Kälte und Nässe machten dem Mais zu schaffen
Rückblick auf das Maisjahr 2010
Kein Jahr ist wie das andere und das gilt insbesondere für das Wetter. Nach meist überdurchschnittlich wärmeren monatlichen Tagestemperaturen zeigten sich 2010 die Hauptvegetationsmonate für den Mais mit Ausnahme des Juli zu kühl und zu feucht. Wie anpassungsfähig das vielfältige Maissortiment mittlerweile geworden ist zeigte die abgelaufene Vegetationszeit. Trotz der für den Mais ungünstigen Wachstumsverhältnisse konnten weitgehend noch durchschnittliche bis gute Erträge und Qualitäten geerntet werden. Allerdings konnten nicht immer die optimalen Erntetermine, vor allem beim Silomais, eingehalten werden.
Nach wie vor befindet sich der Maisanbau im Aufschwung, und die Anbauflächen steigen in allen Bundesländern kontinuierlich. Der Boom in der Biogasbranche hält unvermindert an. Dies gilt sowohl für Hessen als auch für Rheinland-Pfalz. In beiden Bundesländern sind noch mehrere Anlagen in Planung beziehungsweise im Bau. Somit sind zum Jahresende sowie für 2011 etwa 20 bis 30 weitere Inbetriebnahmen zu erwarten.Die größte Anlagendichte herrscht in Hessen im Landkreis Kassel mit 18 Biogasanlagen und in Rheinland-Pfalz im Landkreis Bitburg mit 37 Anlagen. Überproportional stieg im vergangenen Jahr die kummulierte Leistung der Biogasanlagen auf jetzt 40 000 kW elektrische Leistung an, was durchschnittlich rund 400 kW je Anlage bedeutet. Auch hier treffen die Werte für beide Bundesländer gleichermaßen zu. Dies verdeutlicht, dass vor allem Großanlagen gebaut werden.
Besonders aufgrund des Biogasbooms hat sich die Maisanbaufläche deutlich ausgeweitet und stieg von 2009 in Hessen um 4 700 ha auf 43 400 ha und in Rheinland-Pfalz um 4 300 ha auf 38 900 ha im Jahr 2010. Dies entspricht 9,1 beziehungsweise 9,6 Prozent der Ackerfläche. Neben dem Energiemais konnte aber besonders in Rheinland-Pfalz der Körnermais um mehr als 2000 ha zulegen.
Saatgut und Aussaattechnik
Nach den Bienenschäden in Baden-Württemberg 2008 trat im Frühjahr 2009 die neue „Verordnung über das Inverkehrbringen und die Aussaat von mit bestimmten Pflanzenschutzmitteln behandeltem Maissaatgut“ in Kraft. Als einzige insektizide Beize stand im Frühjahr 2010, wie auch im Frühjahr 2009, Mesurol zur Verfügung. Für alle anderen insektiziden Beizen blieb nach den Vorfällen von 2008 das Ruhen der Zulassung bestehen.
Mittlerweile wurde die Beiztechnik weiter verbessert, so dass die Abriebfestigkeit erhöht und der festgelegte Abriebgrenzwert meist deutlich unterschritten wurde. Dies zeigten entsprechende Kontrollen. Auch die vorgegebenen Umrüstungen an den pneumatischen Sämaschinen zur Reduzierung der Abdrift von Beizstäuben waren zur Aussaat 2010 installiert, um den größtmöglichen Schutz von Mensch, Natur und Umwelt zu gewährleisten. Der größte Teil des Maissaatgutes war mit Mesurol behandelt. Damit war ein ausreichender Schutz gegen Fritfliegenbefall und Fasanenfraß vorhanden.
In den letzten Jahren kam es regional immer wieder zu stärkerem Drahtwurmbefall, der von Mesurol nicht ausreichend erfasst wird. Für besonders betroffene Flächen gab es zur Aussaat 2010 die Möglichkeit, mit einem speziellen Granulatstreuer das Präparat Santana mit dem Wirkstoff Clothianidin einzusetzen. Das sehr aufwendige Genehmigungs- und Ausbringungsverfahren für Landwirte, Handel und Verwaltung war allerdings wenig praxistauglich und wurde nur auf einigen Flächen in Rheinland-Pfalz umgesetzt.
