Infektionsbrücken meiden

Dritter Hessischer Rapstag am Landwirtschaftszentrum Eichhof

Zur Hauptblütezeit des Raps fand Anfang Mai der dritte hessische Rapstag auf dem Eichhof in Bad Hersfeld statt. Die zahlreichen Besucher erwartete eine Veranstaltung mit Fachvorträgen zu aktuellen Fragen der Rapszüchtung, zu neuen Herausforderungen im Pflanzenschutz und zur Wirtschaftlichkeit des Rapsanbaus sowie einem Nachmittagsprogramm auf den Versuchsfeldern mit praktischen Beispielen und Antworten zu Standort- und Sortenfragen, der Bestandesführung und zur Technik im Versuchswesen.

Zum Fachprogramm gehörte auch die Besichtigung der Versuchsflächen auf dem Eichhof. Dr. Marco Schneider (r.) erläuterte die Anlagen der diesjährigen Landes­sortenversuche Winterraps.

Foto: Ernst-August Hildebrandt

Bei der Eröffnung machte LLH-Direktor Andreas Sandhäger deutlich, dass mit dem hessischen Feldversuchswesen anwendungsorientierte Ergebnisse für die Praxis erarbeitet werden. Damit gebe der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Antworten zu den aktuellen Fragen der Praxis und biete den Landwirten wichtige Entscheidungshilfen zum standortgerechten Anbau und zur Bestandsführung von Marktfrüchten. Sandhäger sieht für die kommenden Jahre die Gefahr, dass von den Mittelkürzungen und Leistungseinschnitte der Landesregierung auch Leistungen des LLH-Versuchswesens betroffen sind.

Hybriden auf dem Vormarsch

Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Fried vom Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Justus-Liebig-Universität Gießen ging im Anschluss in seinem Fachvortrag zum „Stand und Perspektiven der Rapszüchtung“ auf aktuelle Themen und Fragen der wissenschaftlichen Grundlagenforschung ein. Obwohl beim Sortenangebot derzeit die Liniensorten zahlenmäßig überwiegen, nehmen die Hybriden stetig zu. Im Vergleich kann bei den Hybriden ein höheres Ertragspotential realisiert werden, das den höheren Saatgutpreis – bedingt durch einen höheren Aufwand bei der Erzeugung – auffängt. Fried erläuterte die Sterilitätssysteme, deren sich die Züchterfirmen heute bedienen, um Hybridsaatgut zu erzeugen. Der entstehende Heterosiseffekt nach der Kreuzung von Inzuchtlinien führt dann zu den gewünschten Ertragssteigerungen. Um Parameter wie Ölgehalt und Ölsäurespektrum, aber auch Resistenzeigenschaften im Vorfeld besser beeinflussen zu können, ist die Wissenschaft darum bemüht, die dafür zuständigen Gene auf den 19 Chromosomen des Rapses zu identifizieren und zu lokalisieren. Mit Hilfe sogenannter Marker werden die DNA-Sequenzen kartiert, die die Schlüssel-Gene für die entscheidenden Sorteneigenschaften tragen. Mit entsprechenden Techniken, die auf die entscheidenden Gene Einfluss nehmen kann stehen der Züchtung dann Wege zu wesentlich ertragsreicheren, widerstandsfähigeren und hochwertigeren Rapssorten offen. Da die Wege zu dieser Züchtungsarbeit über wissenschaftliche Grundlagenforschung an den Hochschulen eröffnet wird, hängt die Realisierung auch davon ab, inwieweit die Gesellschaft bereit ist, ausreichend Mittel für die Grundlagenforschung bereit zu stellen. „In diesem Sinne sitzen wir im gleichen Boot“, so Fried an Sandhäger gewandt, denn zur Erreichung der Ziele sind umfangreiche und aufwändige Versuchsanstellungen notwendig.

