Keine Wirtschaftswege zu Radwegen umwidmen
BWV Südliche Weinstraße und Germersheim tagte
Auf der Kreisversammlung der Kreise Südliche Weinstraße und Germersheim im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd (BWV) vergangene Woche in Herxheim wurden viele Themen angesprochen, die die Landwirte und Winzer augenblicklich beschäftigen. Zentrales Thema war die Reform der Agrarpolitik, die zu weiteren Auflagen bei der Bewirtschaftung führen wird.

Foto: Brammert-Schröder
Ein Schwerpunkt der Arbeit im BWV-Kreisverband im vergangenen Jahr sei das neue Weingesetz gewesen, das bis 2025 erarbeitet und umgesetzt werden müsse, so Junker. Wichtig ist nach seinen Ausführungen, dass die Gemeinden, die noch keine parzellenscharfe Abgrenzung ihrer Weinbergsflächen vorgenommen haben, jetzt tätig werden (siehe Kasten S. 49). Hierfür könnten sich die Gemeinden an die Schutzgemeinschaft wenden.
Wirtschaftswege sind keine reinen Radwege
Junker sprach ein weiteres Thema an, dass zurzeit in der Südpfalz stark diskutiert wird: die geplante Pendler-Radroute von Landau nach Neustadt. Ende Mai wurde eine Machbarkeitsstudie fertiggestellt, in der eine Vorzugstrasse für die rund 20 km lange Strecke vorgeschlagen wird. Sollten Wirtschaftswege in die Radroute einbezogen werden, ist für den Kreisvorsitzenden die Position klar: „Einer Umwidmung stimmen wir nicht zu!“ Die Wirtschaftswege seien für die Winzer und Landwirte wichtig, um ihre Flächen zu erreichen. „Es kann nicht sein, dass die Landwirte von den Wirtschaftswegen vertrieben werden. Damit wird ein Keil in die Gesellschaft getrieben“, ergänzte Roland Bellaire, BWV-Kreisvorsitzender aus Germersheim.
Bellaire ging in seinem Jahresbericht auf die Besonderheiten im eher landwirtschaftlichen als von Weinbau geprägten Landkreis Germersheim ein. „Es war ein Jahr der Extreme“, so der Kreisvorsitzende. Auf Temperaturen von 25° C im März, einem kalten April und einer Hitzewelle mit über 35° C im Juni folgte das Starkregenereignis am 14. Juli, das im Ahrtal zu den Überflutungen geführt hat. Roland Bellaire dankte ebenso wie Landrat Dietmar Seefeld (SÜW) und Karl-Friedrich Junker allen Helfern aus der Südpfalz für ihre Solidarität und Hilfe für die Menschen im Ahrtal. Bellaire mahnte vor diesem Hintergrund die Pflege der Entwässerungssysteme an. Gerade im Kreis Germersheim komme es immer wieder zu Problemen mit Druckwasser aus dem Rhein. Auch im vergangenen Jahr seien einige Getreideflächen davon betroffen gewesen. Bellaire sprach den Flächenverlust für Wohnungsbau und Gewerbe an, der den Landwirten in der Region zu schaffen macht. Rund 2 000 ha seien für die nächsten Jahre vorgeplant. Gerade seien in Wörth 70 ha neu ausgewiesen worden – eine Fläche mit guten Bodenverhältnissen, die Ertragssicherheit gewährt und nicht vom Druckwasser betroffen ist. Im Sinne der nachhaltigen Ernährungssicherung müssten solche Flächen für die Landwirtschaft erhalten bleiben. „Wir können nicht so weitermachen wie bisher. Innovative Ideen sind bei der Regionalplanung nötig“, sagte der Kreisvorsitzende. „Leider findet die Landwirtschaft bei der Regionalplanung wenig Gehör.“
Wahlen
BWV-Kreisvorstand Südliche Weinstraße
Bei den turnusgemäßen Wahlen im Kreisverband Südliche Weinstraße wurde der Vorsitzende Karl-Friedrich Junker aus Impflingen einstimmig wiedergewählt und wird das Amt weitere fünf Jahre ausüben. Ebenfalls einstimmig wiedergewählt wurden die beiden Stellvertreter Thomas Knecht aus Herxheim und Ingo Pfalzgraf aus Billigheim-Ingenheim.