Der April war allgemein sehr trocken mit intensiver Sonneneinstrahlung. Vielerorts fielen weniger als 10 mm Regen während des gesamten Monats. Dies bereitete besonders auf schweren Böden auch Probleme bei der Saatbettbereitung. Ab Mitte April wurde aber mit der Aussaat begonnen, die sich je nach Standortverhältnissen bis Ende der ersten Maidekade hinzog.
Auflaufphase und Jugendentwicklung
Das Wetter änderte sich im Mai grundlegend. Kühles und meist sehr feuchtes Wetter begleitete den Mais während der Auflauf- und Jugendphase. Von wenigen Tagen abgesehen lagen die Tageshöchstwerte bis zum 20. Mai meist nur zwischen 6 und 12 °C und waren damit deutlich zu kühl. Hinzu kamen fast täglich Niederschläge, vor allem in Südhessen, wo im Mai vielerorts zwischen 130 und 200 mm Regen fiel, in den übrigen Regionen zwischen 50 und 100 mm.Unter dieser Witterung litt der Mais stark, stagnierte im Wachstum und reagierte mit gelbverfärbten Blättern. Dies änderte sich erst zu Pfingsten, als über mehrere Tage eine Warmfront das Wachstum anschob. Allerdings dauerte es bis zur letzten Junidekade bis das Längenwachstum richtig in Gang kam. Allgemein hinkte die Entwicklung die gesamte Vegetationszeit etwa zwei Wochen hinterher.
Die richtige Strategie bei der Unkrautbekämpfung war meist nicht einfach. Um die Pflanzen nicht zusätzlichem Herbizidstress auszusetzen, wurde mit der Unkrautbekämpfung häufig bis zum Pfingstwochenende abgewartet. Hinzu kam, dass viele wärmeliebende Unkräuter und Hirsen erst spät aufliefen.
Somit waren zum späten Einsatztermin verträgliche blattaktive Präparate gefragt. Vielerorts gab es Nachbehandlungen gegen Spätverunkrautung. Allgemein hat die Ausbreitung der Hirsen weiter zugenommen. Für die Verbreitung von Unkrautsamen spielt auch die Ausbringung von Gärresten der Biogasanlagen eine Rolle.
Im Gegensatz zu 2009 waren Auflaufschädlinge (Collembolen, Tausendfüßler) und Drahtwürmer von deutlich geringerer Bedeutung. Nur örtlich kam es zu meist geringen Schäden und Pflanzenausfällen. Ebenso gab es 2010 nur einen schwachen Blattlausbefall.
Reifephase und Ernte
Die feucht-kühle Witterung des Mai fand im September während der Reifephase seine Fortsetzung. Häufige Niederschläge verzögerten den Erntebeginn, und meist war der optimale Reifegrad noch nicht erreicht. Die auf große Schlagkraft ausgerichtete Erntetechnik zwang manches Mal zu einem nicht optimalen Erntetermin bei meist zu hohen Kornfeuchten. Im Körnermais konnte man in diesem Herbst Auswuchs beobachten. Während dies beim Getreide im Laufe der Jahre immer mal wieder vorkommt, ist dieses Phänomen beim Mais äußerst selten.
Aufgrund der örtlich ungünstigen Witterung zog sich die Silomaisernte bis weit in den Oktober hinein.
Moderates Maiszünslerauftreten
Nachdem 2009 der Maiszünsler sich landesweit eindrucksvoll als Hauptschädling gezeigt hat, war in den meisten Regionen in diesem Jahr ein mittleres Auftreten zu verzeichnen. Zwar waren die Bedingungen zum Hauptflug, zur Eiablage und zum Larvenschlupf allgemein sehr günstig, allerdings war der Falterzuflug insgesamt recht schwach an den meisten Fangstationen.
Nach dem starken Befall des Vorjahres waren eigentlich günstige Bedingungen für dieses Jahr durch die vielen überlebenden Larven gegeben. Kritisch für die Überlebensrate und Verpuppung war jedoch die kühle und vor allem nasse Phase im Mai. Erhöhte Mortalität durch Verpilzung und Gegenspieler waren die Folge.
Niedrigerer Maiszünslerbefall zeigte sich vor allem in Südhessen (30 bis 80 Prozent in unbehandelten Flächen) und der Wetterau (5 bis 40 Prozent), während in Mittel-, Ost- und Nordhessen der Befall im Vergleich zum Vorjahr bei 1 bis 30 Prozent meist ähnlich war.
