Limburger Landwirte sind auf die B 49 angewiesen

Verbot für Traktoren hat Konsequenzen für Betriebe

Sind Alternativen zur Bundesstraße B 49 im Landkreis Limburg-Weilburg praxistauglich? Mit dieser Frage müssen sich Landwirte in der Region befassen, seitdem im Zuge des Ausbaus der B 49 eine Ausrufung zur Kraftfahrstraße und damit ein Verbot für Traktoren im Raum steht. Johannes Koenig begleitete den Elzer Landwirt Andreas Michel bei einer Fahrt entlang der offiziellen Ausweichroute.

Andreas Michel aus Elz ist auf die B 49 angewiesen.

Foto: Johannes Koenig

Wie wirkt sich eine mögliche Sperrung der B 49 konkret auf den landwirtschaftlichen Verkehr aus? Dieser Frage geht Landwirt Andreas Michel vom Neun-Morgen-Hof in Elz nach, indem er die von der Landesbehörde Hessen Mobil vorgeschlagene Ausweichroute zwischen seinem Betrieb und dem Landhandel in Runkel-Dehrn ausprobiert hat.

Für die Fahrt hat er einen typischen Getreidezug, wie er in der rund dreiwöchigen Erntezeit bis zu 24 Stunden am Tag im Einsatz ist, zusammengestellt. Mit Zuladung kommen Traktor und Anhänger auf ein Gesamtge­wicht von 36 t. „Der Schlepper hat eine TÜV-Zulassung von 50 km/h, der Anhänger von 40 km/h“, erklärt der Landwirt. Da der langsamste Teil das Gesamt­tempo vorgibt, dürfen wir nur mit 40 km/h unterwegs sein. Während der Ernte hat er drei solcher Züge im Einsatz.

Andere Verkehrsteilnehmer zeigen oft keine Rücksicht

Los geht es über einen Landwirtschaftsweg, den Berg runter in Richtung Elz. Obwohl die mo­derne Vorderachsenfederung kein Vergleich mehr zur Federung früherer Traktoren darstellt, suche ich als Beifahrer in der Fahrzeugkabine schnell nach dem Haltegriff, um nicht ganz so sehr durchgeschüttelt zu werden. Bei der Johanneskapelle biegen wir auf die Hauptstraße ein und folgen ihr in Richtung Limburg. Es dauert nicht lange, und es bildet sich hinter uns eine kleine Kolonne von drei, vier Autos, die darauf warten, überholen zu können. Das Verständnis anderer Verkehrsteilnehmer sei manchmal durchaus begrenzt, berichtet der Landwirt. Überholmanöver an unübersichtlichen Stellen kämen immer wieder vor. Die Abbiegung den Berg hoch in Richtung Offheim lassen wir wortwörtlich links liegen. Denn die kürzere Strecke gehört nicht zu der von Hessen Mobil vorgegebenen Route. Eine Entscheidung, die angesichts der engen Offheimer Gassen, besonders an der Pfarrkirche, nachvollziehbar erscheint. Stattdessen biegt der Fahrer, in Limburg angekommen, auf den Offheimer Weg ein. An Polizeistation und TÜV vorbei geht es weiter über die Kapellenstraße in Richtung des „Harmonic-Drive“-Kreisels. Vor uns taucht die B 49 auf. „Wir hätten schon längst da drauf sein können“, ohne durch das Offheimer Industriegebiet kurven zu müssen, gibt Michel zu bedenken, während er seine Fahrzeuge vorsichtig durch den Kreisel und unter der B 49 hindurch manövriert.

Die große Herausforderung kommt allerdings erst noch und zwar in Gestalt der Dietkircher Wirtschaftswege. Schnell wird klar, dass es auf der von Hundebesitzern, Autofahrern und landwirtschaftlichem Verkehr rege genutzten Strecke für schwere Traktoren keine Ausweichmöglichkeiten gibt. Abbröckelnde Fahrbahnränder sowie Radspuren im Matsch zeugen von früheren Manövern diverser Pkw. Eine Option, die der Landwirt mit seiner 2,60 m breiten Zugmaschine nicht hat.

Stellungnahme des KBV gegenüber Hessen Mobil

Hintergrund dieser Probefahrt ist der bereits seit Jahren voranschreitende vierstreifige Ausbau der Bundesstraße. Eine Maßnahme, welche nach Abschluss der Bauarbeiten zur Ausweisung der B 49 als Kraftfahrstraße führen soll, stellt der Kreisbauernverband Limburg-Weilburg in seiner Stellungnahme gegenüber Hessen Mobil Westhessen fest. Die Marburger Behörde betreut das Projekt federführend. Der neue Status hätte zur Konsequenz, dass Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von weniger als 60 Kilometern pro Stunde die B 49 nicht mehr nutzen dürften. Ein Schritt, den der Bauernverband ablehnt, „solange es keine zumutbare und risikolose Alternative gibt“. Eine Meinung, die auch vom Kreistag ge­teilt wird, der sich daher Anfang Oktober gegen die einschlägigen Pläne aussprach. „Aufgrund dieses Beschlusses wurde inzwischen von Landrat Manfred Michel auch ein sogenannter ,Einwand' an Hessen Mobil gerichtet“, erklärte der stellvertretende Pressesprecher des Landkreises, Jan Kieserg. „Was uns an der ganzen Überlegung stört, ist die Tatsache, dass man seitens Hessen Mobil Kompromissvorschläge, wie eine Ausweisung als Kraftfahrstraße und gleichzeitige Nutzung für landwirtschaftlichen Verkehr, ablehnt. Andererseits aber nicht bereit ist, die Praktikabilität der neuen Wegeführung einmal in der Praxis zu testen,“ konkretisiert der Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes, Theodor Merkel, die Kritik.

Der Gegenverkehr auf der Elzer Hauptstraße hat zwar genug Platz. Geduldig müssen dagegen die Autofahrer sein, die dem Getreidezug folgen.

Foto: Johannes Koenig

Das gut ausgebaute, auf einer Länge von rund einem Kilometer parallel zur B 49 verlaufende Teilstück erreichen wir schließlich. Wegen der gerade erlebten schwierigen Zuführung benutze aber kaum ein Landwirt diese Straße, sagt Michel. Für ihn bedeute die Ausweichstrecke einen zusätzlichen Zeitaufwand von rund einer Viertelstunde. „Dabei halte ich den Verkehrsfluss nicht auf. Busse und Lkw sind den Berg hoch nicht schneller“, gibt er zu bedenken. Weiteres Problem stellt der Winter da. Ab Januar holen Landwirte Dünger vom Landhandel. Dann müsste es auf den Dietkircher Wirtschaftswegen einen Winterdienst geben. Angesichts der geringen Anzahl von Ernte­annahmestellen hätten bisher zum Beispiel auch Betriebe aus Kirberg die B 49 angesteuert. Sie müssten ebenfalls die Ausweichroute nutzen.

„Am 15. Oktober, endete die Frist, um Einwendungen einzureichen“, erklärt Hessen-Mobil-Pressesprecherin, Sonja Lecher. Nun würden die einzelnen Einwendungen geprüft. Weitere Aus­künfte seien zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.

Koenig  – LW 44/2015