Umwandlung von Wiesenwegen im Fokus

Rationalisierung der Bewirtschaftung – Bedeutung für die Natur

Die Umwandlung von unbefestigten Wegen und Feldrainen zu Ackerland ist seit einiger Zeit in den Fokus der Kommunen, der Naturschutzverwaltung und der Landespolitik gerückt. In den Gemeindevertretungen gibt es Anfragen zum Verbleib von Wegen und zu den Regelungen mit den Landwirten über deren Umnutzung. Das hessische Umweltministerium hat Ende 2015 eine Umfrage an die Regierungspräsidien, den Landesnaturschutzbeirat und den Städte- und Gemeindebund gerichtet, um sich einen Überblick über das Ausmaß zu verschaffen und die rechtlichen Umstände der Umwandlungen zu klären.

Unbefestigte Wege wie dieser Wiesenweg zwischen zwei Ackerschlägen erschließen die Feldflur. Mancher Weg kann aber auch überflüssig sein und, insbesondere zur Rationalisierung durch die Zusammenlegung von Schlägen, wegfallen. Dabei sind unter anderem das Naturschutzrecht zu beachten. Mit den Eigentümern, in der Regel die Gemeinden, muss eine Vereinbarung getroffen werden.

Foto: Mohr

In dem entsprechenden Schreiben beklagt die Staatssekretärin des Umweltministeriums, Dr. Beatrix Tappeser, dass sich die Hinweise mehrten, wonach Wiesenwege und Feldraine entfernt würden, um Bewirtschaftungseinheiten im Ackerbau zu vergrößern.

Grüne Infrastruktur für Tiere und Pflanzen

Das Umweltministerium verweist dabei auf die Bedeutung von Wiesenwegen und Feldrainen als grüne Infrastruktur für die Erhaltung der biologischen Vielfalt, gerade auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeits-, Biodiversitäts- und Klimaanpassungsstrategie des Landes. Die Entwicklung der Bestände der im Offenland wildlebenden Tier- und Pflanzenarten sei seit mehreren Jahren besorgniserregend rückläufig. Vorrang müsse deshalb der Erhalt der Funktionen dieser Wege- und Saumstrukturen im Ökosystem haben.

Rationalisierung der Bewirtschaftung

Aus Sicht der Praxis kommt hinzu, dass durch die Wege die Flächen erschlossen werden und deshalb ein Umbruch auch unter Landwirten nicht unumstritten ist. Gleichwohl werden Wiesenwege zum Erreichen der Felder vielfach nicht mehr benötigt. Grund für den Umbruch und somit die Vergrößerung der Schläge ist die Rationalisierung der Bewirtschaftung. Größere Einheiten haben unbestritten ein großes Kosteneinsparungspotenzial und darüber hinaus positive Umwelt- und Klimaeffekte, weil Treibstoff und damit Emissionen eingespart werden und der Boden noch stärker geschont wird, weil der Anteil an Vorgewende bei größeren Schlägen geringer ist. Aus den Antworten, die dem Ministerium bislang zu den Nutzungsregelungen vorliegen, geht hervor, dass in einigen Fällen eine nicht vereinbarte Landnutzung erfolgt. In anderen Fällen liegen Pachtverträge zwischen den Landwirten und den Kommunen zur Nutzung der Wiesenwege als Acker vor. Die Kommunen sind in der Regel die Eigentümer der Wege. Zum Teil sind die Wege durch Flurneuordnungsverfahren entstanden, indem die Verfahrensteilnehmer einen Abzug an der Fläche hingenommen haben. Die Bauern haben also vormals landwirtschaftlich genutzte Flächen zur Verfügung gestellt.

Nutzung mit der Gemeinde vereinbaren

Zunächst ist die Nutzung von Wiesenwegen eine privatrechtliche Angelegenheit. Demnach ist die Fläche von dem Eigentümer ordnungsgemäß zu übernehmen. Das kann durch den Kauf oder Pacht geschehen. Am praktikabelsten sind Vereinbarungen oder Verträge mit den Kommunen über die Nutzung der Wege ohne Eigentumsübergang. Dies wird am besten mit der Gemeindeverwaltung vereinbart. Eine solche Vereinbarung kann gegebenenfalls auch einen Ersatz für die Fläche beinhalten, zum Beispiel eine dann brachfallende Fläche am Ende eines Ackers, womit ein günstiger Zuschnitt des Schlages gewahrt bleibt. Diese Ersatzfläche würde in einer solchen Vereinbarung für die Dauer der Nutzung des Wiesenweges bestehen. Hierdurch ist keine Änderung des Katasters notwendig, und der Weg kann gegebenenfalls nach dem Ende der Vereinbarung wieder genutzt werden und wieder eine Erschließungsfunktion wahrnehmen, wenn sie gebraucht wird.

