Landesschafschau 2011

Stammherdenschau hessischer Schafzüchter in Butzbach

Am letzten Samstag im Oktober war Butzbach wieder das Mekka der hessischen Schafzüchter, die wie jedes Jahr auf dem Katharinenmarkt ihre jährliche Landesschafschau veranstalteten. In diesem Jahr war Stammherdenschau angesagt, eine Präsentation hessischer Herdbuchzucht mit 125 Schafen aus neun verschiedenen Rassen. Michael Schlag berichtet.

„Mr. Butzbach“ (r.) wurde der Bock der Rasse Graue Gehörnte Heidschnucke von Mario Schmelz aus Melsungen. Tagessiegerin „Mrs. Butzbach“ (l.) wurde das knapp dreijährige Merinolandschaf aus der Zucht von Reinhold Ostheim aus Laubach.

Foto: Michael Schlag

Als Wirtschaftsrassen waren Merinolandschafe, Schwarzköpfige Fleischschafe und Cha­ro­l­lais zu sehen, als exten­­sive Landschaf­rassen fand man Rhönschafe, Cobur­ger Fuchsschafe, Graue Gehörnte Heidschnucken, Wala­chen­scha­fe, Scottish Blackface und Kerry Hill.

Die Züchter-Veranstaltung in Butzbach findet alle zwei Jahre statt, im Wechsel mit der hessi­schen Gebrauchsherdenschau. Den Unterschied erklärte Dagmar Rothämel vom Hessischen Verband für Schafzucht und Haltung: Während auf der Gebrauchsherdenschau jeder Schäfer seine Tiere zeigen kann, sind in einer Stammherde nur „Tiere mit Papieren“. Die Bezeichnung „Stammherdenschau“ wird nur in Hessen ver­wendet, in anderen Bundesländern nennt man es „Herdbuchschau“, wie etwa die rhein­land-pfälzische Herdbuchschau zum Lukasmarkt in der Eifelstadt Mayen, die eine Woche früher stattfand.

Bedeutung einer Stammherde

Während auf den Schaf-Auktionen regelmäßig die Böcke im Mittelpunkt stehen, geht es bei der Stammherdenschau mehr um die weiblichen Tiere, denn „in diesen Herden werden die Böcke produziert“, sagt Arnd Ritter, Zuchtberater beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) und er betont, eine Stammherde werde nach den Vorschriften des Tierzuchtgeset­zes gehalten, damit sei „unter staatlicher Kontrolle für die Qualität gebürgt.“ Ritter führt das hessische Herdbuch für Scha­fe, wobei für jede Rasse ein eigenes EDV-Zuchtbuch geführt wird; insgesamt sind es 32 verschiedene Schafrassen mit etwa 3200 Mutterschafen. Bei den Merinolandschafen sieht Arnd Ritter Hessen, neben Bayern und Baden-Württemberg, durchaus bei den Spitzenzuchten in Deutschland.

Merino bedeutendste Schafrasse

Merinos sind heute in Hessen die bedeutendste Schafrasse, mit 32 weiblichen und fünf männlichen Tieren im Katalog war es auch auf der Stammherdenschau die am häufigsten vertretene Rasse. Früher waren bei den Wirtschaftsrassen auch Schwarzköpfige Fleischschafe mehr verbreitet, aber „Merinos lammen asaisonal, sodass drei Lammun­gen in zwei Jahren möglich sind“, sagte Helmuth Lange, Zuchtberater beim LLH. Arnd Ritter nennt als besondere hessische Stärke auch die Rhönschafe, die ihren Ursprung teilweise in Hessen haben. So wurde kürzlich auf der Bundesschau in Mömbris ein hessischer Rhönschaf-Züchter Bundessieger. Rhönschafe waren mit 24 Mutterschafen und vier Böcken die Rasse, die am zweithäufigsten in Butzbach anzutreffen war.

Auf der Stammherdenschau werden zwar keine Tiere gehandelt und es findet kein Geschäft statt, aber Joachim Schönfeld, Lauterbach meint: „Wenn man Schafzüchter ist, muss man hier hin, wie will man sonst Qualität zeigen?“ Schönfeld war mit jeweils acht schwarzköpfigen Fleischschafen und acht Charolais nach Butzbach gekommen. Die ersten Charolais hatte er vor fünf Jahren in Frankreich gekauft, zehn Stück, und dann eine englische Linie eingekreuzt. Die Ergebnisse seiner Zucht, die daraus entstandenen Muttertiere, präsentierte er jetzt in Butzbach.

