Kreuzkräuter auch im Heu erkennen

Neue Erkenntnisse zur Kreuzkraut-Problematik

Im vergangenen Jahr wurden verstärkt Anfragen aus der Praxis zur Kreuzkrautproblematik an die Beratung herangetragen. Dabei ging es nicht um konkrete Vergiftungsfälle, sondern um Fragen der Einwanderung über Samenzuflug aus angrenzenden Flächen oder um Bekämpfungskonzepte. Im Rahmen einer Diplomarbeit konnten jetzt zusätzliche Erkenntnisse über Verbreitung, Biologie und Kontrollmaßnahmen problematischer Kreuzkrautarten gewonnen werden.

Im Heu sind Kreuzkräuter kaum zu erkennen (links). Durch kurzes Aufkochen wird das Pflanzengewebe wieder geschmeidig, Blätter lassen sich entfalten und Blütenknospen können betrachtet werden.

Foto: Augustin

Die intensive Pressearbeit der vergangenen Jahre hat zu einem recht hohen Problembewusstsein auf den Grünlandbetrieben geführt. Nur rund 15 Prozent der Betriebe waren sich in Sachen Kreuzkraut-Problematik unsicher, wie eine Umfrage bei 151 Praxisbetrieben ergab. Es ergab sich aber auch ein Beratungsbedarf ibei 25 bis 30 Prozent der befragten Betriebe.

Ein Monitoring in Rheinland-Pfalz zeigte, dass sowohl das Jakobskreuzkraut, als auch das Raukenblättrige Kreuzkraut in den Grünlandregionen verbreitet sind. Da es sich um einheimische Arten handelt, war dies zu erwarten. Die allgemeine Präsenz ist aber noch nicht gleichbedeutend mit landesweiten Problemen. Allerdings lässt sich daraus ableiten, dass falsche Bewirtschaftungsweisen schnell zu einer Einwanderung in Grünlandflächen führen können, weil stets mit Samenzuflug gerechnet werden muss.

Das Ausbreitungspotenzial von Kreuzkrautarten wird kontrovers diskutiert. Als Körbchenblütler (Komposite) bilden sie Samen mit entsprechenden Flugapparaten (Pappus) aus, die der windbürtigen Verbreitung dienen. Im Rahmen der Diplomarbeit wurde auf drei Flächen die Flugweite der Samen ermittelt und gleichzeitig zwischen keimfähigen und nicht keimfähigen Samen unterschieden.

Keimfähige Samen fliegen nicht allzu weit

Die Untersuchungen ergaben Flugweiten keimfähiger Kreuzkraut-Samen von maximal 50 m, in Ausnahmen bis 100 m. Die Flugweite keimfähiger Korbblütlersamen ist begrenzt, während die sehr leichten, tauben Samen wesentlich weiter verdriftet werden können; das haben früher Untersuchungen auch schon bei Disteln gezeigt.

Mit anderen Worten: Längst nicht alle Samen, die fliegen, keimen auch. Die meisten Keimlinge findet man in der Nähe der Mutterpflanzen. Als Erkenntnis für die Praxis kann daraus abgeleitet werden, dass zur Vermeidung der Einwanderung von Kreuzkräutern aus belasteten Nachbarflächen im Umkreis von 50 m die Aussamung unterbunden werden sollte. Gefährdet sind insbesondere Flächen mit gestörter Grasnarbe. Offener Boden bietet günstige Keimbedingungen für Kreuzkrautsamen. Daher sollte auch das Verkehrsbegleitgrün entlang von Straßen kritisch beobachtet werden.

Überprüfung von Heu auf Kreuzkrautbelastung

Auf die Vergiftungsgefahr durch Kreuzkraut-belastetes Rauhfutter soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Es ist allgemein bekannt, dass die Giftstoffe (Pyrilizidin-Alkaloide) in Heu und Silage erhalten bleiben und Leberschäden verursachen. Da insbesondere Pferde sehr empfindlich reagieren, ist im Pferdefutter eine Nulltoleranz zu fordern.

Andererseits ist kräuterreiches Rauhfutter gewünscht. Da die kritischen Kreuzkrautarten erst relativ spät blühen (etwa Ende Juni) besteht die Gefahr, dass es unerkannt mit gemäht wird. Auf den Grünlandflächen sind die Kreuzkräuter mit etwas Übung, selbst in der kleinen Rosette, noch ganz gut zu erkennen. Das ist im Heu wesentlich schwieriger. Natürlich ist nicht jeder rötlich verfärbte Stängel im Heuballen gleich ein Hinweis auf Kreuzkrautbelastung.

Durch den Trocknungsprozess verformen sich Blätter, Blütentriebe und -knospen und die Bröckelverluste sind erheblich. Eine sichere Bestimmung ist daher mit dem trockenen Material häufig nicht mehr möglich. Diese ist aber Voraussetzung für die Entscheidung, ob das Futter noch nutzbar ist oder die Tiere eventuell sogar gefährdet sind. Eine so genannte Kochprobe, also kur­zes Aufkochen des verdächtigen Materials, macht das Gewebe wieder geschmeidig. Blütenknospen lassen sich wieder untersuchen und Blattreste entfalten, was die Pflanzenbestimmung erheblich erleichtert.

