Kontokorrent: Wie hoch sollte der Rahmen sein?

Auf angepasste Kreditlinien beim Betriebskonto achten

Wird ein Kredit benötigt, stellt sich im Gespräch zwischen dem Betriebsleiter und dem Bankmitarbeiter oft die Frage nach der angemessenen Höhe des Kontokorrentrahmens. Faustzahlen darüber wie ein Monatsumsatz oder beispielsweise zehn Prozent vom Umsatz werden nur selten den Anforderungen des landwirtschaftlichen oder eines landtechnisches Unternehmens erecht. Wilko Lixfeld vom Bundesverband Lohnunternehmen geht im Beitrag den Fragen zur Kreditfinanzierung und -sicherung nach.

Der Landwirt hat selbst großen Einfluss darauf, welchen Kontokorrentrahmen ihm die Bank einräumt.

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Zu hohe aber auch zu niedri­ge Kontokorrentlinien wirken sich negativ auf den Betriebserfolg aus. Die Festlegung einer geeigneten Kontokorrenthöhe für Lohnunternehmen kann nicht pauschal beantwortet werden. Saisonale Schwankungen erschweren die Festlegung der Kontokorrentlinie.

Liquiditätsplan kann helfen

Einen genauen Aufschluss über die notwendige Kontokorrentlinie in einem Betrieb kann in der Regel nur ein Liquiditätsplan liefern. Das Erstellen eines Liquiditätsplans ist arbeitsinten­siv, aber wichtige Grundlage für eigene Planun­gen und den Dia­log mit Banken. Mit dieser Planung können selbst saisonale Schwankungen des Kontokorrentbedarfs abgebildet werden. Nur bei einem dem Unternehmen angepassten Kontokorrentrahmen entgeht der Betriebslei­ter teuren Überziehungszinsen, negativen Auswirkungen auf das Rating und kann gleichzeitig Schieflagen und Finanzierungsfehler früh erkennen. Gerade in den Betrieben der Landwirtschaft und den land­technischen Lohnunternehmen kommt ein starker Saisoncharakter erschwerend oft hinzu. Ein dem Unternehmen angepasster Kontokorrentrahmen ist wichtig für den Unternehmens­erfolg. Ein zu niedriger aber ebenso ein zu hoher Kontokorrentrahmen haben negative Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebes.

Wenn Rahmen zu niedrig ist

Die Folgen eines zu niedrigen Kontokorrentrahmens sind:

  1. Überziehungszinsen: Ist der Kontokorrentrahmen zu niedrig bemessen, kommt das Unternehmen schnell in die La­ge, den Rahmen überziehen zu müssen. In diesem Fall gewährt sich das Unternehmen selbst einen Kredit, was sich die Bank gut bezahlen lässt. Nicht selten ist die Überziehung des Kontokorrentrahmens mit Zinssätzen von 16 bis 18 Prozent verbunden. Ärgerlich ist daher, wenn die Überziehung auf einen zu geringen Kontokorrent-Rahmen zurückzuführen ist.
  2. Bonitätsbewertung: Die Überziehung des Kontokorrentrahmens wirkt sich negativ auf das Rating und die Bonitätsbewertung bei der Bank aus. Eine Folge sind höhere Zinssätze bei Investitionsdarlehen. Wenn überhaupt sollte die Kontokorrentüberziehung nur in Abstimmung mit der Bank erfolgen.
  3. Keine Skontoerträge: Kann das Unternehmen keine Skontoerträge mehr erzielen, geht wertvolle Rendite verloren. 3 Prozent Skonto bei einer Rechnung von 10 000 Euro erbringen einen Ertrag von 300 Euro. Die Inanspruchnahme des Kontokorrentkredits für einen Zeitraum von vier Wochen bei 10 Prozent Zinsen hingegen nur 76,71 Euro. 4. Verlust an Flexibilität: Wird das Konto ständig an der Belastungsgrenze geführt, verliert das Unternehmen an Flexi­bilität und unternehmerischem Handlungsspielraum. Der ständige Kampf um die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit, fordert außerdem viel Zeit und Kraft des Unternehmers. Auf Dauer wird dies eine Belastungs­probe für Unternehmen, Familie und Gesundheit.

Vorteil: Trotz allem lässt sich dieser Situation auch etwas Positives abgewinnen. Durch die hohen Zinssätze der Kontokorrentüberziehung und auch in der Regel auf Anraten der Bank wird der Unternehmer gezwungen, sich intensiv mit seiner Be­triebsplanung auseinander zu setzten. Vielfach wird ein Berater hinzugezogen und auch seitens der Bank erfolgt eine intensive Betreuung. Schief­lagen des Unternehmens werden so frühzeitig entdeckt und können leichter ausgeglichen werden.