Ergebnisse Landesschafschau

Insgesamt zwölf hessische Züchter hatten ihre Tiere in Butzbach ausgestellt und sie unabhängigen Richtern zur Bewertung vorgeführt. Dabei geht es vor allem um das Prestige: „Man will sich präsentieren, man will auch seinen Namen sehen,“ sagt Helmuth Lange, indes haben die Bewertungen zumindest bei den Fleischrassen auch einen wirtschaftlichen Hintergrund. „Wenn die Tiere prämiert werden, wird das später auch in den Auktionen dargestellt“, sagt Joachim Schönfeld. Er konnte zwei Mal den Gesamtsieger mit nach Hause nehmen, sowohl bei den Schwarz­köpfigen Fleischschafen als auch bei den Charolais. Für Reinhold Ostheim aus Laubach, der mit sechs Merino-Mutterschafen und einem Bock nach Butzbach gekommen war, zählt dagegen „die Repräsentation des Betriebes, das ist das Wichtigste.“

Auch seltene Schafrassen wie Scottish Black Face wurden in Butzbach vorgestellt.

Foto: Michael Schlag

Die Sieger der Schwarzkopfrasse der Stammherdenschau.

Foto: Michael Schlag

Die Sieger der Charolais-Kollektion in Butzbach.

Foto: Michael Schlag

Für Christel Simantke aus Witzenhausen, Züchterin der vom Aussterben bedrohten Walachenschafe, ist die Stammherdenschau in erster Linie „ein Forum, wo man die Rasse zeigen kann.“ Ähnlich Björn Müller aus Münzenberg, der in Butzbach die Rassen Scottish Black Face und Kerry Hall vorführte. Wer seine Schafe einem Fachpublikum zeigen will, für den ist die Butzbacher Schau der richtige Or“, sagt Helmuth Lange vom LLH. Auch traf man neben den hessischen Zucht­beratern auch die beiden Landeszuchtleiter von Hessen und Rheinland-Pfalz, viele Gäste aus anderen Bundesländern, und Henrik Wagner von der Tierambulanz der Universität Gießen meinte: „Hier muss man hin, hier trifft man alle.“

Bewertungen in zwei Ringen

Die Bewertungen fanden in zwei Ringen statt, einmal für die (extensiven) Landschafrassen und getrennt davon für die (intensiven) Fleischrassen. Zunächst wurden die Schafe nach Rasse, Geschlecht und Alter in Gruppen von drei bis acht Tieren aufgeteilt. So stellten die Züch­ter sie den beiden Preisrichtern vor, die selbst nicht Mitglied im Hessischen Schafzuchtverband sind, sondern aus an­deren Bundesländern angereist waren. „Das ist so üblich“, sagt Arnd Ritter, denn „wir brauchen neutrale Preisrichter.“ In Butzbach waren es Karl Bauer aus Wildberg (Württemberg) für die Fleischrassen und Stefan Graf aus Windach (Bayern) für die Landschafe.

Tagessieger gekürt

Die besten Tiere ihrer Klassen treten dann wieder gegeneinander an, bis nach einem fast sechsstündiges Ausscheidungsrennen schließlich die Sieger der einzelnen Rassen noch einmal auf die Bühne kommen – jeweils ein Mutterschaf und ein Bock. Aus diesen werden die beiden Tagessieger gekürt und mit rotweißen Schärpen als „Mr. und Ms. Butzbach“ ausgezeichnet. Im diesem Finale treffen dann unterschiedliche Rassen, auch Landschafe und Fleischrassen aufeinander, aber „das Publikum will am Ende eben wissen, wer ist denn nun der Sieger?“, sagt Arnd Ritter.

Preisrichter Karl Bauer räumt ein: „Es wird immer eine subjektive Entscheidung sein,“ auch die Tagesform der Schafe, ob sie gerade störrisch sind oder sich willig präsentieren, spiele dabei eine Rolle. Champion „Mr. Butzbach“ wurde der anderthalbjährige Bock der Rasse Graue Gehörnte Heidschnucke von Mario Schmelz aus Melsungen mit der Katalognummer 68.

Tagessiegerin „Mrs. Butzbach“ wurde das knapp dreijährige Merinolandschaf aus der Zucht von Reinhold Ostheim aus Laubach mit der Katalognummer 27. Ostheim stellte bei den Merinolandschafen insgesamt drei Siegerschafe und trotz des erheblichen Aufwandes für einen Züchter meinte er zum Thema Herdbuchzucht: „Wenn man einmal damit angefangen hat, kommt man nicht mehr davon los.“