Kein Pardon für Biogasanlagen-Betreiber

Kfz-Steuerbefreiung in der Landwirtschaft

Das Gesetz räumt eine Befreiung von der Kfz-Steuer für Fahrzeuge ein, die ausschließlich bei der landwirtschaftlichen Urproduktion zum Einsatz kommen. Der Einsatz bei Fahrten für eine Biogasanlage gehört nicht dazu. Wer trotzdem dabei mit einem grünen Nummernschild erwischt wird, läuft Gefahr, mit einem Verfahren wegen Steuerhinterziehung konfrontiert zu werden.

Selbstfahrende Futtermischwagen können auch in der gewerblichen Tierhaltung eingesetzt werden, und die Einstufung als Sonderfahrzeug ist umstritten – eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs steht noch aus.

Foto: landpixel

„Aus agrarpolitischen Gründen sieht das Kraftfahrzeugsteuergesetz für Fahrzeuge, die zu bestimmten land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden, eine Steuerbefreiung vor“, so steht es auf der Website, der für die Kfz-Steuer zuständigen Generalzolldirektion. „Je nach Betrieb und Anzahl der Fahrzeuge kommen da schnell einige tausend Euro zusammen, und zwar jährlich. Doch der Landwirt sollte sich nicht zu früh freuen, denn es ist keineswegs so, dass alle Fahrzeuge eines Hofs steuerbefreit sind“, erklärt Josef Robl, Steuerberater und Leiter der LKC Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in Landshut. Eine Befreiung ist nur für Zugmaschinen (ausgenommen Sattelzugmaschinen), anerkannte Sonderfahrzeuge und Anhänger (ausgenommen Sattelanhänger) möglich, die ausschließlich zu begünstigten land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden. Was bedeutet das nun aber konkret?

Vom Offroader bis zum Mähdrescher

Wenn eine Zugmaschine ohne weiteres auch zur Personenbeförderung geeignet ist, etwa ein kräftiger Geländewagen mit Anhängerkupplung, scheidet die Steuerbefreiung schon einmal aus. Schlepper stellen hingegen begünstigte Zugmaschinen im Sinne des Kraftfahrzeugsteuergesetzes dar. Allerdings wird die Begünstigung nur gewährt, wenn ausschließlich Ernteprodukte und Vieh oder Bedarfsgüter wie Futter- und Düngemittel oder Gülle transportiert werden. Und zwar entweder für den eigenen oder in Lohnarbeit für einen anderen landwirtschaftlichen und nicht gewerblichen Betrieb. Dabei stellt der Sondereinsatz des Schleppers etwa bei Brauchtumsveranstaltungen, bei Feuerwehrübungen oder ähnlichen Aktionen kein Problem für die Befreiung dar. Bei Sonderfahrzeugen im Sinne des Kraftfahrzeugsteuergesetzes handelt es sich beispielsweise um Mähdrescher. Denn sie sind aufgrund ihrer Bauart nur für den Einsatz in der Land- und Forstwirtschaft geeignet und werden auch nur dort eingesetzt. Einer Begünstigung steht daher nichts im Wege. Hingegen kann ein selbstfahrender Futtermischwagen auch in der gewerblichen Tierhaltung eingesetzt werden. Deshalb ist die Einstufung als Sonderfahrzeug umstritten. Hier steht noch eine endgültige Entscheidung des Bundesfinanzhofs in einem Revisionsverfahren aus.

