Komfort und Tierwohl für 120 Mastbullen

Tag der offenen Tür am 20. August in Kaufungen

Der 50-jährige Georg Stiens war einst der größte Solarinstallateur Deutschlands und machte dann seinen Traum war, Landwirt zu werden. Er hält 120 Mastbullen und eine kleine Gruppe von Wagyu-Rindern (Kobe-Rinder). Am kommenden Sonntag, dem 20. August findet auf dem Betrieb im nordhessischen Kaufungen, Buschbreite 1, von 10 bis 18 Uhr ein Tag der offenen Tür statt.

120 Mastbullen werden im Betrieb von Georg Stiens in zwei Ställen gehalten. Am Sonntag, dem 20. August wird die Stallanlage interessierten Besuchern bei einem Tag der offenen Tür vorgestellt.Foto: Hildebrandt

Stiens Liebe zur Landwirtschaft wurde ihm bereits in die Wiege gelegt. Als viertes von fünf Kindern wuchs er auf einem Hof in Ascheberg im Münsterland auf. Die Betriebsnachfolge trat sein ältester Bruder an. Er selbst schaffte den Weg zur Landwirtschaft über die Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann, ein BWL-Studium, Anstellungen bei Bosch und einem Forst- und Gartentechnik-Unternehmen sowie einem Elektronik-Betrieb mit der Sparte Solar. 2004 machte er sich in diesem Bereich selbstständig und avancierte zum größten Installationsunternehmen für PV-Anlagen in Deutschland. 90 Prozent seiner PV-Kunden waren landwirtschaftliche Betriebe. 2010 ergab sich dann die Chance, in Kaufungen 70 ha LF zu pachten. Sukzessive weitete Stiens den Betrieb auf heute 120 ha LF aus (85 ha Acker, 35 ha Grünland). Der Betrieb firmiert jetzt unter dem Namen Stiens-Agrar und wird in der Außenwirtschaft durch eine enge Kooperation mit einem benachbarten Milchviehbetrieb geführt. Dieser hält die Technik für die Grünlandbewirtschaftung vor, während Stiens bis auf den durch Lohnunternehmer durchgeführten Mähdrusch und Häckselarbeiten die Technik für den Ackerbau vorhält.

Foto: Hildebrandt
Automatische Strohverteilung im Maststall

Herzstück des Betriebes sind zwei Bullenmastställe mit je 60 Tieren. Diese werden als Absetzer von Mutterkuhhaltern bezogen und im Alter von sieben bis acht Monaten und einem Gewicht von 250 bis 300 kg in großzügigen Einstreubuchten aufgestallt. Der Rindermist wird auf den Flächen des Betriebes verwertet. Gemästet wird bis zu einem Alter von 24 Monaten, wobei die Futterrationen aus einer Silage von 40 Prozent Gras und 60 Prozent Mais über einen Futterverteilwagen vorgelegt werden. Bevorzugte Rinderrasse ist Limousin, die künftig ausschließlich in den Stallanlagen bei Stiens-Agrar gehalten werden soll. Als technische Besonderheit zeigt sich eine automatische Strohverteilung durch eine Rohrkettenanlage mit Auswürfen, die über den Tierbuchten installiert sind. Zum Einstreuen werden Großballen in einem geschlossenen Bunker aufgelöst, dann gehäckselt, entstaubt und mittels der Förderanlage über den Tieren in kleinen Portionen breitwürfig verteilt. Weitere technische Highlights zeigen sich in den komplett mit Solarmodulen bedeckten Dächern mit einer Gesamtkapazität von 300 kWp. Zur optimalen Nutzung des Eigenverbrauchs wurden Stromspeicher installiert.

Hälfte der Tiere wird im Hofladen vermarktet

Stiens war klar, dass bei dem betriebenen Aufwand eine übliche Vermarktung der Mastbullen schnell zu einem defizitären Geschäft führen würde. So entschied der Unternehmer, eine bessere Erlössituation in der Direktvermarktung zu suchen –mit Erfolg. Von 80 Tieren, die jährlich zur Schlachtung kommen, werden gut die Hälfte über den eigenen Ladentresen an über 300 Stammkunden vermarktet. 25 Tiere gehen an ein Restaurant in Göttingen und etwa 15 Tiere verarbeitet ein Metzger in seiner Schlachterei. Alle Tiere werden in der Schlachterei Rohde in Witzenhausen geschlachtet, zur Qualitätsverbesserung zehn Tage abgehangen und anschließend zerlegt. Die Fleischportionen werden zumeist in Stücken von 500 Gramm vakuumiert und in Folie verpackt an die Kunden verkauft. „So ist Gefrierbrand ausgeschlossen und die Ware bleibt im Gefrierfach bis zu einem Jahr haltbar“, sagt Stiens. Wobei er auf die ausgezeichnete Qualität der Fleischprodukte hinweist, die auch von der stetig wachsenden Kundschaft bestätigt wird. „Die Tiere bekommen einen hohen Grassilageanteil in der Futterration. Dadurch wachsen sie langsamer und brauchen bis zur Schlachtreife vier bis sechs Monate länger als im üblichen Mastbetrieb.“ Das gesamte Fleischangebot wird unter www.stiens-agrar.de gezeigt. Und die Zukunft? Georg Stiens setzt weiter auf Bullenmast mit Direktvermarktung. Als Hobby sieht er die Wagyuzucht. Ab 2018 könnte es soweit sein, dass das seltene Fleisch auch von Stiens-Agrar angeboten wird. Und der 19-jährige Sohn stehe ebenfalls schon in den Startlöchern. Er habe sich entschlossen, eines Tages den Betrieb zu übernehmen und befinde sich in einer landwirtschaftlichen Ausbildung.

Dr. Ernst-August Hildebrandt – LW 33/2017