Landentwicklung und Infrastruktur im Blick

Gemeinsame Fachtagung des VTG und des Ministeriums

Bei der mit 200 Gästen bestens besuchten Fachtagung „Landentwicklung und Infrastruktur“, zu der das Landwirtschaftsministerium mit dem Verband der Teilnehmergemeinschaften Rheinland-Pfalz (VTG) nach Rheinböllen eingeladen hatte, waren sich alle Akteure einig: Die Flurbereinigung ist unverzichtbar, wenn es darum geht, Infrastrukturvorhaben in den ländlichen Räumen umzusetzen.

Der neue Vorstand des Verbandes der Teilnehmergemeinschaften Rheinland-Pfalz (v.l.): Hubert Pauly, Johannes Billen (Präsident), Werner Görgen, Michael Haack, Hans Herbert Laux, Udo Franz, Gerhard Eiden und Reinhard Bossert (Vizepräsident).

Foto: vtg

Nicht nur, dass mit ihrer Hilfe der nötige Grund und Boden sozialverträglich zur Verfügung gestellt werden kann, mit ihrem Neuordnungs- und Gestaltungsauftrag ist sie das wichtigste Instrument einer zeitgemäßen ländlichen Entwicklungspolitik. Durch eine Unternehmensflurbereinigung kann zudem eine drohende Enteignung abgewehrt, Durchschneidungswirkungen verhindert und nachweisbar in erheblichem Maß Kosten und Zeit gespart werden.

Turnusmäßig standen auch die Neuwahlen des VTG-Vorstandes auf dem Programm. Alle Vorstandsmitglieder sowie Präsident Billen und Vizepräsident Bossert wurden dabei in ihrem Amt bestätigt.

Infrastruktur erhält Arbeitsplätze

„Die Infrastruktur sichert das Funktionieren unserer Volkswirtschaft“, so Staatssekretär Andy Becht in seinem Grußwort an die Teilnehmer. Insbesondere die ländlichen Räume benötigten eine angemessene Ausstattung mit sozialen und technischen Infrastruktureinrichtungen. Nur dann bieten sie attraktive Lebensverhältnisse und damit auch die Grundlage für eine stabile Bevölkerungsentwicklung. Ein Mindeststandard an Infrastrukturausstattung sei daher eine zentrale Voraussetzung um vorhandene Arbeitsplätze in den ländlichen Räumen zu erhalten und neue zu schaffen. In Rheinland-Pfalz habe die Unterstützung von raumbedeutsamen Infrastrukturvorhaben wie Straßen, Hochwasserschutz und ländlichem Verbindungswegenetz durch Flurbereinigung höchste Priorität. Die Flurbereinigung biete die Möglichkeit, die für technische Infrastrukturhaben erforderlichen Flächen weitestgehend konfliktfrei bereit zu stellen. Mit ihrer Moderations- und Mediationsfunktion wirke die Flurbereinigung zudem auf eine konsensfähige und lösungsorientierte Umsetzung von Infrastrukturvorhaben hin.

Ein wichtiges infrastrukturelles Handlungsfeld, so Becht, sei auch die Schaffung eines zukunftsorientierten überregionalen land- und forstwirtschaftlichen Wegenetzes. Die Wegenetze der Zukunft würden nicht mehr an Gemarkungsgrenzen enden, sondern die Gemeindeverbindungswege müssten den Anforderungen moderner Maschinen entsprechen und ein möglichst konfliktfreies Miteinander mit nichtlandwirtschaftlichen Nutzern ermöglichen und durchgängige Transport- und Erschließungsangebote sicherstellen. In den integralen Flurbereinigungsverfahren könnten die Verbindungswege durch das Flächenmanagement optimal umgesetzt werden.