Zwischen Landwirtschaft und Gewerbebetrieb

Abgesehen von den genutzten Fahrzeugen, ist aber vor allem zu klären, was genau landwirtschaftliche Zwecke sind. So hat der verstärkte Bau von Biogasanlagen dazu geführt, dass die gewerblichen Transporte mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen stark zugenommen haben. Denn der Betrieb einer Biogasanlage und der Verstromung in einem Blockheizkraftwerk (BHKW) ist per Definition kein landwirtschaftlicher, sondern ein gewerblicher Betrieb. Vor diesem Hintergrund haben die Kontrollen der Polizei und des Bundesamts für Güterverkehr sowie des Gewerbeaufsichtsamts zugenommen. Dabei stehen insbesondere Transporte im Fokus der Behörden. Und die Kontrolleure geben sich längst nicht mehr damit zufrieden, dass der Fahrer pauschal angibt, für einen landwirtschaftlichen Betrieb unterwegs zu sein. Es wird zunehmend intensiver nachgehakt, wer der Auftraggeber ist und wie die Lieferverträge aussehen. Denn die Gerichte haben geurteilt, dass ein Landwirt, der zu 100 Prozent auf seiner Fläche Energiepflanzen für seine Biogasanlage anbaut, hinsichtlich der Kfz-Steuerbefreiung nicht als Landwirt gilt. Die Erzeugung von Biogas soll zwar steuerlich noch als landwirtschaftliche Urproduktion gelten – allerdings auch nur, wenn mindestens 50 Prozent der Einsatzstoffe aus der eigenen Landwirtschaft stammen, nicht aber die Verstromung im Blockheizkraftwerk. Denn ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb ist rechtlich gesehen eine Betriebseinheit, in der Boden, Betriebsmittel und Arbeit zusammengefasst sind und planmäßig eingesetzt werden, um Güter zu erzeugen, zu verwerten oder Dienstleistungen bereitzustellen. Den Unterschied erklärt Experte Josef Robl so: „Keine Land- und Forstwirtschaft, sondern ein einheitlicher Gewerbebetrieb liegt vor, wenn die land- und forstwirtschaftliche Betätigung nur eine untergeordnete Hilfstätigkeit darstellt und die gewerbliche Betätigung den Betrieb prägt. Dementsprechend handelt es sich um einen Gewerbebetrieb, wenn ein Land- und Forstwirt seine gesamte Ernte zur Energieerzeugung in einer Biogasanlage einsetzt und die erzeugte Energie entgeltlich an Dritte abgibt.“

Gesetzeslage:

Den Wegfall der Voraussetzungen für die Steuervergünstigung hat der Steuerpflichtige unverzüglich dem für ihn zuständigen Hauptzollamt schriftlich anzuzeigen. Eine unterlassene Anzeige kann als Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung geahndet werden.

Biogas und Landwirtschaft:

Die Erzeugung von Biogas soll steuerlich noch als landwirtschaftliche Urproduktion gelten, nicht aber die Verstromung im Blockheizkraftwerk – und das auch nur, wenn über 50 Prozent der Einsatzstoffe aus der eigenen Landwirtschaft stammen. Der Transport von Substraten für eine gewerbliche Biogasanlage etwa vom Lagerhaus zur Anlage ist nicht landwirtschaftlich, sondern gewerblich einzustufen – mit den entsprechenden Folgen hinsichtlich Führerschein, Kfz-Zulassung und Kfz-Steuer.

Zugmaschinen-Urteil:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 6. März 2013 entschieden, dass eine Zugmaschine, die in einem landwirtschaftlichen Betrieb eingesetzt wird, dann nicht von der Kfz-Steuer befreit ist, wenn die Erzeugnisse des landwirtschaftlichen Betriebs ausschließlich zur Energieerzeugung in einer Biogasanlage genutzt werden.

Erler

Gewerbebetrieb ohne landwirtschaftliche Privilegien

Soweit also die Gesetzeslage. Wird der Hof aber durch den Betrieb der Biogasanlage als Gewerbe eingestuft, entfallen alle für die Landwirtschaft geltenden Privilegien. Speziell beim Arbeiten mit Fahrzeugen bedeutet das unter anderem:

  • Eine Dieselsteuererstattung ist nicht mehr möglich.
  • Für Erntetransporte ist anstatt einem T-Führerschein ein Lkw-Führerschein notwendig.
  • Es müssen die gesetzlichen Lenkzeiten eingehalten und ein elektronischer Fahrtenschreiber installiert werden.
  • Auch die in der Landwirtschaft genutzten zulassungsfreien Anhänger bis 25 km/h dürfen nicht mehr eingesetzt werden – neben der Steuerpflicht muss der Anhänger zugelassen sein und eine gültige TÃœV-Plakette aufweisen.

