Laubholz kann aufholen

Vor allem Buche lässt sich im Bauwesen gut verwenden

Brettschichtholz wird überwiegend aus Nadelhölzern hergestellt: Über 90 Prozent der jährlich in Europa produzierten vier Millionen Kubikmeter Brettschichthölzer sind aus Kiefer und Fichte. Wie lange noch? Schließlich wird bei der Holzart Fichte allmählich die Grenze nachhaltiger Nutzung erreicht. Der wegen des Klimawandels erforderliche Waldumbau ist in vollem Gange und das Laubholz im Kommen. Doch in Mitteleuropa wird Laubholz bisher unzureichend genutzt. Die Vorräte in den Wäldern steigen, die Schnittholzproduktion sinkt, traditionelle Absatzmärkte fallen weg. Das ist die Situation, in der sich die Forst- und Holzwirtschaft derzeit befindet. Es gilt, neue Produkte zu entwickeln, die eine hohe Wertschöpfung für die gesamte Forst-Holz-Kette erwarten lassen.

Biu: Nun gibt es auch einen Klebstoff, der die Verleimung von Laubholz ermöglicht. Das ist auch dringend notwendig, denn in einigen Jahrzehnten wird der Nadelholzanteil in deutschen Wäldern deutlich geringer sein als heute.

Foto: Döhn-Siegel

Eine Möglichkeit der Laubholznutzung, speziell von Buche, die mengenmäßig in Mitteleuropa das größte Segment von Laubhölzern stellt, scheint sich im Bauwesen abzuzeichnen. Dort werden etwa zwei Drittel des erzeugten Nadelschnittholzes, bisher aber kaum Laubholz eingesetzt. Natürlich ließe sich Holz durch verschiedene andere Materialien substituieren, doch viele gute Gründe sprechen für das von der Natur Fabrizierte: abgesehen von ästhetischen Aspekten das hervorragende Verhältnis von Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften zum Eigengewicht und seine Dauerhaftigkeit. „Zudem sollte man berücksichtigen, dass Holz hilft, den ökologisch negativen Rucksack im Bauwesen zu verkleinern: Es ist energiesparend zu bearbeiten und bewirkt durch seine Kohlenstoffspeicherung eine CO2-Senkung“, so Professor Dr. Mike Sieder vom Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion an der Technischen Universität München bei der Würzburger Tagung „Laubholz im Bauwesen“. Sie wurde gemeinsam veranstaltet vom Cluster Forst und Holz in Bayern, der Studiengemeinschaft Holzleimbau und der Holzforschung München an der TU München.

Um Laubholz stärker als bisher im Bauwesen einsetzen zu können, müssen wesentliche Punkte wie definierte Eigenschaften, dauerhafte Verwendbarkeit in der jeweiligen Nutzungsklasse, baurechtliche Verwendbarkeit, ausreichende Brandsicherheit bis hin zur preiswerten Verfügbarkeit erfüllt werden. Hier ist die Forschung gefragt. Sie hat sich des Themas angenommen und kann erste Ergebnisse präsentieren.

Weil der Rohstoff (bislang) gut verfügbar und leicht zu verarbeiten ist, wird Brettschichtholz (BSH) vorwiegend aus den Nadelhölzern Fichte und Kiefer gefertigt. Um die Tragfähigkeit und Steifigkeit zu verbessern, wurde bereits vor Jahrzehnten vorgeschlagen, BSH aus hochfesten Laubhölzern herzustellen. Wegen ihrer guten elastomechanischen Eigenschaften sind Buche und Esche besonders geeignet – vo­rausgesetzt, es gibt für sie Klebstoffe, mit denen sich dauerhafte und zuverlässige Verbindungen zwischen den Lamellen herstellen lassen. Das ist kein Problem bei Nadelholz, sehr wohl aber eines bei Laubholz, das große Unterschiede hinsichtlich Rohdichte, Porosität, Holzinhaltsstoffen und pH-Wert aufweist. Mit steigender Rohdichte steigen meistens auch die Oberflächendichtheit und das Quell- und Schwindverhalten. Je dichter die Oberfläche, desto schwieriger wird die Verankerung des Klebstoffs. Bei schweren Laubholzarten ist bei einer Änderung der Holzfeuchte zudem mit starken Spannungen zu rechnen. Die lassen sich durch kleinere Lamellenquerschnitte reduzieren und dadurch, dass die Feuchte bei der Verklebung etwa dem Feuchtegehalt entspricht, der später im eingebauten Zustand zu erwarten ist.

