Ein Land voller Kontraste

Landjugend erlebt Indien hautnah

Unglaubliche Bilder und Eindrücke sowie einzigartige Farben und Gerüche, die man nie vergessen wird, waren das Fazit der 18-köpfigen Reisegruppe der Hessischen Landjugend nach der 16-tägigen internationalen Agrarfachfahrt ins Schwellenland Indien. Die Studienreise, die zusammen mit der Karl Kübel Stiftung aus Bensheim durchgeführt wurde, richtete sich an Menschen aus dem landwirtschaftlichen und ländlichen Kontext und Interessierte, die Teile von Nord- und Südindien eingehend kennenlernen wollten.

Die Reisegruppe aus Hessen mit Kindern im Kinderhaus.

Foto: HLJ

Eintauchen in eine Welt voller Kontraste, intensives Erleben des indischen Alltags, hautnahe Begegnungen und der Austausch mit Landwirten und Händlern standen auf dem Programm. Der Querschnitt der vielfältigen Landschaften, Kulturen, Religionen und Paläste war für die Teilnehmer sehr beeindruckend. Besucht wurden die nordindischen Bundesländer Rajasthan, Uttar Pradesh, Madhya Pradesh sowie Tamil Nadu und Kerala im Süden des Landes. In den unterschiedlichen Entwicklungsprojekten der Karl Kübel Stiftung erfuhren die Teilnehmer von den gesellschaftlichen Herausforderungen, denen die 1,3 Mrd. Einwohner Indiens gegenüberstehen. Auf dem Reiseplan standen täglich mehrere Projekt- und Betriebsbesuche sowie abendliche Reflexions- und Vorbereitungseinheiten. Einige wenige Gelegenheiten zum Besuch von Märkten sowie Fort- und Tem­pel­anlagen ergaben sich am Rande des anspruchsvollen Bildungs­programmes. Die letzten zwei Reisetage hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, in einem Back­water­hotel südlich von Kochi die Eindrücke und Erlebnisse der vergangenen 15 Tage zu verarbeiten.

Ein Höhepunkt der Fahrt war der Besuch des Taj Mahal, das der Mogul Shah Jahan als Grabstätte für seine Frau Mumtaz Ma­hal in Agra errichten ließ. In Jaipur, der Hauptstadt Rajasthans, die ihren Beinamen „Pink City“ wegen der einheitlich rosaroten Farbe der Gebäude im Altstadtviertel hat, standen der City Palace und das Observatorium auf dem Besuchsplan. In Udaipur, auch „Venedig des Ostens“ genannt, standen der Besuch des örtlichen Marktes, des City Palace und des Jagdish Tempels auf dem Programm.

Frauen in der Teeplantage

Foto: HLJ

Mit einer Schmalspurbahn aus der Kolonialzeit erreichte die Reisegruppe Ooty, einen Ort in den Nilgiribergen. Die Region ist für ihr landwirtschaftliches Potenzial bekannt. Auf einer Teeplantage wurde der Unterschied zwischen weißem, grünem und schwarzem Tee erläutert. Über die Seidenproduktion erfuhren die Teilnehmer, dass diese mit der Herstellung der Nahrungsquelle der Seidenraupen, dem Maulbeerbaum, beginnt. Die Raupen verpuppen sich, wobei sie die Seide in Drüsen im Maul produzieren und in großen Schlaufen in bis zu 300 000 Windungen um sich herum legen. Um circa 250 g Seidenfaden zu erhalten, werden um die 3 000 Kokons benötigt.

Entwicklungsprojekte für Kinder

In Dholpur besuchte die Gruppe ein Projekt in einem traditionellen Steinabbaugebiet, wo flächendeckend gegen Kinderarbeit vorgegangen wird. Gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Schul­bildung und Rückführung ehemaliger Kinderarbeiter in den Schulbetrieb sind die Schwerpunkte. Beim Besuch des Abhaya Student Shelter, einer Einrichtung für Mädchen aus HIV-/AIDS-betroffenen Familien informierte sich die Gruppe über die Dimension von HIV und AIDS in Indien sowie über die soziale und wirtschaftliche Situation von betroffenen Familien.

Ehemalige Waldbewohner nun Landwirte

Kuh vor Transportwagen

Foto: HLJ

Auf dem Weg nach Shivpuri besuchte die Gruppe ein landwirtschaftliches Entwicklungsprojekt in einer dürregefährdeten Region des Bundesstaates Rajasthan. Ziel des dortigen Projektes ist es, die Ernährungssicherheit von 600 unter der Armutsgrenze lebenden Familien des Sahariya-Stammes, Ureinwohner aus den Waldregionen Indiens, durch wasser- und bodenkonservierende Maßnahmen, nachhaltige Landwirtschaft und alternative Einkommen schaffende Maßnahmen zu ermöglichen. Bei einem Treffen mit den „Todas“, einem matriarchalisch organisierten Hirtenstamm, bekam die Gruppe Einblicke in die Verarbeitung von Leinenstoff.

Kompost gegen Krankheiten

Der Besuch eines ländlichen Entwicklungsprojektes in Karamdai, etwa 50 km entfernt von Coimbatore, stellte ein von katholischen Ordensschwestern geleitetes Projekt vor, das sich auf den Aufbau von Frauenselbsthilfegruppen, Einkommensförderung und Bauprogramme konzentriert. Ein weiteres Projekt der Ordens­schwestern ist ein platzsparender Schnellkomposter für den Hausabfall. Dieser hat eine Doppelfunktion: Es wird vermieden, dass der Bioabfall, der sonst auf den Straßen und in den Gräben entsorgt wird, Ungeziefer anzieht und einhergehend Krankheiten entstehen. Des Weiteren entsteht für die neu implementierten Küchengärten wertvoller Dünger.

hlj – LW 17/2019