Kaufbereitschaft der Verbraucher entscheidend

Online-Debatte mit Schmal und Dr. Hermanowski

Das politische Ziel, den ökologischen Landbau in Hessen auf einen Anteil von 25 Prozent anzuheben, sieht HBV-Präsident Karsten Schmal mit dem Hinweis auf eine große Biomolkerei, die einigen Lieferanten wegen Absatzproblemen bei Biomilch gekündigt habe, kritisch. Man dürfe das Marktgeschehen nicht aus dem Auge verlieren. Wenn das Angebot die Nachfrage überschreite, seien Preissenkungen mit allen negativen Folgen für die Erzeuger vorprogrammiert.

Vor dem Hintergrund der wachsenden Weltbevölkerung forderte HBV-Präsident Karsten Schmal die Zulassung neuer Züchtungsverfahren, wie CRISPR/Cas in Europa, um Pflanzenerträge nachhaltig zu sichern und zu steigern. Hermanowski lehnte dies mit dem Hinweis auf mögliche Folgeschäden kategorisch ab.

Foto: hbv

Diese Äußerungen tätigte Schmal laut einer Pressemitteilung des Hessichen Bauernverbandes (HBV) am Dienstagabend vergangener Woche in einer Online-Debatte in Frankfurt über die derzeitigen Probleme der Landwirtschaft und künftige Herausforderungen. Die Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main hatte zu diesem Dialog unter der Ãœberschrift „Landwirtschaft – quo vadis?“ HBV-Präsident Schmal und den Geschäftsführer des Forschungsinstituts für Biologischen Landbau (FiBL), Dr. Robert Hermanowski, eingeladen.

Schmal hatte eingangs darauf hingewiesen, dass die Stimmung unter den Landwirten angesichts überzogener Verschärfungen von gesetzlichen Vorschriften durch die Politik schlecht sei. Er nannte exemplarisch die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung und den Gewässerschutz und stellte klar, dass sich die Bauern nicht verweigerten. Die geforderten Maßnahmen müssten allerdings praktikabel und wirtschaftlich darstellbar sein.

Planungssicherheit für Investitionen unabdingbar

In Bezug auf die künftigen Anforderungen in der Zuchtsauenhaltung und Ferkelproduktion sei dies mehr als fraglich. „Bauliche Veränderungen sind sehr kostenintensiv. Daraus resultiert eine lange Amortisationszeit. Planungssicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen sind deshalb unabdingbar. Vor allem unsere Jugend braucht Perspektiven“, betonte Schmal. Er warnte vor kostentreibenden Auflagen. Dadurch bestehe die Gefahr, dass sich die Produktion, wie in der Ferkelerzeugung bereits geschehen, noch mehr ins Ausland verlagere. Das sei auch nicht im Sinne der Verbraucher und müsse deshalb von den politischen Entscheidungsträgern viel stärker bedacht werden.

Einkaufsverhalten und Umfragen nicht kongruent

Beide Verbandsvertreter waren sich darin einig, dass Verbraucher bereit sein müssten, für unter höheren Standards erzeugte Produkte mehr zu bezahlen. Leider klafften Bekundungen aus Umfrageergebnissen und das tatsächliche Einkaufsverhalten vielfach weit auseinander. Hermanowski plädierte für einen weiteren Ausbau des ökologischen Landbaus, wie auf EU-Ebene geplant, auf 25 Prozent. Das sei auch in Hessen machbar.

Regionale Erzeugnisse liegen im Trend

„Regional erzeugte Lebensmittel liegen seit Monaten mehr im Trend als Ökoprodukte. Entscheidend ist die Kaufbereitschaft der Verbraucher“, hob Schmal hervor. Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der wachsenden Weltbevölkerung sei die Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln und eine bedarfsgerechte Düngung unerlässlich.

Er forderte die Zulassung neuer Züchtungsverfahren, wie CRISPR/Cas in Europa, um Pflanzenerträge nachhaltig zu sichern und zu steigern. Hermanowski lehnte dies mit dem Hinweis auf mögliche Folgeschäden kategorisch ab.

Intensiv genutzte Flächen nicht zwangsextensivieren

Die Nutzung digitaler Technologien kann laut Schmal entscheidend dazu beitragen, noch umwelt-, klima- und ressourcenschonender sowie tiergerechter zu wirtschaften. Allerdings könne das nicht zum Nulltarif geschehen. Der Präsident der Polytechnischen Gesellschaft Frankfurt am Main, Professor Dr. Volker Mosbrugger, zog am Ende der Veranstaltung ein bemerkenswertes Fazit: Im Hinblick auf die Welternährungslage und die Verbesserung der Artenvielfalt sei es nach Auffassung vieler Wissenschaftler nachhaltig effizienter, Gebiete mit einer intensiven Landwirtschaft einerseits und Naturschutzflächen andererseits zuzulassen, anstatt Landwirtschaftsflächen extensiv und mit einer höheren Artenvielfalt zu nutzen.

LW – LW 38/2020