Wenn Rahmen zu hoch ist

Die Folgen eines zu hohen Kontokorrentrahmens sind:

  1. Betriebliche Schieflage: Unternehmensschieflagen werden zu spät erkannt: Handlungsbedarf entsteht für viele Unternehmer und Banken erst wenn die Kontokorrentlinie überschritten wird. Wurde der Kontokorrentrahmen zu hoch gewählt und es wird trotzdem der Rahmen überschritten liegt eine Unternehmensschieflage vor. Durch den hohen Kontokorrentrahmen wird erst sehr spät der Handlungsbedarf erkannt. Unter Umständen ist ein Gegensteuern dann bereits zu spät oder nur noch sehr schwer möglich.
  2. Nicht ausgeschöpfter Rahmen: Wird der Kontokorrentrahmen zu hoch gewählt, jedoch niemals benötigt, nutzt das Unternehmen seine Sicherheiten nicht optimal. Sicherheiten für das Kontokorrentkonto könnten auch anders ver­wendet werden. Dies kann sich ebenfalls auf höhere Zinssätze von Investitionsdarlehen auswirken.
  3.  Investitionsgefahr: Bei einem hohen nicht ausgeschöpften Kontokorrentrahmen ist die Gefahr groß, das Konto zur Bezahlung von Investitionen zu nutzen oder vorzeitige Käufe zu tätigen, ohne dass eine langfristige Finanzierung gesichert ist. Dies ist eine sehr teure Finanzierung.

Zahlungsausgang und -eingang

Die Notwendigkeit einer Kon­tokorrentlinie entsteht aus einem zeitlich nicht deckungsgleichen Verlauf von Zahlungsausgängen und Zahlungseingän­gen. Das Konto dient zur Fi­nan­zierung der Betriebsmittel vom Zahlungsausgang an die Lieferanten bis zum Zahlungseingang des Kunden.

Idealerweise erfolgt der Zahlungsausgang unter Realisierung von Skontoerträgen. Das laufende Konto sollte nur diesem Zweck dienen. Wird das Kon­to darüber hinaus in Anspruch genommen, ist dies bereits als Warnsignal für Finanzierungfehler oder betriebliche Schieflagen zu werten. Oftmals wurden Investitionen ohne Finanzierung getätigt oder Maschinenfinanzierungen zu kurz gewählt. Bei einer zu kurzen Finanzierung sind die Ratenbelastungen des Unternehmens höher als die Umsatzerlöse die mit der Maschine erwirtschaftet werden. Die Darlehensraten laufen dann auf dem laufenden Konto auf. Eine Finanzierung mit günstigem Zinssatz und kur­zer Laufzeit kann dann sehr schnell extrem teuer werden.

Notwendige Kontokorrenthöhe

Doch nicht nur zu kurze Fin­an­zierungslaufzeiten von Maschinen, auch zu geringe Aus­lastungen und zu niedrige Ar­beitspreise führen zu wachsenden Kontobelastungen. Dass der Kontokorrentbedarf eines Unternehmens nicht anhand einer Faustzahl bestimmt werden kann, sollen die folgen­den Beispiele zeigen:

Eine kleine Bäckerei mit einer Verkaufsfiliale benötigt normalerweise keine Kontokorrent­linie. Durch die Barzahlung der Kunden existieren keine Kreditoren. Vorräte verbleiben nicht lange im Betrieb, um sie vor Ver­derb zu schützen. Die Liefe­ranten können per Rechnung und mit Zahlungsziel bezahlt werden. Die Gehälter müssen erst am Ende des Monats bezahlt werden. Bis dahin wurden Umsätze sowie Zahlungseingänge bereits realisiert.

Ein Bauunternehmer hingegen muss Material einkaufen und auf der Baustelle verarbeiten. Bereits zwischen Einkauf und Rechnungsstellung vergehen mitunter mehrere Monate. Zusätzlich vergeht Zeit zwischen Rechnungsstellung und Zahlungseingang. Bei diesem Beispiel ist ein Kontokorrentrah­men von einem Monatsumsatz in der Regel nicht ausreichend.

In Unternehmen mit kontinu­ierlichen Betriebsprozessen im Jahresverlauf kann die Kontokorrenthöhe statisch ermittelt werden. Dies bedeutet, dass an­hand von Lagerdauer, Zahlungsziel der Kreditoren und Zahlungsziel der Debitoren der Kontokorrentbedarf errechnet werden kann.

Bei Besonderheiten plausibel sein

In landwirtschaftlichen Betrieben und landtechnischen Lohnunternehmen liegen in der Regel starke saisonale Unterschiede bei den Umsätzen und Zahlungsflüssen vor. Um auch hier die notwendige Kontokorrentlinie zu bestimmen, sollte idealerweise ein Liquiditätsplan aufgestellt werden. Durch Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben lässt sich der Kontokorrentbedarf des Betriebes er­mitteln. Auch saisonale Unterschiede können so der Bank plausibel dargestellt werden.

Ein Liquiditätsplan gibt die Mög­lichkeit, eine sai­sonale Ausweitung des Konto­korrent­rah­mens zu vereinbaren. Auf diese Weise kann einer Überziehung des Kontokorrentrahmens entgangen werden und Zinskosten werden gespart. Gleichzeitig kann dieser genutzt werden, dass Debitorenmana­ge­ment zu überprüfen. In arbeitsintensiven Zeiten im Betrieb wird zum Beispiel der Verkauf schlacht­reifer Mastbullen aufgeschoben, obwohl auch während dieser Zeit der Zufluss liquider Mittel erforderlich ist. Ebenso sollte früh­zeitig geplant werden, dass auch in den Ar­beits­spitzen Dienstleistungen zeitnah abgerechnet werden.