Stickstoffverwertung

Bearbeitet werden derzeit bereits Fragen zur besseren Stickstoffverwertung der Rapspflanze. Im Vergleich der notwendigen N-Düngung zur N-Ausbeute durch den Kornertrag scheint hier noch großes Potenzial vorhanden. Ein wesentlicher Aspekt künftiger Züchtungsarbeit ist nach Darstellung Fried auch in der Verbesserung der Trockenheitsresitenz bei Raps zu sehen. Hierbei interessiert besonders die Wurzelentwicklung und Durchwurzelungsintensität des Bodens. Sollten Früh­jahrs- und Vorsommertrockenheit drastisch zunehmen und häufiger Ausmaße erreichen, die den derzeitigen Bedingungen entsprechen, sieht Fried allerdings erhebliche Probleme. Die Entwicklung trockenresistenter Sorten wird mit den heutigen Möglichkeiten der Pflanzenzüchtung wohl erst über eine Zeitspanne von 20 bis 30 Jahren zum Erfolg führen.

Künftig gelbe Rapskörner?

Weitere Ziele der Züchtung sind verbesserte Samenqualitäten mit physiologisch verbesserten Ölsäuremustern. Dabei wächst auch der Anspruch auf verbesserte Möglichkeiten der Rapskuchenverwertung, der derzeit bei Schweinen nur sehr eingeschränkt und bei Geflügel noch nicht eingesetzt werden kann. Gelbe Körnervarietäten mit wesentlich geringeren Ligningehalten scheinen diesen Nachteil der bisherigen Rapssorten nicht zu haben und können von Schweinen und Geflügel als Eiweißfutter genutzt werden. Es spricht einiges dafür, dass man diese Eigenschaft der gelbschaligen Rapssorten nutzen wird und künftig der dunkelsamige Raps verdrängt wird. Bei der Resistenzzüchtung gegen Phoma, Verticillium und Sclerotinia sind Entwicklungen erfolgversprechend, die Resynthese-Raps als Resistenz-Donor verwenden. Als Beispiel nennt Fried neue Züchtungen aus Kreuzungen von Chinakohl und Wildkohl (Brassica rapa chinensis x Brassica oleracea acephala). Ohne Verwendung von Gentechnik könnten die Resistenzgene dieser Kreuzungen auf neue Hybriden übertragen werden. So könnten auch Sorten entstehen, die gegen Kohlhernie resistent sind und eine engere Fruchtfolgestellung des Raps ermöglichen.

Anbaupausen sind wichtig

Eberhard Cramer vom Pflanzenschutzdienst Hessen beim Regierungspräsidium Gießen sieht gerade bei enger Fruchtfolgestellung unter vier Jahren der derzeitigen Rapssorten die größte Gefahr für Pilzerkrankungen und Schädlingsbefall. Wichtig sei bei der Einhaltung von Anbaupausen auch die Vermeidung von Infektionsbrücken durch Auflaufraps oder Unkräuter in den Folgekulturen. Entscheidend sei die rechtzeitige Erkennung eines Befalls. Gegen Verticillium könne der Praktiker lediglich mit längeren Anbaupausen oder durch resistente Sorten reagieren. Gleiches sei auch gegen Phoma-Befall zu empfehlen, da mögliche Fungizidbehandlungen beim Behandlungstermin nicht erkennen ließen, ob die Behandlung im Nachhinein rentabel war. Cramer wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Praktiker zur Einschätzung der Phomabekämpfungswürdigkeit auf computergestütze Prognosemodelle (Beispiel Proplant – Phoma-Regionalprognose des Rapool-Rings unter www.rapool.de) im Internet zurückgreifen können. Häufig würden gleichzeitig Wachstumsregler eingesetzt, die den Phomabekämpfungseffekt überlagern könnten. Cramer empfiehlt daher, bei der Sortenwahl auf Phomatoleranz zu achten.

Resistenz bei Rapsglanzkäfern

Gabriele Käufler vom LZ Eichhof stellt die Bodeneigenschaften des Standorts vor.

