Landfraß macht den Landwirten Sorgen
Bebauung und Naturschutz verknappen Ackerfläche
Der Landkreis Germersheim ist wirtschaftlich ein sehr aktiver Kreis. Aber genau das bereitet den Landwirten Sorge. Die Flächen werden immer knapper, weil die Bebauung zunimmt und Ausgleichsfläche benötigt wird. Hinzu kommt, dass 66 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in ein Natura 2000-Gebiet fallen.

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Brutgebiet für den Kiebitz verunkrautet
Der Kreisvorsitzende ging auch auf die Probleme im Landkreis ein. „Wir haben hier im Kreis eine florierende Wirtschaft“, stellte er fest. „Das führt aber auch zu einem enormen Flächenverbrauch.“ Nicht nur, dass Flächen durch die Bebauung verloren gehen, auch die benötigten Ausgleichsflächen gehen zu Lasten der Landwirtschaft. Bellaire forderte, dass es hier neue Wege bei der Bewirtschaftung der Ausgleichflächen geben muss. „Es kann nicht sein, dass auf Ackerflächen, die als Ausgleich dienen, nichts gemacht wird. In Hatzenbühl verunkrauten 3,5 ha, die als Brutgebiet für den Kiebitz dienen.“ Hier wäre seiner Auffassung nach eine andere Bewirtschaftung nötig, zum Beispiel mit Hilfe der Stiftung Natur und Umwelt des Landes. Der Kreisvorsitzende wünschte sich für solche Projekte einen Konsens mit dem Landkreis.
Der Landkreis und die Politik seien bei einem weiteren Thema gefragt, dass die Landwirte belastet. „In Rheinnähe fressen immer mehr Wildgänse ganze Bestände kahl und verkoten die Flächen“, sagte Bellaire. Es sei nicht hinnehmbar, dass die betroffenen Landwirte keinen Ausgleich erhalten, wie es in Nordrhein-Westfalen der Fall sei. „Und auch die Population an Schwarzwild nimmt massiv zu und richtet enorme Schäden an“, so der Kreisvorsitzende weiter.
Auch zum Thema Hochwasserschutz und zu den Natura 2000-Flächen nahm Bellaire Stellung. 66 Prozent der Flächen im Landkreis Germersheim fallen in das Natura 2000-Gebiet. „Wir brauchen neue Wege beim Naturschutz. Es kann Naturschutz aber nicht zum Nulltarif geben“, erklärte er. Eine produktionsintegrierte Kompensation sei nötig, bei der die Landwirte für ihre Leistungen bezahlt werden. Zurzeit würden Stellungsnahmen zu den Vorhaben erarbeitet.
Landrat Dr. Fritz Brechtel brach in seinem Grußwort eine Lanze für die Landwirtschaft, die wichtig sei für den Landkreis und diesen präge. „Die Ausweisung der Natura 2000-Flächen in dem Maße und die Tatsache, dass der Landkreis Germersheim ein Wachstumskreis ist, sind Themen, die Konflikte mit der Landwirtschaft hervorbringen“, sagte er. Er plädierte für eine frühzeitige Bildung von Runden Tischen mit Vertretern der Landwirtschaft, um Lösungen zu finden. Ein solcher Runder Tisch soll in Kürze zum Thema Schwarzwild tagen.
BWV-Präsident Eberhard Hartelt zeigte sich erschrocken über die Tatsache, dass 66 Prozent in die Natura 2000-Gebiete fallen. „Zusätzlich hat auch der Hochwasserschutz einen Flächenbedarf, das wird schwierig für die Landwirtschaft.“ Hartelt lobte das Landesnaturschutzgesetz in Rheinland-Pfalz, indem es gelungen sei, einen kooperativen Ansatz mit den Landwirtschaft festzuschreiben. Nun gelte es, das Gesetz mit Leben zu füllen. „In manchen Landkreisen läuft es sehr gut, in anderen gar nicht“, berichtete Hartelt. Er rief die Landwirte dazu auf, die Grabenkämpfe mit dem Naturschutz zu überwinden. „Wir müssen kooperativen Naturschutz betreiben. Wir müssen erreichen, dass die immer knapper werdenden landwirtschaftlichen Flächen in der Bewirtschaftung bleiben und dass die Landwirte durch Naturschutz und Gewässerschutz eine Verdienstmöglichkeit haben.“
Direktzahlungen bleiben wichtig für die Betriebe
Der Präsident machte noch einmal deutlich, wie wichtig die Direktzahlungen der ersten Säule für die Landwirte sind. Denn nur die Gelder der ersten Säule seien für die Landwirte sicher. „Die Gelder der zweiten Säule sind das Spielgeld der Umweltminister der Länder“, sagte er und verdeutlichte, dass die Landwirtschaft in dem Fall, dass nur noch Gelder aus der zweiten Säule fließen würden, vom Wohl und Wehe der Politik abhängig sei. Dabei müssten die landwirtschaftlichen Unternehmer längst mit ihren Produkten auf dem freien Weltmarkt bestehen, auch wenn hier immer höhere Auflagen und Standards die Produktion verteuern.
ibs – LW 13/2017