Investieren in Neu- oder Gebrauchtmaschinen?

Der neue Schlepper muss 1000 Stunden im Jahr laufen

Infolge der niedrigen Agrarpreise ist die Nachfrage der Betriebe nach Maschineninvestitionen eingebrochen. Die Hersteller locken zu Saisonbeginn mit großen Rabatten. Lohnt sich der Kauf einer Neumaschine oder sollte man sich mit guten Gebrauchten zufriedengeben? Diese Frage analysiert Dr. Mathias Schindler von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen nach ökonomischen Maßstäben.

Sind noch nicht zu viele Stunden auf der Uhr und wurde der Schlepper vernünftig behandelt, gibt es für junge Gebrauchte gutes Geld.

Foto: Moe

Erscheinen Ihnen die Preise für Neuschlepper auch sehr hoch? Schon möglich, aber es wird auch viel Technik dafür geboten. Oder: Sind Sie sich sicher, dass ein „Gebrauchter“ die kostengünstigere Wahl ist? Welche Kosten der Schlepper verursacht, kann man am besten durch verschiedenen Szenarien in Modellrechnungen darstellen. Das wird am Beispiel eines Schleppers der Leistungsklasse 147 kW (200 PS) praktiziert. Betriebsbeispiele wurden durch den Auslastungsgrad (Betriebsstunden h) simuliert. Dies ist für drei Nutzungsansprüche kalkuliert worden:

  • 1 300 h/Jahr, 850 h/Jahr,
  • 400 h/Jahr.
  • Ferner die Nutzung des neuen Schleppers nach den Laufzeiten:
  • 3 Jahre (Varianten 1.1 bis 1.3), 6 Jahre (Varianten 2.1 bis 2.3),
  • 9 Jahre (Varianten 3.1 bis 3.3).

Für diese drei Einsatzstufen erfolgten auch Kostenschätzungen für die Varianten „Kauf eines jungen Gebrauchten“ (circa drei Jahre alt mit 3 900 h auf der Uhr) und Nutzung über drei weitere Jahre (Varianten V4.1 bis V4.3) sowie sechs Jahre (Varianten V5.1 bis V5.3). Außerdem gibt es Berechnungen für den Kauf eines „älteren“ Gebrauchten (circa sechs Jahre sowie 7.800 h), der dann drei Jahre genutzt werden soll (Varianten V6.1 bis V6.3).

Entscheidung auf Basis der Betriebsstunden fällen

Angesichts der Leistungsklasse wird bei einem Netto-Kaufpreis von 131 200 Euro, bei dem der Händler sagt, dass er nichts mehr daran verdient, auch klar, dass jegliches „Grün“ als Schlepperfarbe ausscheidet. Außerdem wird unterstellt, dass, wer häufiger einen „Neuen“ kauft, bessere Konditionen raushandelt, so dass der Schlepper bei Neukauf alle sechs Jahre 129 300 Euro und bei dreijährigem Umschlag „nur“ 127 000 Euro kostet. Die Basisdaten der Gebraucht- und Neuschlepper gehen aus der Ãœbersicht 1 als wesentliche Eckdaten der Varianten hervor. Die Anschaffungskosten, die Restwerte und die Auslastung sowie die Gesamtnutzung werden dargestellt. Daten zum variablen Aufwand (Diesel, Wartung und Re­paraturen) sind wie die festen Kosten (Abschreibung/Zinsanspruch) in Ãœbersicht 2 zu sehen. Mit 1 200 Stunden ist der Schlepper nach drei Jahren in der niedrigen Auslastungsstufe „fast neu“, allenfalls eingefahren und mit etwa 92 500 Euro noch relativ teu­er, während der Schlepper nach neun Jahren in hoher Auslastungsstufe bei 11 700 h nur noch für einen sehr geringen Restwert (hier: 12 740 Euro) vom Händler angekauft werden würde.

Wie Landmaschinenhändler An- und Verkauf kalkulieren

Da der Händler jeden Schlepper erst einmal aufbereitet, wird er außer der Marge für seinen Abwicklungsaufwand, die Standzeiten, Zwischenfinanzierungskosten und das Marktrisiko auch die Instandsetzungskosten auf den Ankaufspreis aufschlagen, so dass die Käufer eines dreijährigen Gebrauchten mehr zahlen müssen als der Händler dafür ausgegeben hat. Die Differenz zwischen den be­rühmten Händleran- und -ver­kaufspreisen wird beim „Dreijährigen“ mit 8 500 Euro (79 000 minus 70 458) angesetzt. Für den Besitzerwechsel beim sechsjährigen Gebrauchten wird trotz oft höheren Instandsetzungsaufwands weniger Aufpreis angesetzt (39 200 minus 34 124, rund 5 100 Euro), denn den will der Händler schneller loswerden und dann sind die Zwischenfinanzierungskosten, das Marktrisiko und die Standzeiten geringer. Für sämtliche der 18 Situationen (Varianten) wird eine Vollkostenbetrachtung in der Ãœbersicht 2 geschätzt. Dazu gehören als Festkosten die Abschreibung, die durch Verteilen des Wertverlustes (Anschaffungskosten abzüglich Restwert) auf die Nutzungsstunden ermittelt wird, und der Zinsanspruch, der sich aus dem durchschnittlichen Kapital (ermittelt nach der vereinfachten Formel „Anschaffungskosten plus Restwert) geteilt durch zwei) multipliziert mit dem Zinsansatz (hier: 3 Prozent) ergibt.

Tatsächlichen Kosten müssen erfasst werden

Auch müssen die variablen Kosten berücksichtigt werden. Die Kosten für Treibstoffe werden aus dem durchschnittlichen Dieselverbrauch und dem durchschnittlichen Dieselpreis der letzten drei Jahre errechnet. Ergänzend wird angenommen, dass mit einer steigenden Abnutzung auch der spezifische Dieselverbrauch leicht ansteigt. Für den Unterhaltungs- und Reparaturaufwand werden die Standardwerte nach KTBL-Daten zugrunde gelegt. Dabei wird durch die Korrekturfaktor-Tabelle berücksichtigt, dass die Reparaturkosten mit zunehmender bisheriger Laufleistung tendenziell ansteigen werden. Weil die oft bei zunehmendem Alter zu beobachtende höhere Reparaturanfälligkeit von Maschinen auch die Zuverlässigkeit einer termingerechten Arbeitserledigung beeinflusst, soll dies durch die sogenannten „Ausfallkosten“ berücksichtigt werden. Diese entstehen, weil Arbeiten aufgrund von Werkstattaufenthalten eventuell nicht zu optimalen Zeiten erledigt werden können und dies Ertrags- und/oder Qualitätsverluste zur Folge hat. Alternativ ist ein kurzfristiger (und damit meist teurer) Leistungszukauf denkbar, was in der Regel aber trotzdem noch günstiger wird. Weil nicht feststeht, wann diese „Kosten“ anfallen werden, sind dafür pauschal, je nach Ausgangssituation und weiterer Auslastung, Beträge zwischen 0,50 und 2,68 Euro/h angesetzt.

 – LW 7/2017