Klebstoff für Buche entwickelt

Zurück zur Buche: Für sie hat die TUM einen Klebstoff entwickelt, der die baurechtlichen Anforderungen erfüllt und vor Kurzem die bauaufsichtliche Zulassung erhalten hat. Ein zweiter Klebstoff werde derzeit geprüft, so Michael Schmitt von der Holzforschung München. Er berichtete, dass auch Esche zwar zufriedenstellend verklebt werden kann, es für sie – ebenso wie für Eiche – aber noch keinen baurechtlich anerkannten Klebstoff gibt. Sollen verklebte Bauteile aus Esche oder Eiche verwendet werden, muss daher die Baubehörde im Einzelfall zustimmen.

Wegen der großen Streuung der Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften der Schnitthölzer müssen diese aus wirtschaftlichen Gründen sortiert werden. Bereits 2003 wurde in Deutschland dafür auf der Grundlage umfangreicher Untersuchungen die DIN 4074 Teil 5 „Sortierung von Laubschnittholz nach der Tragfähigkeit“ eingeführt. Diese Norm enthält Sortierkriterien für Kant­hölzer, Balken, Bretter und Bohlen. Wesentlich ist dabei die Astigkeit der Markröhre, die in Buchen- und Eschenschnittholz nicht, in rotkerniger Buche dagegen unbegrenzt zulässig ist.

Höhere Festigkeit als Eichenholz

Für Buchen-, Eichen- und Eschenschnittholz konnten – nach umfangreichen Biege- und Zugprüfungen – mittlerweile die für eine Verwendung im Bauwesen erforderlichen Materialkennwerte in die nationalen und europäischen Normen aufgenommen werden. Bemerkenswert: „Buche und Esche konnten wegen ihrer höheren Festigkeits- und Steifigkeitswerte in höhere Festigkeitsklassen als Eiche eingestuft werden. Visuell sortiertes Buchen- und Eschenschnittholz weist eine bis zu 50 Prozent höhere Biegefestigkeit auf als Fichtenholz üblicher Bauqualität“, berichtete Peter Glos, Professor im Ruhestand von der TU München.

Egal, ob maschinelle Sortierung oder Festigkeit: Bretter aus Buche oder Esche (beziehungsweise deren mechanische oder geklebte Verbindungen) schneiden im Vergleich zur Fichtenkonkurrenz beziehungsweise maschinell sortiertem Nadelholz in der derzeit höchstmöglichen Sortierklasse im Mittel bis zu 50 Prozent besser ab. Um die sich daraus ergebenden Chancen bestmöglich nutzen zu können, müssen die maschinellen Sortierverfahren für Laubhölzer noch in die Praxis eingeführt werden. Ebenfalls erforderlich ist es, die europäisch genormten Festigkeitsklassen für Bauholz noch besser an die Festigkeitsprofile einheimischer Laubhölzer anzupassen.

Anwendungsgebiete für Buchenbrettschichtholz, für dessen Herstellung sich grundsätzlich parallel besäumte Blockware und visuell vorsortiertes Schnittholz aus selektivem Einschnitt eignen, se­hen die Forscher vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) vor allem im Innenbereich: bei Holz- und Glas-Fassaden, Emporen und repräsentativen Treppen.

Mehrzapfen­verbin­dungen aus Buchenbrettschichtholz eignen sich sehr gut zur Herstellung tragfähiger und steifer Verbindungen in Holz-Glas-Fassaden. Forschungsbedarf besteht laut Dr. Matthias Frese vom KIT noch auf dem Gebiet der Verbindungsoptimierung und hinsichtlich klimatischer Einwirkungen. In Versuchen und Simulationen des KIT wurde festgestellt, dass Verbindungen aus Buchenbrettschichtholz mit stiftförmigen Verbindungsmitteln im Vergleich mit Fichtenbrettschichtholz wesentlich schlanker und kompakter ausfallen. Höhere Materialkosten für Buchenbrettschichtholz relativieren sich daher durch geringeren Materialverbrauch.

Frese verwies aber auch darauf, dass Buchenholz aufgrund seiner hohen Elastizitätsmodule quer zur Faser und seiner zugleich hohen Schwindmaße bei unsachgemäßer Lagerung und schädlicher klimatischer Beanstandung zur Rissbildung neigt. In hybriden Trägern entstehen unter entsprechenden klimatischen Bedingungen Eigenspannungen, wenn die jeweiligen Holzfeuchten des miteinander verklebten Buchen- und Fichtenholzes stark voneinander abweichen. Sabine Döhn-Siegel