Leader-Projekte im Gießener Land vorgestellt
Junglandwirte-Stammtisch zur Förderung der Diviersifizierung
Sebastian Grimm vom Verein „Region GießenerLand“ sprach kürzlich beim Junglandwirte-Stammtisch Gießen/Wetzlar/Dill in Lich-Eberstadt zum Thema „Einkommensdiversifizierung landwirtschaftlicher Betriebe – Förderungen und Möglichkeiten im Zuge des EU-Leader-Programms.“
Der Verein „GießenerLand“ wurde vor genau vier Jahren, im Februar 2008 gegründet, er hat derzeit 51 Mitglieder, darunter der Landkreis Gießen sowie alle Städte und Gemeinden des Landkreises (mit Ausnahme der Stadt Gießen). Auch regionale Bankinstitute, Vereine, Privatpersonen und Verbände wie der Kreisbauernverband gehören dazu. Erster Vorsitzender von „GießenerLand“ ist Kurt Hillgärtner, Bürgermeister von Rabenau, stellvertretende Vorsitzende ist Landrätin Anita Schneider. Die Landwirtschaft ist im Vorstand drei Mal vertreten: Die Vorsitzende der Bezirkslandfrauen Christel Gontrum ist Schriftführerin, der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Manfred Paul und der ehemalige Kreislandwirt Heinz Becker sind Beisitzer. Der Verein hat vier Arbeitsgemeinschaften zu den Themen Wirtschaft, Tourismus, Dorfentwicklung und Umwelt. Grundlage der Arbeit ist das „Integrierte Regionale Entwicklungskonzept“ (iREK) für den Landkreis Gießen. Der Verein unterstützt die Projektträger bei der Entwicklung und bei der Antragstellung, bei Öffentlichkeitsarbeit und der Zusammenarbeit mit Behörden, „dazu gehört auch Controlling, was bedeutet: Immer wieder nachfassen,“ sagt Sebastian Grimm.Schwerpunkte der Förderung
Hintergrund der Vereinsarbeit ist die gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union. Neben der „1. Säule“ (Marktpolitik, Direktzahlungen) gewinnt die „2. Säule“ (Politik zur ländlichen Entwicklung) zunehmende Bedeutung. Rechtliche Grundlage ist die „ELER-Verordnung“ (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums) mit den Schwerpunkten „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Land- und Forstwirtschaft“, „Verbesserung der Umwelt und der Landschaft“ sowie „Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft und Verbesserung der Lebensqualität im ländlichen Raum“. Koordiniert werden die Förderungen durch das Leader (Liaison entre actions de développement de l“économie rurale)-Programm, in Hessen festgeschrieben in den Richtlinien des Landes zur Förderung der regionalen Entwicklung. Der Fördergrundsatz lautet immer „Bottom-Up“, das heißt, es sollen „von unten nach oben“ Initiativen gefördert werden die aus der Bevölkerung kommen. An diesem Punkt kommt das Regionalmanagement ins Spiel, im Landkreis vertreten durch den Verein GießenerLand. Einige Projekte, an denen der Verein bisher beteiligt war, sind der Stadtturm Lich, der Lumdawanderweg, die Bioenergie-Region Mittelhessen oder der Dorfladen in Hungen-Villingen, der in diesem Jahr eröffnen soll.