Foto: Ernst-August Hildebrandt

Bei Sclerotinia (Weißstängeligkeit) seien in Bekämpfungsversuchen des Pflanzenschutzdienstes zur Rapsblüte in Abhängigkeit des Befalls und der Fahrgassenbreite nur in 50 Prozent der Fälle wirtschaftliche Mehrerträge erzielt worden. Dabei sei entscheidend, dass die Befallsstärke über 20 Prozent beträgt und die Fungizidbehandlung termingerecht erfolgt. Hilfreich sei hierbei das Sclerotinia-Prognosesystem „ScleroPro“ (über www.isip.de). Die Sclerotinia-Behandlung habe zusätzliche Effekte gegen Rapsschwärze und Grauschimmel und führe so zu einer höheren Platzfestigkeit der Schoten. Diese reifen gleichmäßiger mit den unteren Schoten ab. Durch einen späteren Erntetermin könne so der Ölgehalt der Samen gesteigert werden. Hinsichtlich der Pyrethroidresistenzen bei Rapsglanzkäfern seien die Typ-2-Pyrethroide ab 2011 kaum noch wirksam und sollten in Hessen nicht mehr eingesetzt werden. Natürliche Gegenspieler wie Schlupfwesten und räuberische Laufkäfer oder deren Larven seien hilfreich, sie treten allerdings etwas zeitversetzt auf, da erst genügend Nahrung vorhanden sein muss. Insektizidbehandlungen können die Nützlinge allerding empfindlich stören und deren Wirkung beeinträchtigen.

Rentabilität höher als Getreide

Betriebswirtschafterin Anne Mawick vom LLH ging anschließend auf die Wirtschaftlichkeit des Rapsanbaus ein und stellte fest, dass in der näheren Zukunft mit stabilen Rapspreisen zu rechnen sei, da auf den Märkten derzeit die Nachfrage über dem Angebot liege. Langfristig werde sich an dieser Entwicklung kaum etwas verändern, da die Märkte kontinuierlich eine steigende Nachfrage erzeugen würden. Hierfür spreche eine stetige Zunahme der Bioenergie, ein steigender Flächenverbrauch und eine zunehmende Volatilität. Nach Betrachtung der Ergebnisse aus dem hessischen Testbetriebsnetz wandte sich die Referentin den Kosten des Produktionsverfahrens Winterraps zu und stellte fest, dass unter den derzeitigen Marktbedingungen dem Raps eine Vorzüglichkeit gegenüber Gerste und Weizen einzuräumen ist. Lediglich Energiemais erreicht derzeit vergleichbare Deckungsbeiträge, die um circa 10 Prozent über denen des Getreideanbaus liegen.

Wirtschaftliches Risiko steigt

Wichtig ist jedoch, dass die Betriebe die Kosten ihrer Produktion kennen und die Finanzierung im Blick behalten. Durch die größere Volatilität der Märkte, werden auch die Betriebsergebnisse stärker schwanken. Das wirtschaftliche Risiko der Pachtbetriebe wird zunehmen, da der Kostenanteil der Pacht steigt und Zulagen und Zuschüsse künftig eher sinken werden. Mit der zunehmenden Volatilität werden auch die Betriebsmittelpreise und Kosten für Energie steigen. Wenn möglich, sollten Einsparungen durch Lagerhaltung oder Gemeinschaftsbezug wahrgenommen werden. In der Produktionstechnik ist das wirtschaftliche Optimum anzustreben. Nicht der maximale Ertrag führt zum höchsten Gewinn. Orientierung kann hier die Pflanzenbauberatung des LLH bieten. Schließlich sind alle Reserven der Arbeitserledigungskosten zu nutzen. Hierzu zählen auch überbetriebliche Maschinenverwendung durch Maschinenringe und Lohnunternehmen.

Sortenversuche vorgestellt

Auf dem Rapsversuchsfeld bot sich am Nachmittag für die Besucher die Gelegenheit die Standortverhältnisse des Eichhofs und die Rapsanbau- und Sortenversuche in Augenschein zu nehmen. Marktfruchtbaureferentin Gabriele Käufler und Dr. Marco Schneider vom Landwirtschaftszentrum Eichhof erläuterten anhand eines Bodenprofils die Standortverhältnisse, führten durch die Rapsversuche und standen Rede und Antwort zu den Versuchsanstellungen und Behandlungsmaßnahmen. Dr. Hildebrandt, LLH