Landwirte im Spannungsfeld des Ballungsraumes

Hessen und Schwaben im Dialog: Besuch KBV Esslingen

Mitte Juli besuchten Mitglieder des Kreisbauernverbandes Esslingen in Baden-Württemberg mit ihrer Geschäftsführerin Mirjam Schumacher den ehemaligen Geschäftsführer Florian Dangel (jetzt RBV Wetterau-Frankfurt, KBV Hochtaunus) an seinem neuen Wirkungsort.

Christian Allendörfer (links), stellvertretender Vorsitzender des KBV Hochtaunus, stellte seinen Milchviehbetrieb vor.

Foto: Miriam Bienau

Los ging es mit einer Führung auf dem Versuchsfeld des Frankfurter Landwirtschaftlichen Vereins in Bad-Homburg-Ober-Erlenbach, wo Kreislandwirt Georg Kopp den schwäbischen Gästen die Sorten- sowie Anbauversuche auf dem Versuchsfeld erläuterte. Auch besichtigten sie das Hofgut Kronenhof in Bad Homburg. Hans-Georg Wagner erklärte ihnen die Pensionspferdehaltung für Dressurpferde. Stefan Wagner informierte über den landwirtschaftlichen Betrieb. Besonderheit des Kronenhofes ist, aus eigener Braugerste Bier zu brauen und es in der Gaststätte des Hofgutes zu verkaufen.

Austausch zur Arbeit in den Verbandsgebieten

Beim Besuch wurde auch zwischen den anwesenden Vorstandsmitgliedern des RBV und des KBV sowie den Gästen über Gemeinsamkeiten und kleinen Unterschiede zwischen den beiden Verbandsgebieten Esslingen und Wetterau-Frankfurt/Hochtaunus diskutiert. Ein Hauptfaktor, der die Landwirtschaft in beiden Regionen maßgeblich prägt, ist die Nähe zum Ballungsgebiet. Während die Wetterau und der Hochtaunus in direkter Nähe zu der Metropole Frankfurt liegen, ist es beim KBV Esslingen die Nähe zu Stuttgart.

Strukturen der Betriebe verglichen

Und auch die Struktur beider Gebiete ist sehr ähnlich: Einerseits hochwertige Böden mit ackerbaulicher Prägung in Stadtnähe. Die Grünlandnutzung in metropolnähe erfolgt zumeist über Pensionspferdehaltung. Andererseits die Peripherie der Verbandsgebiete, seien es die Randlagen des Vogelsberges und des Hochtaunus in Hessen oder der Albtrauf an der Schwäbischen Alb. Hier haben sich Milchviehhaltung oder extensive Grünlandbewirtschaftung etabliert. Dennoch gibt es in den beiden Gebieten verschiedene Spezialisierungen. Während der Ackerbau in der Wetterau und in Frankfurt von je her durch den Zuckerrübenanbau geprägt ist, haben die Schwaben als Sonderkulturen Gemüsebau auf den Fildern und Weinbau am Neckar.

Probleme: „Flächenfraß“ und kritische Öffentlichkeit

Trotz kleinerer Unterschiede überwiegen die Gemeinsamkeiten: Für die Landwirtschaft in beiden Ballungsräumen steht der Kampf um den Erhalt der landwirtschaftlichen Nutzfläche, aber auch die ständige Auseinandersetzung mit den Wünschen der Verbraucher, die größtenteils ein realitätsfernes Bild der Landwirtschaft haben, auf der täglichen Agenda. Jedoch bietet der Ballungsraum wegen der zunehmenden Wünsche der Verbraucher regionale Lebensmittel zu kaufen, auch Vorteile für den Direktabsatz eigener Produkte.

Dennoch gibt es auch Unterschiede zwischen den Verbrauchern in den Regionen: Stuttgart gilt als das Zentrum des Mittelstandes in Deutschland. Die Region ist geprägt durch die vorhandenen Industriestandorte, vor allem Auto- und Maschinenbauindustrie und die zumeist seit Jahrzehnten in der Region verwurzelte Bevölkerung. Frankfurt hingegen ist primär ein Dienstleistungs- und Bankenstandort mit zugezogenen Bewohnern. Insofern lässt sich erklären, dass die Gäste aus Esslingen berichten konnten, dass die Direktvermarktung und das Regionalbewusstsein der Einwohner beim Einkauf schon länger besteht, als dies in Hessen der Fall ist. Hier gewinnen regionale Initiativen, beispielsweise Landmarkt oder Hofläden, erst in den letzten Jahren an zunehmender Bedeutung. Weiterhin besichtigte man den Milchviehbetrieb von Christian Allendörfer in Wehrheim. Hier gab es eine angeregte Fachdiskussion, die neben fachlichen Aspekten natürlich die aktuelle Preissituation beinhaltete. Auch hier zeigte sich, dass die hessischen und die schwäbischen Probleme dieselben sind.

Dialog zwischen den Verbänden fortführen

Beim Besuch gab es einen regen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern beider Verbände. Dies soll auch künftig stattfinden, um gemeinsam Probleme zu besprechen und den Dialog zu fördern. Für das kommende Jahr ist ein Gegenbesuch der Hessen in Esslingen geplant. Und wer weiß, vielleicht entsteht ja daraus eine überregionale Verbandspartnerschaft.

rbv – LW 31/2016