Kompetenzkreis fordert nationale Nutztierstrategie

Expertengremium legt seinen Abschlussbericht vor

Seine Forderung nach einer nationalen Nutztierstrategie hat der von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt eingesetzte Kompetenzkreis Tierwohl unterstrichen. Eine solche Strategie müsse den Rahmen der künftigen Nutztierhaltung „unter agrarpolitischen, gesellschaftspolitischen sowie umwelt- und tierverträglichen Aspekten“ beschreiben und „für Landwirte und Gesellschaft mehr Planungssicherheit und Transparenz“ schaffen.

Der Kompetenzkreis unter der Leitung von Gert Lindemann (l.) schlägt unter anderem ein Bund-Länder-Programm Tierschutz mit einer Weiterentwicklung des Agrarinvestitionsförderungsprogramms (AFP) und die Einführung eines staatlichen Tierwohllabels vor. Rechts: Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt.

Foto: Bmel, Thomas Imo/photothek.net

So heißt es im Abschlussbericht des 17-köpfigen Expertengremiums unter Vorsitz des ehemaligen niedersächsischen Landwirtschaftsministers Gert Lindemann, der vergangene Woche in Berlin übergeben wurde. Darin schlägt der Kompetenzkreis unter anderem ein Bund-Länder-Programm Tierschutz mit einer Weiterentwicklung des Agrarinvestitionsförderungsprogramms (AFP) und die Einführung eines staatlichen Tierwohllabels vor. Ausdrücklich verweist der Kompetenzkreis auf die Rolle der Wissenschaft für die Weiterentwicklung des Tierschutzes und hebt den Stellenwert des Beiratsgutachtens „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ hervor.

Minister Schmidt wertete den Abschlussbericht als Beleg dafür, „dass man im Dialog – vom Tierhalter bis zum Tierschützer – viel erreichen kann“. Schmidt bekräftigte sein Ziel, Deutschland zum Vorreiter in Sachen Tierwohl zu machen. Dafür benötige man wettbewerbsfähige und praxistaugliche Lösungen. Für Anfang 2017 kündigte er sein Konzept für ein staatliches Tierwohllabel an. Nach Angaben von Lindemann wurde der Abschlussbericht einstimmig verabschiedet. Der Deutsche Bauernverband (DBV) mahnte eine Folgenabschätzung der vorgeschlagenen Maßnahmen an.

Entweder Berufsausbildung oder Sachkundenachweis

Den Experten zufolge sollen künftig im Rahmen des AFP nur noch Ställe gefördert werden, die eine besonders tiergerechte Haltung und damit „eine vollständigere Ausübung arteigenen Verhaltens“ ermöglichen. Den Experten zufolge sollte die Förderung von Tierwohl unabhängig von Betriebsgrößen erfolgen und anhand von tierbezogenen Indikatoren sichtbar werden. Positiv wertet der Kompetenzkreis das Engagement der Wirtschaft zur Beendigung nicht-kurativer Eingriffe bei Nutztieren. Freiwillige Vereinbarungen müssen seiner Auffassung nach allerdings konkrete Fristen und messbare Schritte für eine Lösungsfindung und eine praktikable Umsetzung enthalten. Im Ergebnis müsse die Wirtschaft dafür Sorge tragen, dass nach einer Ãœbergangszeit nur noch solche Produkte in den Handel kommen, bei deren Erzeugung keine nicht-kurativen Eingriffe vorgenommen worden seien. Ausdrücklich betont der Kompetenzkreis die Bedeutung des Tierhaltungsmanagements und mahnt eine ausreichende Sachkunde der Tierhalter an. Betriebsleiter und Mitarbeiter, die über keine landwirtschaftliche Berufsausbildung verfügten, sollten dem Bericht zufolge einen Sachkundenachweis erbringen müssen. Begrüßt wird die geplante Einführung eines Prüf- und Zulassungsverfahrens für serienmäßig hergestellte Stalleinrichtungen. Allerdings dürfe das Verfahren nicht dazu führen, dass die Entwicklung von innovativen Stalleinrichtungen gehemmt werde.

DBV fordert umfassende Folgenabschätzung

Aus Sicht des Bauernverbandes enthält der Abschlussbericht zahlreiche Forderungen, für die noch keine praxistauglichen Lösungen zur Umsetzung verfügbar seien. Für die tierhaltenden Betriebe komme es aber grundsätzlich darauf an, umsetzbare und wirtschaftlich tragfähige Wege zur Weiterentwicklung zu finden. Unerlässlich sei deshalb eine umfassende Folgenabschätzung, die auch die wirtschaftliche Tragfähigkeit der empfohlenen Veränderungen beurteile, so der DBV in seiner Stellungnahme zum vorgelegten Bericht. Eine Weiterentwicklung der Tierhaltung könne zudem nur gelingen, wenn die Bau- und Umweltgesetzgebung dies auch zulasse. Der empfohlene Bund-Länder-Tierschutzplan könne ein wichtiger Schritt sein, die verschiedenen Projekte in Deutschland zielführend und effizient zu bündeln sowie schneller praktikable Lösungen zu finden. Eng damit verbunden sei die zeitnahe Entwicklung einer nationalen Nutztierstrategie. Diese sollte laut DBV zur Orientierung dienen und nicht auf die laufende Legislaturperiode des Bundestages begrenzt sein. Eine solche mittel- und langfristige Strategie sei geboten, um die aktuelle Verunsicherung der Tierhalter zu beenden. Die tierhaltenden Betriebe erhielten auf diese Weise dringend benötigte Sicherheiten für zukünftige Investitionen.

age – LW 38/2016