Innovatives Energiekonzept für Milchviehbetriebe
Lemmer-Fullwood bindet regenerative Energien ein
Die Eigenstromnutzung aus Solar- oder Windenergie kann sich für Milchviehbetriebe lohnen. Lemmer-Fullwood stellte vergangene Woche mit FullEnergy ein Energiekonzept vor, mit dem regenerative Energien bei der Milchproduktion effizient genutzt werden können. Aus Sonne oder Wind erzeugte Energie wird dabei zur Bildung eines Eisspeichers für die Milchkühlung und die Aufbereitung von Kochendwasser für die Melkanlagenreinigung verwendet.

Foto: Brammert-Schröder
AMS wird mit Photovoltaik betrieben
Bei Franz und Gerlinde Demmel in Königsdorf in der Nähe von Bad Tölz wird im neu gebauten Stall für 90 Kühe der Strom über Photovoltaikanlagen auf den Dächern selbst erzeugt und zu großen Teilen auch selbst verbraucht. Zwei Merlin-Melkroboter werden damit angetrieben, außerdem Spaltenschieber sowie der elektrische Futtermischwagen, der E-Hoftrac und der E-Radlader. Gesteuert wird das System über das Fullenergy-Konzept von Lemmer-Fullwood. Herzstück ist die neu entwickelte Fullenergy Steuerung. Sie übernimmt als sogenanntes „Smart-Grid“ die Steuerung eines intelligenten Stromnetzes und umfasst die Vernetzung und Steuerung von Stromerzeugern und elektrischen Verbrauchern. Der überschüssige Strom kann in dem System über die Bildung eines Eisspeichers für die Milchkühlung und für die Aufbereitung von Kochendwasser für die Melkanlagenreinigung verwendet werden.
Fullenergy ermöglicht es Milchviehhaltern, über 50 Prozent der erzeugten Energie aus einer Photovoltaikanlage direkt auf dem Hof zu verbrauchen. In Kombination mit Fullwood Milchkühlungen und Eisspeichersystemen können nach Angaben des Unternehmens je nach Größe zwischen 39 und 375 Kilowatt Photovoltaik-Energie gespeichert und nachts beziehungsweise an trüben Tagen zur Milchkühlung verwendet werden. Auf dem Betrieb Demmel ist zusätzlich noch ein 138 kW Batteriespeicher vorhanden, um größere Strommengen zu puffern. „Wir brauchen ungefähr 70 kW-Stunden Strom am Tag und können die doppelte Menge speichern“, so der Landwirt. Er hat schon vor einiger Zeit angefangen, möglichst viele Maschinen für die Arbeit rund um den Milchviehstall auf elektrischen Antrieb umzustellen, um den eigenen Strom optimal zu nutzen. „Außerdem ist die Luft im Stall wesentlich besser, wenn kein Dieselfahrzeug eingesetzt wird, und es herrscht weniger Lärm, so Demmel.
Inzwischen ist Demmel als Praxisbetrieb in das Projekt CowÂEnergy der Hochschule München-Weihenstephan eingebunden. In dem Projekt wird ein integriertes Farm-Management-System erforscht, das zur Automatisierung betrieblicher Abläufe und Verfahrensketten in der kombinierten Milch- und Energieproduktion in landwirtschaftlichen Betrieben führen soll. Weiterhin soll dieses System die Vernetzung in regionale Energienetze ermöglichen.
Energiesparende Kochendwasserreinigung

Foto: Brammert-Schröder
Sowohl die vorhandene Prozesswärme aus der Milchkühlung als auch die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien fließen in das System mit ein. Ein großer Wassertank dient dabei als Energiespeicher. Hierüber lassen sich die Spitzen in der Stromerzeugung bis zum Verbrauch zwischenspeichern. Das Wasser wird im vorgeheizten Zustand abgegeben.
Die BWAC II verfügt über eine dynamische Anpassung des Heizvorgangs, welche über eine Energy-Saving-Funktion gesteuert wird. Außerdem ist die erforderliche elektrische Leistung mit 4,5 kW sehr gering. Umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen belegen nach Angaben von Lemmer-Fullwood, dass die Betriebsmittelkosten für dieses System auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau liegen.
Dazu trägt neben dem geringeren Energiebedarf und der Möglichkeit, günstigeren Nachtstrom zu nutzen, auch der geringe Wasserbedarf bei, der sich aus der kurzen Spüldauer und dem Verzicht auf chemische Reinigungszusätze ergibt.
ibs – LW 41/2020