Möglichkeiten für Landwirte
Wie kann die Landwirtschaft profitieren, welche Möglichkeiten bestehen, Mittel aus der „2. Säule“ zur Förderung landwirtschaftlicher Betriebe zu erhalten? Förderangebote gibt es etwa für regionale Wertschöpfung und Lebensqualität, DorfÂerneuerung und Landtourismus, für diesen ist neben anderem definiert: „Investitionen zum Aufbau und der Weiterentwicklung zeitgemäßer landtouristischer Unternehmen“. Das können Unterkünfte sein wie FeÂrienwohnungen und Gästezimmer, Gastronomie in einem Bauernhofcafé, ein Hofladen zur Direktvermarktung oder auch sogenannte „zielgruppenorientierte Einrichtungen“, etwa für Radfahrer oder Wanderer. Die Förderquote beträgt 25 Prozent der Investition, aber maximal 30 000 Euro. Peter Fay aus PohlÂheim sieht den Bedarf vor allem in der Modernisierung bestehender landwirtschaftlicher Ferienwohnungen: „Wer heute eine Ferienwohnung anbietet wie vor 20, 30 Jahren, zu dem kommen die Leute nicht“. Für die Leader-Förderung gilt aber, so Sebastian Grimm: „Es sollte etwas Neues dabei geschehen, Modernisierung alleine reicht nicht.“ Hans Steinbichler, Pohlheim, erklärte: „Wenn ich Tourismus mache, dann muss ich auch etwas bieten, so nebenher funktioniert das nicht“, dann aber werde man mit einem Vorhaben schnell gewerblich; auch die Umnutzung von leerstehenden Gebäuden im Außenbereich zum Landtourismus sei nicht ohne Weiteres möglich. Das Regionalmanagement GießenerLand bietet in solchen Fällen Planungshilfe an: „Kommen Sie mit der Idee zu uns, es gibt immer verschiedene Möglichkeiten, was passt,“ so Grimm. Manchmal müsse man SchlupfÂlöcher in den Förderrichtlinien finden, „da bieten wir die Beratung an, und sie ist kostenlos.“
Gemeinsame Vermarktung
Besonders gefördert im Leader-Programm werden betriebliche Kooperationen, etwa zur Vermarktung gleichgerichteter Angebote. Beim Zusammenschluss regionaler oder überregionaler landwirtschaftlicher Betriebe beträgt die Förderquote 70 Prozent, die Obergrenze liegt wieder bei maximal 30 000 Euro. Wie würde denn in diesem Rahmen die gemeinsame Rindfleischvermarktung mehrerer Betriebe in Kooperation mit einem regionalen Metzger, etwa unter dem Siegel „Limesrind“ gefördert, fragte Fay. Die Produktion selbst könne keine Förderung erwarten, sagte Grimm, wohl aber „alles drum herum“, wie Marketing und Label, und „wir beraten, ist eine Idee förderfähig, und wie kommt man dahin?“ Die Klärung der Förderfähigkeit solle zuerst und vor allen weiteren Beratungen stattfinden, entscheidend ist immer die Frage: „Passt es in die Zielsetzung des regionalen Entwicklungskonzeptes?“
Vorteil der Zusammenarbeit
Investition muss Sinn machen
Eines solle man aber vermeiden: Ein Vorhaben nur deshalb angehen, weil es dafür eine Förderung gibt. „Es sollte etwas sein, was man ohnehin machen will,“ sagte Grimm. Das Geld gibt es nicht als Investitionsförderung vorab, sondern die Zahlungen erfolgen erst nachträglich, bei Vorlage des Verwendungsnachweises. „Was einen abschreckt, ist die Bürokratie,“ meinte indes Peter Fay, und Sebastian Grimm räumte ein, „wenn man für 3 000 Euro einen Wust an Auflagen erfüllen muss, da überlegt man sich wirklich, ob es noch Sinn macht.“ Allerdings: Gerade die förderfähigen Vermarktungskonzepte seien ja „nicht-investive“ Sachen, mit Bauauflagen oder Ähnlichem ist hier ja nicht zu rechnen.
Nahversorgung in Dörfern
Aktuelles Thema ist zurzeit die Nahversorgung, in vielen Dörfern haben die letzten Geschäfte schon geschlossen. Der Nahversorgungskongress vergangenes Jahr in Staufenberg habe aber deutlich gezeigt: „Es gibt Initiativen weg von der großen Fläche und wieder hin zu den kleinen Konzepten,“ so Grimm. Beim Dorfladen in Villingen etwa sind die Stadt Hungen und das Handelsunternehmen tegut beteiligt. Im Rahmen des Stadterneuerungsprogramms sei dies zwar eher „von oben nach unten“ geplant gewesen, aber „so herum geht es auch“. Auch bei der Planung für einen Dorfladen in Lich-Eberstadt ist der Verein GießenerLand mit seiner Expertise beteiligt, das Regionalmanagement erstellt die Beurteilung und klärt die Fragen: „Was gibt es dafür, wie muss man das angehen?“ Heinz Becker meinte abschließend: „Der Vorstand sucht Projekte, Geld ist da, wir müssen es nur ausgeben.“
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