Gründung des VTG, Schritt zur Entstaatlichung

Mit Blick auf die nachfolgende Mitgliederversammlung und Neuwahl des ehrenamtlichen Vorstandes würdigte Becht in seinem Grußwort auch die Arbeit des Verbandes der Teilnehmergemeinschaften. Mit seiner Gründung im Jahre 1996 sei ein ganz wichtiger Schritt zur Entstaatlichung der Flurbereinigungsverwaltung und einer Aufgabentrennung zwischen Flurbereinigungsbehörde und Teilnehmergemeinschaft gelungen. Die Eigenverantwortung der Teilnehmergemeinschaft sei damit gestärkt worden. Der Verband mache eine sehr gute Arbeit und die Flurbereinigung sei ohne ihn in Rheinland-Pfalz nicht mehr vorstellbar. Er versicherte, dass er sich trotz des zu erbringenden Personalabbaus und den komplizierten Rahmenbedingungen für eine Beschleunigung des Flurbereinigungsprozesses, mehr Bürokratieabbau und die Anordnung einer ausreichenden Anzahl von Flurbereinigungsverfahren einsetzen werde.

Ausreichend Fördermittel für die Flurbereinigung

Derzeit, so Becht, seien in Rheinland-Pfalz 429 Flurbereinigungsverfahren mit einer Fläche von 150 000 ha anhängig. An Zuwendungen stünden für die Flurbereinigungsmaßnahmen in den kommenden Programmjahren durchschnittlich je etwa 11 Mio. Euro als Summe von EU-, Bundes- und Landesmitteln zur Verfügung. Damit könnten in den nächsten Jahren jeweils bis zu 18 Verfahren mit einer Flächenausdehnung von 6 000 ha neu angeordnet werden.

Den Bedarf an der ländlichen Bodenordnung zeige eine aktuelle Interessensbekundung von 161 Gemeinden. Hinzu kämen 11 anstehende Unternehmensflurbereinigungsverfahren sowie 47 fest eingeplante Weinbergs­abschnittsverfahren in Rheinhessen und der Pfalz, die entsprechend der beschlossenen Aufbaupläne der Wiederaufbaugemeinschaften abzuarbeiten sind.

In den Fachvorträgen referierte zunächst Prof. Axel Lorig von der Hochschule Mainz über die „Instrumente der Landentwicklung für Maßnahmen der Infrastruktur“. Nach einem kurzen Ãœberblick über den gesetzlichen Auftrag, die Hauptzielsetzungen und Möglichkeiten insbesondere der Flurbereinigung zeigte er einige strategische Lösungsansätze sowie Beispiel aus dem Bundesgebiet und gab Anregungen für mögliche Schwerpunkte für die Zukunft. Eindrucksvolle Beispiele aus Rheinland-Pfalz zur Durchführung von Unternehmensflurbereinigungsverfahren mit sehr unterschiedlichen Zielsetzungen und hervorragenden Lösungen rundeten das hochkarätige Programm ab. Referenten waren Torben Alles, Nina Lux, Kurt Bauer und Sebastian Turck von den DLR in Rheinland-Pfalz sowie Sascha Müller und Frank Schuch vom Landesbetrieb Mobilität. Die Veranstaltung wurde moderiert von Thomas Mitschang.

Präsident Billen: Nachfrage und Geld für die Flurbereinigung sind da, Personal und Verfahren fehlen.

Mit dieser provokanten These eröffnete Präsident Johannes Billen die anschließende jährliche Mitgliederversammlung des VTG. Der nunmehr seit Jahren anhaltende Personalabbau in den Abteilungen Landentwicklung der DLR habe mittlerweile dazu geführt, dass man immer weniger Verfahren einleite und diese trotzdem immer länger dauerten. Eine Reduzierung der Einleitung von Verfahren klinge vor dem Hintergrund des Personalabbaus vielleicht plausibel. Es sei aber trotzdem der falsche Weg, denn hier werde das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt.

Die Flurbereinigung sei für die Landwirtschaft und für lebenswerte ländliche Räume in vielen Dörfern überlebensnotwendig. Dass habe das Interessensbekundungsverfahren in Rheinland-Pfalz deutlich gemacht.

