Kreiserntedankfest in Orferode
Nach der Ernte innehalten und die Landwirtschaft wertschätzen
Was draußen stürmte und regnete, wurde drinnen zu einem Fest der Wärme und Gemeinschaft: Rund 400 Gäste folgten der Einladung des Forums ländlicher Raum zum diesjährigen Kreiserntedankfest – und fanden sich im herbstlich hergerichteten ehemaligen Kuhstall von Rainer Hildebrand und Bettina Schloeffel in Bad Sooden-Allendorf-Orferode wieder.

Foto: KBV Werra-Meißner
Gute Ernte gedämpft von angespannter Marktlage
Der Vorsitzende des KBV Werra-Meißner, Torsten Möller, eröffnete den Nachmittag. „Wir sind heute zusammengekommen, um der Ernte Dank zu sagen“, so der Vorsitzende. Als Beispiel für die diesjährige Ernte zeigte er zwei Äpfel. Einer schön rot gefärbt, groß und rund, mit 552 Gramm „die Kürbisklasse unter den Äpfeln“, so Möller; der andere klein, kaum faustgroß, etwas unförmig. Diese beiden Äpfel stünden stellvertretend für die Landwirtschaft – nicht nur in diesem Jahr. Unterschiedliche Sorten, verschiedene Standorte und wechselnde Wetterbedingungen seien auch in der Landwirtschaft immer wieder herausfordernd und machten häufig den Unterschied zwischen guter und weniger guter Ernte aus. Auch in diesem Jahr seien die Unterschiede deutlich spürbar gewesen. „Die Getreideernte verlief durchweg positiv, nicht nur der Ertrag, auch die Qualität war zufriedenstellend“, so Möller, „der Raps war mit einer durchschnittlichen Ernte ebenfalls akzeptabel.“
Die derzeitige Marktlage sei allerdings katastrophal. Mit aktuell 16 Euro für eine Dezitonne Weizen wird den Landwirten mindestens 30 Prozent zu wenig angeboten. Dafür können wir nicht kostendeckend produzieren.“ Entspannter sei die Lage derzeit im Fleischbereich. Auch die Erlöse der Milch seien zufriedenstellend, allerdings müsse mit ersten deutlichen Abschlägen gerechnet werden. Stark schwankende Preise waren neben fehlender Planungssicherheit und steigenden Auflagen ein Grund, warum Rainer Hildebrand vor neun Jahren beschloss, seine Milchkühe abzuschaffen und sich voll auf den Ackerbau zu konzentrieren. „Auf die Frage des KBV, ob er sich vorstellen könne, Gastgeber des Kreiserntedankfestes zu sein, hat er sofort „Ja“ gesagt“, freute sich Möller. Im kurzen Interview zwischen den beiden verriet Hildebrand, dass er den Betrieb in dritter Generation fortführt. Neben den klassischen Marktfrüchten vermarktet er das Grünland als Pferdeheu.
Gemeinschaft im ländlichen Raum fördern
Die Landrätin des Werra-Meißner-Kreises, Nicole Rathgeber, betonte in ihrem Grußwort, dass es zwar wichtig sei, innezuhalten und Danke zu sagen, aber dass hinter diesem Fest viel mehr stecke als nur das. Das Erntedankfest biete nicht nur Gelegenheit innezuhalten und die Leistungen der Landwirtschaft sowie die natürlichen Ressourcen wertzuschätzen. Neben seinem religiösen Ursprung habe das Fest heute auch eine gesellschaftliche Bedeutung: Es stärke das Bewusstsein für regionale Lebensmittel, nachhaltige Produktion und das Miteinander in der Gemeinschaft. In ländlichen Räumen sei Erntedank zudem ein wichtiges Zeichen der Verbundenheit mit der Natur und dem bäuerlichen Leben. „Für mich ist Erntedank auch ein Tag der Hoffnung, dass junge Leute in der Landwirtschaft arbeiten möchten, dass die Gesellschaft lernt, Landwirtschaft nicht nur wahrzunehmen, sondern wertzuschätzen und dass Landwirtschaft politische Verlässlichkeit erfährt“, betont die Landrätin. Ernährungssicherheit sei eine gemeinschaftliche Aufgabe. „Im Werra-Meißner-Kreis gilt: „Wer dankt, erntet. Wer genießt, lebt“, fasste Rathgeber zusammen.
Egal, ob Pflügen oder Streuen wie im gleichnamigen Lied, laut Pfarrer Simon Graef sei es unsere Aufgabe, an Gottes Werk mitzuwirken. Dennoch liege vieles nicht in unserer Hand. In seiner Predigt betonte er, dass Gott einerseits Mithilfe brauche, aber auch wir nicht alles allein schaffen, wie Wuchs und Gedeihen nicht in unseren Hand liege. Er erklärte, dass das heutige Erntedankfest seinen Ursprung im Laubhüttenfest (Sukkot) findet – ein jüdisches Fest mit biblischem Ursprung, das sieben Tage lang im Herbst gefeiert wird – meist im September oder Oktober. Es erinnert an die Zeit, in der die Israeliten nach dem Auszug aus Ägypten 40 Jahre lang durch die Wüste zogen und in provisorischen Hütten lebten. Sukkot ist auch ein Erntefest, bei dem für die Früchte des Landes gedankt wird – ähnlich wie das christliche Erntedankfest.
KBV Werra-Meißner – LW 41/2025