„Landwirte heute schon da, wo Dünge-Verordnung hin will“

Ausweisung Roter Gebiete in Waldeck in der Kritik

War die ursprüngliche Ausweisung von Roten Gebieten in Waldeck schon „fachlich nicht plausibel“, schwinden die Reste von Vertrauen bei den Landwirten in wissenschaftlich fundiertes Handeln seitens der Hessischen Landesregierung mit der erheblichen Ausdehnung der Flächen im zweiten Durchgang dahin. Ganz im Gegensatz zu weiten Teilen Hessens, in denen die Roten Gebiete spürbar verkleinert wurden, wurden sie in Waldeck deutlich ausgeweitet. Stephanie Wetekam, Geschäftsführerin des KBV und selbst praktische Landwirtin, konkretisierte die Kritik in ihrem Vortrag auf der Landwirtschaftlichen Woche Nordhessen am Montag vergangener Woche.

Die Video-Aufnahme mit einem modernen Schleppschuh-Güllefass als Hintergrund machte augenfällig deutlich, welchen Aufwand die Waldecker Landwirte schon seit Jahrzehnten in insgesamt fünf Projekten zur Grundwasser schonenden Landbewirtschaftung zur Verbesserung der Grundwasser-Qualität betreiben.

Foto: Dietz

NO3-sensible Gebiete, P-belastete Gebiete, N-Düngung 20 Prozent unter Bedarf, Bedarfsermittlung verpflichtend, Schlag-bezogene Düngung, Zwischenfruchtanbau verpflichtend, Sperrfrist-Erweiterung, neue Meldepflicht auf Online-Platform eingeführt – das ist nur ein kleiner Auszug an Begriffen, die Wetekams Vortrag wie ein roter Faden durchzogen. Um auch bildlich deutlich zu machen, welchen Aufwand die Waldecker Landwirte schon seit Jahrzehnten in insgesamt fünf Projekten (in der ältesten schon seit 30 Jahren) zur Grundwasser schonenden Landbewirtschaftung betreiben, hatte Wetekam sich für die Video-Aufnahme vor einem neuen Schleppschuh-Güllefass postiert.

Bei 2 000 Betrieben mit 41 500 Hektar Ackerland und 30 100 Hektar Grünland, auf die ein Viehbestand von 24 100 Milchkühen und 62 300 Schweinen verteilt werden, entprechen so nach Wetekam 0,7 bis 0,8 GVE je Hektar. „Aus den rund 3 000 Bodenproben jährlich über Jahrzehnte hinweg mit klar erkennbaren absteigenden NO3-Werten lässt sich ableiten und beweisen, dass die Landwirte heute schon da sind, wo die Düngeverordnung hin will“, so Wetekam.

Die Landwirte stimmten zu, dass nach dem Verursacher-Prinzip dort Maßnahmen erforderlich sind, wo es Probleme gibt. Das werde in den Kooperationen auch einvernehmlich so gehandhabt. Sauer stößt den Bauern auf, dass die Partner der Landwirte in den Kooperationen, der RP, die Untere Wasserbehörde, die Landwirtschaftsbehörde, die Wasserwerke, der Bauernverband oder die Kommunen und dem LLH bei der Ausweisung der Roten Gebiete nicht beteiligt wurden. „Die Bauern fühlen sich übergangen“, bringt es Wetekam auf den Punkt. Die Modell-Rechnungen zur Binnendifferenzierung seien für die Landwirte nicht nachvollziehbar. Die Messwerte aus insgesamt lediglich drei Quellen in zwei Grundwasserkörpern seien zur Begründung der Ausweisung herangezogen worden. Die positiven Werte einer ganzen Reihe von Messstellen, die eindeutig aus der positiven Arbeit der Kooperationen resultierten, würden einfach ignoriert.

Ein Gutachten des Bauernverbandes, das die Situation in Waldeck-Frankenberg beleuchtet, komme bereits 2019 zu dem Schluss, dass „diese Ausweisung der gefährdeten Gebiete in der Summe fachlich nicht plausibel ist.“ Und so befürchten die Landwirte, dass aus der jahrzehntelangen Kooperation für den Grundwasserschutz eine Konfrontation entstehen könne.

Die Landwirte sind nach Wetekam weiterhin gesprächsbereit, um gemeinsam an der Verbesserung der Grundwasserqualität zu arbeiten. Sie wollten gerne ihre reichhaltigen Erfahrungen in den Prozess einbringen.

Dazu müsse aber seitens des Landes Transparenz zu vielen Fragen, beispielsweise bezüglich der Auswahl der Messstellen oder warum grüne Messstellen ignoriert worden seien, hergestellt werden. Ansonsten bliebe nur der juristische Weg, um die erforderliche Transparenz zu erreichen.

Dz – LW 3/2021