Wenn schon, so Billen, aufgrund der Haushaltszwänge eine Aufstockung des Personals nicht machbar sei, dann müsse ein umfassender Bürokratie- und Kontrollabbau her. Nur dann gäbe es vielleicht eine Chance, dass das verbleibende geringe Personal wieder Rahmenbedingungen erhalte, in denen vernünftig gearbeitet werden könne.

Als mögliche Ansätze nannte er den immens gestiegenen Aufwand der Landespflege. Aber nicht nur dort, sondern auch durch die eingesetzten EU-Gelder habe der Verfahrensaufwand erheblich zugenommen. Erschwerend komme hinzu, dass die Abteilungen Landentwicklung monatelang Fachpersonal für die verschiedenen EU-Prüfungen abstellen müssten. Eine kontinuierliche Verfahrensbearbeitung würde damit für diese Mitarbeiter unmöglich. Diese Situation sei aber auch deswegen problematisch, weil das abgestellte Personal nicht nur in der Produktion fehlt, sondern die verbleibenden Mitarbeiter auch noch mit einem ständig steigenden Prüfaufwand konfrontiert würden. Einen Ausstieg aus der EU-Förderung würde man im VTG unterstützen, wenn die fehlenden Zuwendungen durch Bundes- und Landesmittel kompensiert werden und der eingeforderte Bürokratieabbau mit einhergehe.

Beitragssätze bleiben 2017 unverändert

Geschäftsführer Heribert Sperlich stellte den Jahresabschluss 2016 und den Wirtschaftsplan 2017 vor. Sperlich betonte, dass der Verband schuldenfrei sei und die Liquiditätslage des VTG und seiner Mitglieder stets geordnet war. Die Buchführung werde für etwa 380 Mitglieder geführt. Das Eigenkapital habe man im letzten Jahr um 0,3 Mio. Euro steigern können. „Geld“, so Sperlich, „das man für notwendige Zwischenfinanzierungen dringend benötige“. In der Beschlussfassung stimmte die Versammlung der Entlastung des Vorstandes und der Geschäftsleitung ebenso zu wie der Beibehaltung der Vorjahres-Beitragssätze und der Festsetzung des Umlagesatzes für 2017 mit 9,7 Prozent.

Neuwahlen des VTG-Vorstandes

Turnusmäßig standen auch die Neuwahlen des Vorstandes des VTG auf dem Programm der diesjährigen Mitgliederversammlung. Wieder gewählt wurden Gerhard Eiden aus Hermeskeil (für Trier), Hubert Pauly aus Dernau (für Mayen), Johannes Billen aus Kaschenbach (für Bitburg), Reinhard Bossert aus Neustadt-Duttweiler (für Neustadt), Ingo Steitz aus Badenheim (für Bad Kreuznach), Michael Haack aus Martinshöhe (für Kaiserslautern), Hans Herbert Laux aus Uhler (für Simmern), Udo Franz aus Niederwambach (für Montabaur) und Werner Görgen aus Platten (für Bernkastel-Kues). In der anschließenden Vorstandssitzung wählte der Vorstand aus seiner Mitte erneut Johannes Billen zum Präsidenten und Reinhard Bossert zu seinem Stellverteter.

Als stellvertretende Vorstandsmitglieder neu hinzu gekommen sind Willi Rademacher aus Büchel, Uwe Holstein aus Bogel, Elmar Schauß aus Monzingen, Franz-Josef Kohn aus Nittel und Jörg Kuhman aus Weisenheim am Berg. In ihrem Amt bestätigt wurden Karl-Josef Heinz aus Graach, Helmut Weingart aus Niederkirchen, Thomas Neises aus Idenheim und Karl-Heinz Becker aus Ensheim.

Die Mitgliederversammlung verabschiedete die ausscheidenden stellvertretenden Vorstandsmitglieder Rudolf Schneichel, Bernd Neuschäfer, Ludwig Spristersbach, Norbert Helm und Andreas Ludwig mit einem Präsent und einem Applaus für ihr Engagement.

Sperlich – LW 19/2017