Allgemein hat das Thema Maiszünsler unter anderem bei Landwirten und Lohnunternehmern nach dem starken Befall 2009 an Bedeutung und Aufmerksamkeit gewonnen. Im Rahmen von vielen Feldtagen wurde das Thema Maiszünsler aufgegriffen und den Landwirten Auftreten, Schäden und Bekämpfungsmöglichkeiten erläutert. Hierbei spielt die Ernte- und Nacherntetechnik eine besondere Rolle. Aber auch die Anwendungstechnik zur Insektizidapplikation mit Hochradschleppern wurde auf einem Feldtag demonstriert.Bei der weiter zunehmenden Bedeutung des Maiszünslers sind die vorbeugenden Bekämpfungsmaßnahmen äußerst wichtig. Dazu zählen vor allem
- Tiefer Schnitt bei der Ernte
- Mulchen der Stoppeln; dadurch wird ein Großteil der Larven zerstört, die Strohrotte gefördert und die Fusariumgefahr reduziert
- Saubere Pflugfurche, möglichst 25 cm
Diese Maßnahmen sind die beste Vorsorge, vor allem wenn alle Maisanbauer in einer Region dieses gemeinsam durchführen. Die Bereitschaft, konsequent diese Maßnahmen umzusetzen, ist allerdings noch nicht überall vorhanden und muss dringend zunehmen!
Präparate zur Bekämpfung des Maiszünslers
In einem Versuch zur Bekämpfung des Maiszünslers am Standort Geinsheim (Hessisches Ried) wurden verschiedene Präparate zur Maiszünslerbekämpfung geprüft. Neben dem zurzeit einzig zugelassenen Präparat befinden sich mittlerweile mehrere weitere Mittel in der Zulassung. Von besonderer Bedeutung ist dabei Coragen, dass unter anderem bereits gegen Kartoffelkäfer zugelassen ist und sich durch eine hervorragende und lange Dauerwirkung bewährt hat. Die Versuche gegen den Maiszünsler zeigten in den letzten Jahren sehr gute Wirkungen, die über denen von Steward lagen.
Dies bestätigte sich auch in diesem Versuch, wo mit Coragen ein Wirkungsgrad von 95 Prozent und mit Steward von 86 Prozent erzielt wurde. Der Ausgangsbefall lag in der unbehandelten Kontrolle bei 49 Prozent befallener Pflanzen. Daneben wurden weitere Präparate geprüft, die in anderen Indikationen bereits zugelassen sind. Auch hier wurden gute Wirkungen um 90 Prozent erzielt, so dass in den nächsten Jahren eine breitere Palette an Insektiziden zur Maiszünslerbekämpfung zur Verfügung stehen wird. Der Versuch wurde auch beerntet. Dabei unterschieden sich die behandelten Varianten untereinander kaum. Durchschnittlich wurden Mehrerträge von 3 bis 5 dt/ha (2,5 bis 4 Prozent) erzielt bei einem Ertragsniveau von 121 dt/ha in der unbehandelten Kontrolle. Allerdings war keine statistische Absicherung möglich.
Kein Maiswurzelbohrerbefall im LW-Gebiet
Im Rahmen des vorgeschriebenen Monitorings wurde mit Hilfe von Pheromonfallen ein möglicher Zuflug des Maiswurzelbohrers in der Zeit von 1. Juni bis 30. September kontrolliert. In Hessen wurden an rund 80 Standorten über 200 Fallen aufgestellt. In keiner der Fallen wurde ein Maiswurzelbohrer gefangen. Eine weitere Ausdehnung des Maiswurzelbohrerbefalls hat in den angrenzenden Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern stattgefunden. Daneben hat der Maiswurzelbohrer erstmals Nordrhein-Westfalen erreicht, wo an zwei Standorten Käfer gefangen wurden. Ob im kommenden Jahr der Maiswurzelbohrer bei uns auftritt, bleibt abzuwarten. Das Monitoring wird fortgeführt.
Auf den meisten Standorten war nur schwaches Auftreten durch Maisbeulenbrand festzustellen. Örtlich gab es auf Flächen nach Hagel, Sturm und Starkregen stärkeren Befall. Nur sporadisch kam es zu Befall durch die Blattfleckenkrankheit (Helminthosporium turcicum) und den Maisrost (Puccinia sorghi). Michael Lenz, Regierungspräsidium Gießen, Pflanzenschutzdienst