Innovationen im Obstbau

Perspektiven für Zwetschen und Chancen für Kiwibeeren?

Im Rahmen der Agrartage Rheinhessen fand in Nieder-Olm der rheinhessische Obstbautag statt. Dem Motto „Rheinhessen denkt an morgen“ entsprechend, informierten sich die Obstbauern über künftige Möglichkeiten der Zwetschenvermarktung und über Produktinnovationen wie die Kiwibeere. Bisherige Erfahrungen aus dem Versuchsanbau mit der neuen Obst­art sind recht vielversprechend als Ergänzung der Produktpalette. Wertvolle Tipps gab es für die Organisation im Obstbetrieb, um Arbeitsabläufe zu optimieren.

Das Qualitätsprogramm Zwetty soll vor allem jüngere Kunden zum Verzehr von Zwetschen animieren.

Foto: Marktkontor Baden

Über die aktuelle Entwicklung bei Erzeugung, Vermarktung und Qualität von Zwetschen berichtete Hubert Schneider, Obst- und Gemüsevertrieb Südbaden. Zwetschen liegen auf dem 14. Platz auf der Verzehrsskala. Schneider ist davon überzeugt, dass es gelingen kann mit modernen Anbaumethoden und neuen Vermarktungsideen die heimischen blauen Früchte für den Verbraucher wieder attraktiver zu machen. Für eine bessere Vermarktung sollten die Sorten reduziert werden und die Frücht reif geerntet werden.

Weniger Zwetschensorten anbauen und wenn sie blau sind, sind sie reif

Die Zwetschenanlagen müssen ausge­dünnt werden, um optimale Fruchtgrößen zu erreichen und befriedigende Preise zu erzielen, erklärte Schneider. Zur Ausdünnung rät er zum Winterschnitt. Außerdem könne man das Fruchtholz nachschneiden. Optimal sei zwar die Handausdünnung, die der Markt aber nicht bezahlt. Schütteln scheidet aus, da die guten Früchte vom oberen Baumdrittel abfallen. Chemi­sche Ausdünnung ist weit verbreitet.

„Mach mal besser blau“, heißt der Werbeslogan für „Zwetty“, eine Quali­täts­marke für Zwetschen der baden-würt­tembergischen Erzeuger, die in 750-g-Schalen verkauft wird und den Absatz der blauen Früchte verbessern soll. „Kaufen und essen, der handliche Snack für zwischendurch, gerade wie frisch vom Baum“, das ist die Marketingstrategie für Zwetty. Die Erzeuger müssen die Werbeversprechen einlösen und möglichst gute Qualität liefern, machte Schneider klar. Ausdünnung und Mindestfruchtgrößen von 32 Millimeter sind Voraussetzung für die Teilnahme an solchen Projekten. Nach „Zwetty“ wurde auch „Mirell“ (Mirabelle) und Red´ kiss (Kirsche) eingeführt.

Schneider regte auch an, großfrüchtige Sorten wie „Tophit“ einzeln zu verkaufen. Auch hier ist eine große Frucht mit optimaler Ausfärbung und hohem Zuckergehalt Voraussetzung. „Reife Früchte werden vom Handel zurückgewiesen, weil sie weich sind. Also werden die Zwetschen zu früh gepflückt, wenn sie noch hart sind und kein Aroma haben und dann schleppend vermarktet“, brachte Alfred Lehr aus Mainz die Problematik der Zwetschenvermarktung auf den Punkt und mahnte „die Abnehmer frühzeitig einzubinden, damit diese den Verkauf der reifen Früchte zumindest probieren.“ Das Obst werde auch zu früh geerntet, weil die Preise zu Erntebeginn höher sind. „Wenn die Qualität stimmt, gibt es kein Geld mehr“, klagten die Prakti­ker. Martin Ley, Geschäftsführer der VOG Ingelheim, bestätigte diese Prob­leme. Seit Jahren gehe der Absatz bei Zwetschen zurück, weil Kunden die unreifen Früchte nicht wollen und nach der ersten Ettäuschung nicht nochmal zugreifen. In den Hofläden steige der Absatz, hier werde je nach Abverkauf immer frisch gepflückt. Handel und Erzeuger müssen ihre Qualitätsstandards angleichen, meinte Ley. Oft fehle beim Handel das Wissen um das Obst. Daran muss die Branche arbeiten zu Gunsten der Zwetschenvermarktung und zum Vorteil von Erzeuger und Handel.

Innovationen sind gefragt – neue Chancen mit Kiwibeeren?

„Für Innovationen besteht immer Interesse“, sagt Hubert Siegler. An der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau, Veitshöchheim, werden im Versuchsanbau „Minikiwis“ angebaut. Hubert Siegler berichtete von den Erfahrungen und sieht Chancen für die neue Obstart. Die „Mini-Kiwi“ ist eine eigenständige Obstsorte und gehört zur Familie der Strahlengriffelgewächse, die in Nord- und Ostasien beheimatet sind und strenge Fröste aushalten. Siegler bevorzugt den Namen Kiwibeere, weil sie die Größe von Stachelbeeren haben und mit Schale gegessen werden.

Die Pflanze braucht eine windgeschütze gute Lage, um Reibeschäden an den Früchten zu verhindern. Wegen der flachen Wurzeln ist keine tiefe, mechanische Bodenbearbeitung notwendig. Es gibt männliche und weibliche Pflanzen, die im Verhältnis 1: 6 oder 1: 8 gepflanzt werden. Die Kiwibeere hat einen hohen Wasserbedarf, sodass eine Zusatzbewässerung notwendig ist. Für eine optimale Fruchtqualität, muss die Pflanze jährlich geschnitten werden. „Spaliererziehung in einem Drahtrahmen, wie bei einer Rebzeile, ist einfach und kostengünstig“, hat Siegler festgestellt. Die Pflanzen sind anzuheften und bringen im vierten Jahr Erstlingsfrüchte. Im Juni und August wurden die Peitschentriebe entfernt. Zwei bis drei Mal pro Woche wurde bewässert, 30 m3 je Woche und Hektar.

Für eventuelle Einsteiger ist der Pflanzenbezug im Augenblick noch schwierig und muss rechtzeitig bestellt werden. Siegler hat verschiedene Sorten getestet und hält „Warzawa“ für erfolgversprechend. Die Vermehrung wird initiiert. Die „Rote Verona“ ist die schönste rotschalige Sorte. An der LWG Veitshöchheim sind in fast 20 Jahren Versuchsanbau keine tierischen oder pilzlichen Schaderreger aufgetreten, was einen Bio-Anbau möglich macht.

Die Woche planen und dem Tag Struktur geben

Margret Wicke, DLR Rheinpfalz, Klein-Altendorf, gab wertvolle Tipps für die Organisation im Obstbetrieb, um Arbeitsabläufe zu optimieren und stressige Arbeitstage in ruhigere Bahnen zu lenken. Sie gab praktische Beispiele für einen Arbeitsplan für immer wiederkehrende Arbeiten. „Gut organi­siert ist halb geschafft.“ In einer aufgeräumten Werkstatt findet man schnell das passende Werkzeug und sieht mit einem Blick was fehlt. Margret Wicke zeigte viele Ideen, die leicht umzusetzen sind. Sie empfiehlt Arbeiten aufzuschreiben und dann nach und nach abzuhaken. Telefonanrufe zu festen Zeiten bündeln, damit man sich nicht „verzettelt“. „Wer nicht plant, wird verplant“, sagt Wicke. „Geben Sie Ihrem Tag Struktur.“

bs – LW 5/2013