Beispiel freiwilliger Landtausch

In einem größeren Maßstab wurde eine Flächenzusammenlegung und in diesem Rahmen auch die Umwandlung von unbefestigten Wegen zum Acker in dem Projekt Freiwilliger Flächentausch in Panrod im Rheingau-Taunus-Kreis geregelt. Das Verfahren sieht eine freiwillige, privatrechtliche und schnelle Zusammenfassung von Wirtschaftsflächen vor ohne Änderung der Eigentumsverhältnisse auf Grundlage von Pachtverträgen und Tauschvereinbarungen. Unter Moderation der Hessischen Landgesellschaft (HLG) und Beteiligung der Flurbereinigungsbehörde und des Landwirtschaftsamtes haben Bewirtschafter und Kommunen in dem Projekt Vereinbarungen getroffen, mit dem Ziel den Landwirten eine rationellere Bewirtschaftung zu ermöglichen. Über Wegeflächen wurden entsprechende Pachtvereinbarungen getroffen. Bei dem Projekt wurde auch deutlich, dass bei den Kommunen durchaus Interesse besteht, Wege, für die sie eine Pflegeverpflichtung haben, zu verpachten.

Naturschutzrecht: Wann ist der Eingriff erheblich?

Die privatrechtliche Vereinbarung wird überlagert vom öffentlichen Recht. Das hessische Umweltministerium stellt heraus, dass der Umbruch eines Weges eine Veränderung der Gestalt oder Nutzung einer Grundfläche sei, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes führen könne. Schon deshalb sei dies naturschutzrechtlich ein Eingriff in Natur und Landschaft, der einer Genehmigungspflicht nach dem Bundesnaturschutzgesetz unterliege. Ob die Erheblichkeitsschwelle überschritten und damit ein naturschutzrechtliches Genehmigungsverfahren erforderlich ist, müsse im Zweifelsfall die Untere Naturschutzbehörde entscheiden. Wie das Ministerium schreibt, steht die Naturschutzverwaltung einer Veränderung der Erschließung einer Gemarkung nicht grundsätzlich entgegen, wenn die ökologische Funktion der Wiesenwege und Raine in der Gemarkung erhalten bleibt. Dies könne zum Beispiel durch die Verlagerung extensiv genutzter Grasstreifen an das Schlagende oder entlang von Gewässern erfolgen. Hierfür gebe es in ganz Hessen schon verschiedene positive Beispiele wie zum Beispiel im Landkreis Gießen oder im Taunus. Die Eingriffsgenehmigung sei eine gebundene Entscheidung, die zu erteilen sei, wenn ein Ausgleich erfolge. In einem Natura-2000-Gebiet kann der Umbruch von Wiesenwegen darüber hinaus ein Projekt im Sinne des § 34 des Bundesnaturschutzgesetzes darstellen. Solche Projekte dürfen das Schutzgebiet nicht erheblich beeinträchtigen. In derartigen Fällen ist deshalb der Umbruch vorher beim zuständigen Regierungspräsidium anzuzeigen. Der Umbruch von Feldwegen kann darüber hinaus das Flurbereinigungs- und das Wegerecht berühren. So kann aufgrund § 58 Flurbereinigungsgesetz ein in einem bestehenden Flurbereinigungsplan ausgewiesener und festgesetzter Feldweg nur durch Gemeindesatzung mit Zustimmung der Gemeindeaufsichtsbehörde geändert oder aufgehoben werden. Nach § 6 Hessisches Straßengesetz, das auch für Wege gilt, ist bei der vollständigen oder teilweisen Einziehung von Wegen ein Einziehungsverfahren vorgeschrieben. Danach ist die beabsichtigte Einziehung von Wegen drei Monate zuvor in der Gemeinde bekannt zu geben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Feldwege in der Regel beschränkt-öffentliche Gemeindewege, aber keine Privatwege sind. Von einem Einziehungsverfahren kann bei Teilstrecken von unwesentlicher Bedeutung abgesehen werden.

Bewirtschaftete Fläche im Sinne der Förderung

Soweit landwirtschaftliche Wege nicht mehr als solche genutzt werden und selbst eine landwirtschaftlich bewirtschaftete Fläche oder Teil einer solchen geworden sind, erfüllen sie im Übrigen die Voraussetzungen zur Teilnahme an der Flächenförderung (Direktzahlungen) nach VO (EU) Nr. 1307/2013. Die Förderung umfasst die ackerbauliche Nutzung nach Umbruch ebenso wie die Grünland- oder Dauerweidelandnutzung oder der Nutzung mit Dauerkulturen.

CM – LW 14/2017