ibsBeregnung wichtig für Winzer und Ackerbauern
Ein wichtiges Projekt in beiden Landkreisen ist die Beregnung. Der Wasser- und Bodenverband Neupotz ist gegründet worden, die Organe müssen noch gewählt werden. Bellaire rechnet noch in diesem Jahr mit der Planfeststellung für die Beregnung. Erste Brunnen seien bereits angelegt und Wasserrechte erteilt worden. „Die Beregnung ist wichtig für die Zukunft der Betriebe“, so Bellaire. Auch Junker teilte die Ansicht, dass künftig bei zunehmender Trockenheit eine Beregnung im Weinbau notwendig sein wird.
Die Pläne zur GAP-Reform erfüllen die Landwirte mit Sorge, allen voran die Reduktionsziele bei Pflanzenschutzmitteln und Dünger. „Wenn sie so umgesetzt werden wie vorgesehen, bleibt so mancher Hänger leer“, fürchtet Bellaire. „Vor allem die Auflagen bei der Düngung in den Roten Gebieten, von denen beide Landkreise betroffen sind, machen uns zu schaffen.“ Hinzu käme eine Ausweitung der Wasserschutzgebiete und die Einschränkung bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten. „Das führt zu Wettbewerbsnachteilen in der EU“, führte der Kreisvorsitzende aus.
BWV-Präsident Eberhard Hartelt nahm zur Agrarpolitik Stellung. Die aktuellen Ereignisse wie Corona und der Krieg in der Ukraine haben seiner Ansicht nach zu einer gesellschaftlichen Werteverschiebung geführt. Viele Fragen müssten vor dem Hintergrund der letzten Ereignisse neu beantwortet werden, auch die der Versorgungssicherheit. „Die Diskussion um die Agrarpolitik war in der Vergangenheit geprägt von einer Versorgungssicherheit zu geringsten Preisen, von höchster Qualität und Überfluss“, so Hartelt. Möglicherweise habe es die Landwirtschaft auch an einigen Stellen übertrieben, etwa beim Trockenlegen der Moore, um die Flächen landwirtschaftlich zu nutzen. Das sei aus heutiger Sicht problematisch zu bewerten. „Aber auch in anderen Politikfeldern sind Fehler geschehen. Jetzt gilt es, diese Fehlentwicklungen festzustellen und abzustellen.“ Leider werde bei allen gesellschaftlichen Diskussionen über die Landwirtschaft der schwarze Peter der Landwirtschaft selbst zugeschoben. „Lassen Sie sich das nicht als Schuld einreden“, rief Hartelt den Landwirten zu.
Statt Brache aktive BiodiversitätsÂmaßnahmen
Es gebe im Gegenteil viele gute Beispiele, dass die Landwirtschaft viel für den Erhalt der Biodiversität tut. So wie in den verschiedenen Biodiversitätsprojekten in der Südpfalz, an denen gearbeitet wird. Hartelt betonte, dass das Abschlusspapier der Zukunftskommission Landwirtschaft kein Kompromisspapier ist. Es enthalte neben dem Grundsatz, dass die Landwirtschaft Klimaschutz im Rahmen ihrer Möglichkeiten leisten muss, auch den Grundsatz, dass die Landwirte für die Naturschutzleistungen auch bezahlt werden. „Es ist die Herausforderung der Politik, beides zu erhalten – Biodiversität und Landwirtschaft. Hierfür müssen Instrumente gefunden werden.“ Allerdings tue sich die Politik damit noch schwer, sowohl in Berlin als auch in Brüssel. Hartelt wirbt dafür, Flächen in aktive Biodiversitätsmaßnahmen zu bringen, statt sie einfach nur stillzulegen. Doch bisher sieht der deutsche GAP-Strategieplan, den Andrea Adams, Hauptgeschäftsführerin des BWV, im Anschluss vorstellte, nicht so aus, als ob integrierte Biodiversitätsmaßnahmen Eingang in die Politik finden würden.
Die Rahmenbedingungen der neuen GAP ab 2023 sind in LW 5, Seite 8-9, nachzulesen. Der aktuelle Stand der Bestimmung der einzelnen Punkte findet sich zudem auf der Homepage des BWV unter www.bwv-rlp.de.
ibs – LW 23/2022