Was tun gegen Kreuzkrautarten?

Die kritischen, mehrjährigen Kreuzkräuter sind einheimische Pflanzenarten. Eine Ausrottung ist daher nicht möglich. Es gilt daher die Bewirtschaftung so zu gestalten, dass sie sich auf den Grünlandflächen nicht etablieren können.

Die Grünlandflächen müssen vorbeugend mit ausreichender Intensität früh bewirtschaftet werden. Kreuzkräuter sind Rohbodenbesiedler. Eine geschlossene Grasnarbe verhindert die Keimung anfliegender Samen. Dazu sollte eine nutzungsorientierte Düngungerfolgen und der Zuflug eingedämmt werden; Geilstellen sind auszumähen und Kahlstellen müssen nachgesät werden.

Einzelpflanzen sind auf Wiesenflächen nur mit etwas Übung sicher anzusprechen. Auf Weiden ist das erheblich einfacher, weil sie von den Tieren meistens stehen gelassen werden. Weideflächen müssen daher regelmäßig vor der Blüte des Kreuzkrautes ausgemäht und belastetes Material abgefahren werden. Bei feuchtem Wetter lassen sie sich auch gut ausstechen oder ausreißen und somit nachhaltig beseitigen.

Wenn die Besatzdichten an Kreuzkräutern nicht mehr in Handarbeit zu bewältigen sind, kommen Herbizidanwendungen in Betracht. Dies gilt insbesondere für Flächen, die noch eine konkurrenzstarke Grasnarbe besitzen.

Kreuzkräuter besitzen flugfähige Samen, ähnlich wie der Löwenzahn.

Foto: Augustin

Die sicherste Kreuzkrautwirkung zeigte in Versuchen Simplex mit 2 l/ha. Sowohl die Blattrosetten, als auch Pflanzen, die bereits Blütentriebe geschoben haben, werden wirkungsvoll erfasst. Leider wird neben den Kreuzkräutern auch der Klee voll erfasst.

Nach Anwendung von Simplex ist auf eine sachgerechte Verwendung des entstehenden Mistes beziehungsweise der Gülle zu achten. Der Wirkstoff Aminopyralid wird im Pflanzenmaterial nicht abgebaut – das können nur Bodenbakterien. Da verschiedene Pflanzenarten (Kartoffeln, Tomaten, Leguminosen) extrem empfindlich auf Aminopyralid reagieren, kann es leicht zu Pflanzenschäden kommen. Organische Dünger, die von behandelten Flächen stammen, müssen auf dem Betrieb verbraucht werden, damit keine unliebsamen Über­raschungen durch Düngung empfindlicher Kulturen entstehen können.

Die Anwendung von Banvel M ist auf Grünland nur noch mit einer Aufwandmenge von maximal 6 l/ha vorgesehen. Die Wirkungssicherheit von Banvel M auf Kreuzkräuter ist deutlich geringer einzustufen und für eine sichere Kontrolle nicht ausreichend.

Völlig unzureichend gegen Kreuzkräuter bleibt die Anwendung von Triclopyr-haltigen Mitteln (Garlon 4, Genoxone ZX, Starane Ranger), Harmony SX und Wuchsstoffen (2,4-D, MCPA, KV).

Bei starkem Besatz ist eine Neuanlage notwendig

Flächen mit höherem Besatz sind nur sehr kurzfristig oder gar nicht mehr zu beweiden und der Aufwuchs kann nicht mehr verfüttert werden. Diese Flächen sind damit wertlos und müssen saniert werden. Glyphosateinsatz zur Vorbereitung der Ansaat beseitigt die etablierten Altpflanzen nachhaltig. Nach Literaturangaben besitzen Kreuzkrautsamen eine Lebensdauer von 15 bis 25 Jahren. Daher ist vor der Neueinsaat ein Umbruch sinnvoll, um die Zahl der Sämlinge zu reduzieren. In Abhängigkeit vom Samenvorrat und -aufgang können noch Folgebehandlungen mit kulturverträglichen Herbiziden erforderlich werden.

Die bisherigen Untersuchungen weisen darauf hin, das etablierte Kreuzkrautbestände auf mechanische Maßnahmen wie Mähen oder Mulchen ähnlich reagieren wie der Riesenbärenklau. Die Samenbildung kann bei angepasster Häufigkeit (mindestens 2x/Jahr) wirkungsvoll unterbunden werden. Sie fördern aber das vegetative Wachstum und die Nährstoffeinlagerung der mehrjährigen Kreuzkrautarten. Gleichzeitig werden konkurrenzarme Begleitarten geschwächt. Ein wirklich reduzierender Effekt auf einen vorhandenen Kreuzkrautbestand ist damit höchstens mittel bis langfristig zu erreichen. Dr. Bernd Augustin, DLR Bad Kreuznach