Konsequentes Eintreten für die Landwirtschaft wird erwartet

Parlamentarischer Abend der Landwirtschaft

Bürokratische Hindernisse, die Konflikte zwischen Landwirtschaft und Naturschutz sowie eine verlässliche, zukunftsausgerichtete Agrarpolitik waren die Hauptthemen beim Parlamentarischen Abend der Landwirtschaft vergangene Woche im Landesmuseum in Mainz. Landwirtschaftskammer-Präsident Norbert Schindler rief den zahlreich anwesenden Landtagsabgeordneten und Kabinettsmitgliedern die besondere Bedeutung der Landwirtschaft in Erinnerung.

Ökonomierat Norbert Schindler, Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, und Dr. Volker Wissing, Landwirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz sprachen am Parlamentarischen Abend zu den Winzern und Landwirten.

Foto: lwk rlp

Der Saal im Landesmuseum in Mainz war gut gefüllt, als Landtagspräsident Hendrik Hering den Parlamentarischen Abend der Landwirtschaft eröffnete. Zahlreiche Landtagsabgeordnete und Kabinettsmitglieder, aber auch Vertreter der Bauern- und Winzerverbände in Rheinland-Pfalz waren gekommen, um sich über aktuelle Themen auszutauschen. Davon gibt es in der Landwirtschaft genug, wie Ökonomierat Norbert Schindler, Präsident der Landwirtschaftskammer, in seiner Rede deutlich machte. Er machte die zunehmende Bürokratisierung mit dafür verantwortlich, dass in Rheinland-Pfalz der Strukturwandel zunimmt. 600 Betriebe hätten 2016 aufgegeben, übrig geblieben seien nur noch rund 17 500 Betriebe, das bedeute ein Minus gegenüber 2010 von 15 Prozent. „Ein Motor des Strukturwandels ist die zunehmende Bürokratisierung“, betonte Schindler. „Bestes Beispiel im negativen Sinne ist hier die neue Düngeverordnung.“ Es sei dringend notwendig, dass die Landwirte bei der Umsetzung Unterstützung erhielten.

„Es kostet unsere Existenzen“

„Landwirtschaft und Naturschutz“ war das Hauptthema der Rede von Kammerpräsident Norbert Schindler. Er sprach die nicht immer einfache Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden, besonders mit der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd, sehr deutlich an: „Mit einer Selbstverständlichkeit werden Eigentumsrechte an Grund und Boden eingeschränkt, Nutzungsmöglichkeiten nach der guten fachlichen Praxis beschnitten und damit direkt in das Vermögen und die Wirtschaftlichkeit unserer Familienbetriebe eingegriffen“, machte der Kammerpräsident deutlich. „Das ist für uns nicht mehr akzeptabel!“ Als Beispiel nannte er einen Winzer an der Südlichen Weinstraße, der trotz einer positiven Stellungnahme eines Gutachters eine 600 Quadratmeter große Halle in einem 26 Hektar großen Naturschutzgebiet nicht errichten darf. Schindler sprach auch die meist praxisfremden Bewirtschaftungspläne der Vogelschutzgebiete am Haardtrand und in Rheinhessen an, die einseitig von Seiten des Naturschutzes ausgearbeitet werden, ohne die Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer zur Kenntnis zu nehmen. „Man ist offensichtlich nicht an der Mitarbeit der Landwirtschaft interessiert. Das ist eine absolute Ignoranz des Naturschutzes gegenüber der Landwirtschaft und nicht akzeptabel“, sagte Schindler und forderte die Parlamentarier auf, darüber nachzudenken, ob dieses Vorgehen so gewollt sei.

Landtagspräsident Hendrik Heringhieß Landwirte, Winzer und Politiker willkommen.

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Der Kammerpräsident verwies auch auf positive Beispiele in Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden wie das Projekt zum Wiesenbrüterschutz im Westerwald. „Ich darf alle Akteure hierfür loben. So kann eine Partnerschaft zwischen Landwirtschaft und Naturschutz funktionieren“, so Schindler. Von Seiten der Landwirtschaftskammer wolle man weitere partnerschaftliche Projekte mit dem Naturschutz entwickeln. Die Stimmung bei den Bauern und Winzern sei allerdings auf dem Nullpunkt. Schindler betonte: „Wir erwarten ein konsequentes Eintreten für die Belange der Landwirtschaft gegenüber dem Naturschutz. Es kostet unser Geld, es kostet unsere Existenzen, und man vergreift sich am Eigentum der Bauern und Winzer.“

Landwirtschaftsminister Dr. Volker Wissing machte in seiner Rede deutlich, dass sich die Landesregierung als ein verlässlicher Partner an der Seite der Rheinland-Pfälzischen Landwirte und Winzer sieht. „Wir wollen auch nach 2020 eine starke erste Säule zur Einkommensstützung. Und wir setzen uns in Brüssel für einen dringend notwendigen Bürokratieabbau ein“, sagte Wissing. Er wisse sehr wohl, dass die landwirtschaftlichen Betriebe in den vergangenen beiden Wirtschaftsjahren erhebliche finanziellen Belastungen aushalten mussten, vor allem die viehhaltenden Landwirte. Der Klimawandel treffe die Landwirtschaft infolge der Wetterextreme in verstärktem Maße, was auch das Jahr 2017 zeige. Wissing zeigte sich aber optimistisch, dass sich die Situation auf den Agrarmärkten schrittweise weiter verbessert.

Wissing für zukunftsfähige Landwirtschaft

Der Minister machte deutlich, dass er für eine zukunftsgerichtete Politik steht, die den Interessen der landwirtschaftlichen Betriebe Rechnung trägt. „Landwirte müssen ein ausreichendes Einkommen erwirtschaften können, das hat Vorrang“, so Wissing und betonte, dass er sehr wohl um die berufsständischen Anliegen bei den Themen Naturschutz, Bürokratie und Flurbereinigung wisse. Ein Thema der Zukunft ist für den Minister die Digitalisierung, die auch die Landwirtschaft angeht. Besonderes Augenmerk lege er daher auf die Förderung von Investitionen in digitale Technik. Von der Smart-Farming-Strategie der Landesregierung erhofft er sich eine intelligente Vernetzung von Wissenschaft, Wirtschaft und Landwirtschaft, die aber auch praxisorientiert bearbeitet und vorangetrieben wird. Deshalb stelle die Landesregierung auch das SAPOS-Korrektursignal zur präzisen, digitalen Steuerung der landwirtschaftlichen Maschinen kostenlos zur Verfügung.

ibs – LW 35/2017