Landwirt-Verarbeiter-Konsument
Triangel-Modell für regionale Erzeugnisse vorgestellt
Peter Gheorgean vom Regionalbauernverband Starkenburg kümmert sich im Rahmen des Marketingprojektes „Mahlzeit – Leckeres für die Schule“ darum, dass regionale Erzeugnisse auf dem kurzen Weg vom heimischen Erzeuger in der Schulverpflegung eingesetzt werden können. Dieses verbindende Triangel-Modell macht Schule.
Foto: Petra Pettmann
Im Auftrag des Regionalbauernverbandes Starkenburg geben 87 Landwirte ihre Produkte an zwei Bündlerbetriebe ab, die wiederum den Cateringbetrieb Europa Catering jeden Morgen mit frischem Obst und Gemüse aus der Region versorgen. Zwölf Schulen werden über die eigens von Gheorgean für die Schulverpflegung gegründete „Agrarservice GmbH“ nach seinem mittlerweile bis Berlin bekannten Triangel-Modell beliefert. So haben täglich über 2 000 Schüler in Starkenburg die Gelegenheit, ein aus besten Zutaten der Region bestehendes Mittagessen zu genießen.
Erzeuger, Verarbeiter und Konsument gemeinsam
Dazu braucht es Professionalität und eine funktionierende Logistik. Vom Acker bis auf den Schülerteller müssen sämtliche lebensmittelhygienische Vorgaben eingehalten werden. Eine schonende Zubereitung in der Profiküche des Caterers in Bensheim gewährleistet, dass den Schülern nicht üble Überraschungen blühen und das Essen in Ordnung ist. Qualitativ hochwertige frische Zutaten, direkt aus der unmittelbaren Region in kürzester Zeit auf den Tisch zu bringen, ist die Philosophie Peter Gheorgeans, die er anhand seines „Triangel-Systems“ anschaulich erklärt: „Wir fördern die hier ansässigen Bauern und helfen ihnen dabei, ihre Produkte auf dem kurzen Weg nicht nur über Hofläden und Kreisbauernmärkte zu vermarkten, sondern auch direkt Betriebe der Gemeinschaftsverpflegung zu bedienen. Dazu gehört auch die Schulmensa.
Fruchtbare Böden lassen Gemüse, Obst und Getreide von bester Qualität wachsen. Ob konventionell oder in Bio-Qualität angebaut, das Spektrum der Erzeuger ist breit gefächert, unterliegt jedoch immer einer kritischen Qualitätsprüfung seitens der „Bündlerbetriebe“. Nur wer ordentlich produziert, darf liefern. Nur wer die Regeln der Profiküche versteht und mit System wirtschaftet, darf die Lebensmittel zubereiten. So entsteht ein funktionstüchtiges Netz zwischen Erzeuger (Landwirt) – Verarbeiter (Caterer) und Konsument (Schüler). Ein Modell, das auch bei Politikern und Verbraucherzentralen Aufmerksamkeit erregt hat und zur Nachahmung auffordert.
Gutes Schulcatering braucht starke Partner
Caterer Sven Podszus verarbeitetet Gemüse, Fleisch und Obst von regionalen Produzenten. „Die Ware kommt frisch vom Bauern und wird am selben Tag noch verarbeitet. Die Versorgung der Kunden geschieht im „Cook-Serve-Verfahren“ aus der Profiküche in Bensheim. Pro Jahr liefert Podszus circa 460 000 Essen an 250 Tagen an über 80 Schulen und Kitas. Eine gigantische Leistung. „Ein Schüleressen kostet zwischen 3,80 und 4,20 EuÂro. Dafür gibt es Qualität“, betonte Gheorgean. Denn nicht immer hält Schulverpflegung was sie verspricht. Unprofessionelle Schulcaterer sprießen wie Pilze aus dem Boden, um sich ein Stück vom vermeintlich lukrativen Kuchen abzuschneiden. Auf Kosten der Lebensmittelsicherheit und Qualität der Produkte und letzten Endes auf Kosten des Kindes. Preisdumping, aber auch unrealistische Versprechungen, die nach kürzester Zeit revidiert werden müssen und das Budget der Schule zum Sprengen bringen, sind vielerorts ein Problem, mit dem sich Schulträger neben ihrem Kerngeschäft herumärgern müssen. Da hilft nur Professionalität.
Zwölf Schulen werden beliefert
„Mittlerweile werden zwölf Schulen beliefert, sechs weitere haben angefragt“, sagte Gheorgean. Rund 90 Prozent der Schüler bestellen ihr Essen online (www.agrarpower.de), der Rest bestellt per Telefax. Täglich gibt es zwei Menüs zur Wahl (klassisch mit Fleisch oder Fisch und vegetarisch) sowie einen Nachtisch. Die Erdbeeren dafür kommen zum Beispiel vom Spargel und Obsthof Wendel aus Zwingenberg (siehe Foto). Die Menüpläne sind nach Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zusammengestellt und saisonal angepasst.
„Hier in Bensheim kochen wir dank des genialen Triangel-Konzeptes täglich mit 70 Prozent Frischkost“, sagt Podszus. Durch die Kooperation mit dem Regionalbauernverband Starkenburg werden Obst, Gemüse und Salate, soweit verfügbar, ganzjährig frisch bei den regionalen Lieferanten bezogen. Die Fleischerzeugnisse stammen vorwiegend aus artgerechter beziehungsweise ökologischer Tierhaltung aus der Region. „Zum Jahresende 2013 werden zwölf weitere Betriebe die Voraussetzungen für die Bio-Zertifizierung erfüllt haben“, teilte Gheorgean mit. Es gilt: „90 Prozent Regional, 10 Prozent Bio – das Regionalprodukt wird im Zweifelsfall dem nicht regionalen Bioprodukt vorgezogen.“ Caterer Podszus stellt die kritische Frage: „Was nützt ein Bio-Schüleressen, wenn die Bio-Bestandteile aus dem weit entfernten Ausland kommen, es nicht hygienisch proÂduziert wurde, oder die Qualität täglich schwankt. Schulträger müssen sich auf ihren Caterer verlassen können. Sie müssen blind darauf vertrauen können, dass dieser nach HACCP-Richtlinien im Sinne des Lebensmittelhygienegesetzes wirtschaftet und produziert. Personalhygiene, Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Temperaturen beim Transport im Thermoport müssen jederzeit gewährleistet sein, unnötiges Warmhalten und zu lange Standzeiten unbedingt vermieden werden.
Ständige Dialogbereitschaft, ein kundenorientiertes professionelles Miteinander lassen alle Beteiligten gemeinsam langfristig wachsen. Die Speisen werden mit speziell ausgerüsteten Fahrzeugen zu den Schulen gebracht. Dabei wird auch darauf geachtet, dass die Kinder achtsam mit dem Essen umgehen. Esskultur kann man lernen, ein kultivierter Umgang miteinander am Tisch will gelernt sein.
Pettmann – LW 30/2013