Das Sonn- und Feiertagsfahrverbot spielt hingegen keine Rolle, denn Zugmaschinen mit Anhängern sind im Gegensatz zu Lastkraftwagen davon nicht betroffen. Werden die steuerbefreiten Fahrzeuge mit grünem Nummernschild nur gelegentlich für gewerbliche Einsätze verwendet, kann die das landwirtschaftliche Kennzeichen erhalten bleiben. Die Tätigkeit muss aber beim Finanzamt gemeldet und die Fahrzeuge für die Zeit des Einsatzes, jedoch mindestens für einen Monat, versteuert werden. Wer gegen diese Punkte verstößt und beispielsweise in einen Unfall verwickelt wird, bekommt nicht nur Probleme mit den Behörden, sondern auch mit der eigenen Kfz-Versicherung: Sie kann bei der Schadensregulierung den Landwirt unter Umständen in Regress nehmen.

Trennung von Biogasanlage und Landwirtschaft

Der Wegfall der landwirtschaftlichen Privilegien ist weitreichend. Das betrifft neben dem Betrieb von Fahrzeugen auch noch viele andere Bereiche, wie etwa das Baurecht. Doch welche Möglichkeiten gibt es, diese Privilegien nicht zu verlieren? „Eine Option wäre, die Stromerzeugung durch das BHKW in eine separate Firma auszulagern“, sagt Robl. Auf dem Hof würde weiterhin das Biogas produziert und es bliebe der Charakter des landwirtschaftlichen Betriebs erhalten. In der Praxis gestalte sich diese Trennung aber schwierig: „Sollte der Landwirt nicht genügend Fläche haben, um 50 Prozent der Energiepflanzen zu produzieren, würde er wieder als Gewerbebetrieb eingestuft“. Dann wäre zwar alternativ auch eine frühere Trennung in der Produktionskette möglich: und zwar zwischen Biogasanlage und Landwirtschaft. Aber auch das könne zu Problemen führen. Werde beispielsweise ein Betriebshelfer in der Landwirtschaft angestellt, sollte es beim Befüllen oder der Reparatur der Biogasanlage besser nicht zum Schadensfall kommen, so der Steuerspezialist für die Land- und Forstwirtschaft.

Die Betriebsform will gut überlegt sein

„Geht es nicht um den Betrieb, sondern nur um die Belieferung einer Biogasanlage, lässt sich viel mit der Gestaltung des Liefervertrags abwenden“, so Robl. „Wenn das Substrat nicht auf dem Halm, sondern frei Silo verkauft wird, kann der Transport nach landwirtschaftlichen Bedingungen erfolgen und der Landwirt ist nicht gewerblich unterwegs. Sollte aber beispielsweise noch ein Lohnunternehmer für das Häckseln im Spiel sein, muss der pauschalisierende Landwirt mit dem Nachteil leben, die Umsatzsteuer nicht geltend machen zu können“. Das zeigt, wie kompliziert das Zusammenspiel von Landwirtschaft und Gewerbebetrieb ist und dass viele steuerlichen Maßnahmen zwei Seiten einer Medaille aufweisen. Letztendlich komme ein landwirtschaftlicher Betrieb, der eine Biogasanlage mit BHKW betreibt an irgendeiner Stelle seines Betriebes immer mit der Gewerblichkeit in Kontakt. „Welche Betriebsform und welche Vertragsgestaltungen für den jeweiligen Hof die richtigen sind, will gut überlegt sein und lässt sich pauschal nicht beantworten“, erklärt Robl. „Das hängt von vielen einzelnen Faktoren ab. Die steuerlichen Gesichtspunkte sind zwar ein wichtiger Teil davon, entscheidend ist aber das Gesamtbild.“

Ulrich Erler – LW 48/2016