Landwirtschaft braucht jedes Jahr 3 500 neue Betriebsleiter

Wissenschaftler erwarten keine Nachwuchslücke

In Anbetracht des fortschreitenden Strukturwandels in der Landwirtschaft fällt der dortige Fachkräftemangel bei gleichbleibenden Ausbildungszahlen in den nächsten Jahren insbesondere auf Betriebsleiterebene nicht so groß aus wie mitunter befürchtet. Zu diesem Ergebnis kommen die Agrarökonomen Prof. Stephan von Cramon-Taubadel und Dr. Carsten Holst von der Universität Göttingen im Rahmen einer Studie, die von der Edmund-Rehwinkel-Stiftung der Landwirtschaftlichen Rentenbank unterstützt wurde.

Der Bedarf an landwirtschaftlichen Betriebsleitern, die neu in den Beruf einsteigen, ist groß. Ein gravierender Nachwuchsmangel ist derzeit nicht in Sicht.

Foto: landpixel

Die Autoren machen unter Hinweis auf den agrarpolitischen Bericht der Bundesregierung 2015 darauf aufmerksam, dass sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft in den letzten Jahren verlangsamt habe. Im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen seien allerdings im Agrarsektor überdurchschnittlich viele Betriebsleiter und Beschäftigte älter als 55 Jahre. Zwischen 2013 und 2023 würden daher rund 250 000 Personen die Regelaltersgrenze erreichen.

Hofnachfolge meist offen

Laut Cramon-Taubadel und Holst war darüber hinaus im Jahr 2010 lediglich bei 37 Prozent aller Haupterwerbsunternehmen die Hofnachfolge geklärt; bei Nebenerwerbsunternehmen sei sogar nur die Zukunft jedes vierten Betriebes gesichert gewesen. Vor diesem Hintergrund rechnen sie bis 2031 mit einem Bedarf von jährlich rund 3 500 einsteigenden Betriebsleitern, davon 2 400 Geschäftsführer für Einzelunternehmen, 900 Nachfolger für Betriebsleiter von Personengesellschaften sowie 200 neue Betriebsleiter für juristische Personen. Dem standen nach Angaben der Göttinger Agrarökonomen im Zeitraum 2012 bis 2014 im Durchschnitt jährlich gut 3 000 abgeschlossene Berufsausbildungen zum Landwirt und weitere knapp 1 300 Abschlüsse in anderen „grünen“ Berufen gegenüber.

Qualifizierte Arbeitskräfte gefragt

Cramon-Taubadel und Holst weisen darauf hin, dass nicht alle Absolventen unmittelbar als Betriebsleiter in die Landwirtschaft einsteigen würden. Dennoch sei davon auszugehen, dass unter Berücksichtigung der abnehmenden Zahl landwirtschaftlicher Betriebe auf absehbare Zeit ausreichend Nachwuchsführungskräfte mit entsprechenden Qualifikationen ausgebildet würden. Die in Folge des fortschreitenden Strukturwandels steigende Flächenausstattung der bestehenden Agrarbetriebe und eine zunehmende Technisierung werde jedoch immer höhere Anforderungen an die berufliche Qualifikation der Hofnachfolger stellen, betonen die beiden Agrarökonomen. Unabhängig von den Entwicklungen auf Betriebsleiterebene rechnen sie überdies vor allem im Westen Deutschlands mit einem zunehmenden Bedarf für qualifizierte Fremdarbeitskräfte.

age – LW 32/2017