Landwirtschaftliche Betriebe rechnen in langen Zeiträumen

Agrarpolitisches Gespräch der Liberalen mit Schmal

In der vergangenen Woche traf sich der Präsident des Hessischen Bauernverbandes (HBV), Karsten Schmal zu einem Meinungsaustausch mit Hermann Otto Solms, Mitglied des Präsidiums und des Bundesvorstandes der FDP, in Korbach.

Von links: Otto Wilke, Arno Wiegand, FDP-Schatzmeister Hermann Otto Solms, HBV-Präsident Karsten Schmal, Jochen Rube, Heinrich Heidel und Landwirt Carsten Rube mit Tochter Johanna.

Foto: Dr. Karl Schilling

„Schwarze Zahlen müssen schon herauskommen, sonst ergibt ein Betrieb keinen Sinn“, sagte Schmal zu Beginn.

Der HBV-Präsident nutzte die Gelegenheit, um den Politiker für die Anliegen der Landwirte zu sensibilisieren. FDP-Bundestagskandidat Jochen Rube hatte zum Gespräch über „Landwirtschaft und Liberalismus“ auf den elterlichen Betrieb in Korbach geladen. HBV-Präsident Schmal, der ebenfalls DBV-Milchpräsident ist, betonte: „Wir Landwirte brauchen eine Politik, die uns nicht maßregelt, sondern eine, welche Leitplanken vorgibt.“

Die Betriebe bräuchten mehr Planungssicherheit, denn sie rechneten in langen Zeiträumen: „Nachhaltigkeit ist für mich das, was meine Familie seit Generationen macht“, so Schmal. Bei Investitionen habe sich der Betrieb auf mindestens zehn bis 20 Jahre festgelegt.

Milcherzeugerland Waldeck-Frankenberg

Die Landwirtschaft habe zwei schwere Jahre hinter sich, sagte Schmal mit Blick auf vielfach zu niedrige Erzeugerpreise. Immerhin sei der Milchpreis seit ein paar Monaten stabil: „Das Angebot ist deutlich zurückgegangen“, der Markt habe reagiert, und auch die seit dem Frühjahr laufenden Programme seien hilfreich. Schmal meinte weiterhin, Waldeck-Frankenberg sei ein Milcherzeugerland, die Landwirte bewirtschafteten zum großen Teil Grünland. Die meisten Betriebe hätten keine Alternative zum Milchvieh. Reiche der Ertrag nicht mehr, sei die Schließung des Betriebes die Folge. Nur: Wer sorge dann noch für den Erhalt der Kulturlandschaft, auf die ja auch die Touristen setzten? Ein weiteres Thema sei die teils mangelnde Wertschätzung der Landwirtschaft.

Debatten ums Tierwohl oder Gentechnik belasten die landwirtschaftlichen Familien genauso wie zu niedrige Preise, erklärte Schmal. Dabei hätten die Betriebe schon viel getan, ob bei der Tierhaltung oder bei der Begrenzung der Pflanzenschutzmittel auf ein Mindestmaß.

Niemals zuvor seien Landwirte besser ausgebildet gewesen, sie sorgten für niedrige Preise und Versorgungssicherheit, die Qualität ihrer Produkte stehe nie im Zweifel. Dennoch sei das Ansehen der Landwirte nicht entsprechend der Leistung für die Gesellschaft. Viele fragen sich: „Kommunizieren wir falsch?“ Selbst auf dem Land wüssten die Kinder heute nur wenig von der Arbeit der Landwirte. Deshalb bemühe sich der Bauernverband verstärkt um die Öffentlichkeitsarbeit – und das vielfältig und über die neuen Medien. Hermann Solms begrüßte dies: „Das ist ganz, ganz wichtig.“ Jochen Rube monierte die „Bauern­re­geln“-Kampagne von Umweltministerin Barbara Hendricks. Für überprüfenswert hält der Lehrer auch das Bild, das in Schulbüchern von der Landwirtschaft gezeichnet werde.

„Skandalberichte schädigten das Ansehen des Berufsstandes“, sagte Schmal und fügte hinzu: „Hut ab vor den Junglandwirten, die Betriebe übernehmen.“ Sie hätten auch innovative Ideen. Und: „Die Landwirtschaft will Veränderungen mittragen.“ Ihm wäre es am liebsten, wenn die Landwirte für ihre Leistungen adäquat in den Erzeugerpreisen entlohnt würden. Doch trotz aller öffentlichen Bekenntnisse setzten viele Verbraucher letztlich auf den niedrigen Preis. „Diese Diskussionen führen wir jeden Tag“, stellte der HBV-Präsident fest.

Novelle des Erneuerbare- Energien-Gesetzes erörtert

Zu Beginn des Besuches führten Carsten Rube und seine Eltern die Besucher zur Biogasanlage, die seit dem Jahr 2005 Lebensmittelabfälle vergärt. Sie erzeugt 550 Kilowattstunden Strom und ebenso viel Wärme – das Kreishaus ist ans Wärmenetz angeschlossen. Die Gärreste kommen als Dünger auf die eigenen Felder. Kritisch sieht Rube Pläne, das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit seinen festen Einspeisevergütungen auslaufen zu lassen, er befürchtet zu stark fallende Strompreise. Davon sei aber auszugehen, so Otto Solms, der die Pläne verteidigte: Festgeschriebene Strompreise seien nicht akzeptabel, „die Zusatzkosten kann man den Verbrauchern nicht mehr zumuten.“

Derzeit lägen sie bei 35 Mrd. Eu­ro im Jahr, 400 Euro je Haushalt. Das Auslaufen des Gesetzes und die Abschaffung der Stromsteuer entlaste die Haushalte um zehn Mrd. Euro. Bestandssicherung müsse sein, forderte Heinreich Heidel, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Frankenberg. Biogasanlagen hätten Bestandsschutz, sagte Solms. Aber nach dem Auslaufen der gesetzlichen Festvergütung müssen sie im Wettbewerb bestehen. Die Anlagen müssten zu marktgerechten Preisen produzieren. Solms verwies darauf, dass Offshore-Windparks inzwischen nahezu „grundlastfähig“ seien, also fast das ganze Jahr Strom lieferten. HBV-Präsident Schmal kritisierte den deutschen Alleingang bei der „Energiewende.“ Er monierte Entwicklungen bei den erneuerbaren Energien. „Wir wollten Wertschöpfung vor Ort für die Landwirte, aber das haben wir nicht geschafft“, erläuterte Schmal.

Dr. Schilling – LW 22/2017