Landwirte sind einer Vielzahl von Risiken ausgesetzt

Agrarforum Vereinigte Hagel und Claas Hessen

Die Bezirksversammlung der Vereinigten Hagel, Gießen, fand in diesem Jahr erstmals als Agrarforum bei der Claas Hessen Vertriebs GmbH in Fritzlar statt. Themen waren neben dem Geschäftsbericht der Hagelversicherung die Landtechnik der Zukunft und die Reaktionen des Berufsstandes auf Ernährungsmythen und sogenannte Lebensmittelskandale.

Dr. Rainer Langner: „2013 hat vielen Versicherern die Bilanz verhagelt.“

Foto: Becker

Bezirksdirektor Dr. Winfried Hecht stellte zunächst das Geschäftsergebnis 2013 vor und sprach vom mit Abstand stärksten Hagelschäden-Jahr. „Vor allem die Unwetter Anfang August haben schwere Schäden in Mais und Raps, aber auch in Rüben, bei Getreide, Gemüse und Obst hinterlassen. Bundeweit sei eine Schadensquote von 84,3 Prozent zu verzeichnen gewesen und damit ein Überschadenjahr.

Die Versicherungsnehmer hätten auf die Preisentwicklungen bei Getreide, Mais und Ölfrüchten reagiert und die Hektarwerte zum Saisonstart nach oben angepasst. Daneben sei auch die versicherte Fläche gestiegen und zwar um 2 Prozent auf knapp 4,6 Mio. ha. Dr. Hecht wies auf die vergleichsweise geringe Kostenquote von 15,5 Prozent hin, was den hoch effektiven Verwaltungs- und Personaleinsatz der Vereinigten Hagel dokumentiere.

Wettergeschehen verändert das Risikomanagement

„Hochwasserschäden an Flüssen sind nicht versicherbar, wohl aber solche durch Niederschläge“, erläuterte Hecht. Die Landwirte stellten sich mit ihrer Risikovorsorge auf das veränderte Wettergeschehen ein, was der Vereinigten Hagel eine überproportionale Entwicklung ermöglicht habe – sowohl beim Neugeschäft wie auch bei der Absicherung gegen Sturm- und Starkregenschäden.

Hinter den 7100 Neuverträgen mit Secufarm-3-Produkten verberge sich eine versicherte Fläche von 281 000 ha. SECUFARM 3 sei die optionale Erweiterung für Verträge im Ackerbau und versichere Getreide, Energiepflanzen, Kartoffeln, Mais, Ölfrüchte und Rüben gegen Hagel, Sturm und Starkregen.

Auch die Auslandsmärkte in Italien, Luxemburg, Belgien, den Niederlanden, Dänemark sowie Lettland und Litauen entwickelten sich laut Dr. Hecht insgesamt weiter erfreulich. Versicherungsfläche und -summe seien mit 12,6 beziehungsweise 10,5 jeweils zweistellig gestiegen.

Dr. Rainer Langner, Vorstandsvorsitzender der Vereinigten Hagel, stellte Versicherungen im Pflanzenbau als Baustein für die betriebliche Sicherheit heraus. Das aktuelle Schadensjahr 2013 habe vielen Versicherern die Bilanzen verhagelt, so dass durchaus mit steigenden Beiträgen zu rechnen sei, so Langner.

Der Elektronik-Einsatz muss sich rechnen

Der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer fordert mehr Selbstbewusstsein von den Bauern.

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Der Geschäftsführer CLAAS Hessen GmbH, Dr. Harald Bräutigam, referierte zum Thema „Landtechnik der Zukunft – Wie viel Elektronik brauchen wir?“ und machte die Beantwortung der Frage von der Wirtschaftlichkeit abhängig. „Die Elektronik wird eingesetzt, um Kosten zu senken, Erträge sowie Qualitäten zu steigern und um die Arbeit zu erleichtern.“

Ob sich nun eine Investition in solche Technik lohne, hänge auch vom Einsatz der Maschine ab: „Wenn ich den Traktor hauptsächlich für Transportfahrten oder zum Pflügen einsetze, wird sich der Einsatz von Bordelektronik kaum rechnen“, erläuterte Bräutigam.

Ernährungsempfehlungen erfolgen oft ohne Grundlage

Udo Pollmer vom Europäischen Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaft fragte „kann denn essen Sünde sein?“ Der aus Talkshows und Publikationen bekannte Lebensmittelchemiker warf der Ernährungsberatung vor, den Verbrauchern permanent ein schlechtes Gewissen hinsichtlich ihrer Ernährungsgewohnheiten zu machen; diese suchten dann einen Sündenbock – und das seien die Erzeuger.

Pollmer ließ kein gutes Haar an den gängigen Ernährungsempfehlungen, deren Entstehung er an verschiedenen Beispielen belegte: So werde die Gesundheitswirkung von Fisch am hohen Anteil Hundertjähriger an der japanischen Bevölkerung festgemacht, die ja bekanntlich viel Fisch esse. Leider hätten die dortigen Einwohnermeldeämter bei einer Überprüfung keinen einzigen der in den Listen geführten über 100 Jahre alten Renten-Bezieher lebend angetroffen; offiziell hätten es 230 000 sein sollen. Dennoch bestünden solche Ernährungsmythen hartnäckig fort.

Berufsstand muss sich gegen Verleumdungen wehren

Schlimmer noch in ihrer Wirkung seien die wiederkehrenden sogenannten Lebensmittelskandale, an denen oft nichts dran sei, deren Fehlinformationen aber dennoch in den Köpfen hängenblieben. „Die Dioxinkonzentration, die 2012 in Eiern entdeckt wurde, war so gering, dass ein Hamster 300 Mio. Stück hätte fressen müssen, um daran einzugehen. Die mediale Welle war allerdings gewaltig.“

Pollmer forderte von Erzeugern und Branchenorganisationen, mit ihren guten Argumenten in die Offensive zu gehen. Leider dürften Umweltorganisationen und Vegetarierverbände nahezu un­widersprochen ihre zweifelhaften Botschaften verbreiten. „Diese Leute wollen die Tierhaltung abschaffen und haben durch das Internet starken Zulauf bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Das wird sich immer stärker in Wahlergebnissen niederschlagen, und der Bauernverband tut nix dagegen“, so Pollmers Resümee und gleichzeitig eindringliche Aufforderung an den Berufsstand.

KB – LW 51-52/2013