindestens 400 ha AF gründen (GbR). Über eine gemeinsame Anbauplanung und Nutzungsflächentausch könnten Voraussetzungen für den Einsatz von Hochleistungstechnologie geschaffen und Wege- und Rüstzeiten minimiert werden.

Betrieb A (Marktfruchtbetrieb mit Hofnachfolger) könnte seine Eigenmechanisierung in der GbR auf Hochleistungstechnik umstellen. Freie Arbeitskapazitäten nutzt er nun als Profi auf den Flächen der Partnerbetriebe. Er baut den Anbau seiner Intensivkulturen aus und nutzt hierfür auch Flächen und Arbeitskraft der Partnerbetriebe.

Betrieb B (Vater und Sohn arbeiten außerlandwirtschaftlich) nutzt die Hochleistungsmaschinen der GbR und kauft bei Bedarf Arbeitskraft hinzu.

Betrieb C (noch HE-Betrieb, Sohn lebt betriebsfern) nutzt Hochleistungsmaschinen der GbR. Vater fährt gelegentlich bei den Partnern. Sohn kauft als Betriebsleiter Maschinen- und Arbeitsleistung bei den Partnerbetrieben.

Nebenerwerbsbetriebe D, E und F nutzen Maschinen der GbR und das Know-how der Betriebe A und C.

Nach Habermeyer sind durch die gemeinsame Mechanisierung folgende Auswirkungen auf Kos­ten und Arbeitsstrukturen zu erwarten: Weizen kann künftig bei einer internationalen Wettbewerbsfähigkeit für 3,50 Euro Maschinenkosten und 1 Euro Lohnkosten (5 h x 15 Euro/h) je dt erzeugt werden. Gesamtbetrieblich würden jährlich 2 000 Akh in der Außenwirtschaft freigesetzt und 150 000 Euro Maschinenkosten eingespart.

Bei einzelbetrieblicher Betrachtung könne Betrieb A im Haupterwerb bleiben und zusätzliches Einkommen generieren. Die Betriebe B, D, E und F könnten als Nebenerwerbsbetriebe stabil weiter geführt werden, ebenfalls Betrieb C aus der Ferne. Die Hofstellen fielen nicht zusammen und die Flächen blieben bei den Bauern im Dorf. Frei werdendes Kapital könne für alternative Verwendungen eingesetzt werden.

Selbstständigkeit aufgegeben

Er macht auch deutlich, dass sich Landwirte bei der Umsetzung solcher Lösungswege oft sehr schwer tun. Ursachen hierfür lägen in der Aufgabe von Selbstständigkeit, von der man sich nur schwer trennen könne. Im Verständnis des Landwirts mit großer Freude an der Feldarbeit sei auf diese nur schwer zu verzichten. Auch wolle man nicht von Berufskollegen abhängig sein. Die Arbeit mit Lohnunternehmern falle im Allgemeinen leichter.

Ein weiteres Hindernis für Kooperationsbildungen sei auch das Wettbewerbsdenken der Landwirte untereinander. Beispielsweise könne der Partner auch Pachtkonkurrent sein. Besonders problematisch sei auch die Tatsache, dass bei den betroffenen Landwirten das kaufmännische Bewusstsein nur wenig ausgebildet sei und alle Beratungspartner und Meinungsbildner in der zurückliegenden Zeit das einzelbetriebliche Denken gefördert hätten.

Welche Aufgaben hat Beratung?

Die Beratung zu Kooperations­formen müsse daher daran arbeiten, dass neue Erkenntnisse in das Bewusstsein Eingang finden. Hierzu zähle die Akzeptanz, dass ein Nebeneinander von Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben beiden Betriebsformen helfe und es nicht unbedingt erstrebenswert sei, als einziger Landwirt im Dorf übrig zu bleiben. Hierunter könne beispielsweise die Akzeptanz der Landwirtschaft bei Nicht­landwirten leiden, die Infrastruktur des Dorfes schlechter werden und alle Pacht- oder Kauf­erlöse aus der Landwirtschaft herausfließen.

Kooperationen hätten nach den Erfahrungen aus Bayern eher zusätzliche Nutzen, indem gut funktionierende Maschinengemeinschaften oft zu erfolgrei­chen Einkaufs- und Vermarktungskooperationen führten und diese wiederum der Kristallisationspunkt für weitere Kooperationen seien. Wenn dies nicht funk­tioniere, könne man ohne größeren Schaden auch wieder auseinander gehen.

Betrieb nach Familie ausrichten

Nach Habermeyer müssen die Ziele jeglicher Entwicklung an den Wünschen und Bedürfnissen der Familie ausgerichtet sein. Diese würden in den Kooperationsseminaren des Kuratoriums in den Mittelpunkt gestellt, wobei die Teilnehmer eingangs unter dem Motto „Im Leben zählt noch mehr als das Geld“ aufgefordert würden, in einer Zukunftsvision den Idealzustand ihres Betriebs zu beschreiben. Zu den Aspekten Berufliche Selbstverwirklichung, glückliches Familienleben, gesellschaftliche Anerkennung und körperliches Wohlbefinden müsse jeder Seminarteilnehmer den nach seiner Vorstellung idealen Zustand von Betrieb und Familie skizzieren. Hiervon ausgehend könnten Fragen beantwortet werden: danach, wohin sich der Betrieb ent­wickeln soll, wo Ansätze zur Vereinfachung der Arbeitsbelastung liegen könnten, welche Lösungen zu Betrieb und Menschen passen und wie sich das in Akh und Euro auswirke. In einem weiteren Schritt würden die Teilnehmer zu gemeinsamen Planungen (Maschineneinsatzplanungen) aufgefordert und geübt. Hierbei könnten folgende Ziele realisiert werden: Die Partner lernen ihre Denk- und Arbeitsweisen bei der gemeinsamen Planung und die Ziele und Bedürfnisse der anderen kennen. Ferner soll hierbei auch gelernt werden, die eige-nen Ziele und Bedürfnisse zu formulieren. So komme eine Kommunikation auf Augenhöhe zu Stande, die Vertrauen schaffe und Kompromissbereitschaft fördere. Die Partner gehen leichter aufeinander zu und lernen, gemeinsame Regeln zu entwickeln, deren Einhaltung von allen akzeptiert wird und die für jeden verbindlich sind.

Überbetriebliche Zusammenarbeit fange beim Bedarf des Einzelbetriebs an. Kooperation bedeute daher das Erreichen eigener Ziele und Lösen eigener Probleme. Die Zusammenarbeit sei erst dann erfolgreich, wenn jeder Partner Vorteile habe und auch die Vorteile der anderen kenne.

Dr. Ernst-August Hildebrandt, LLH