Milchviehhalter doppelt betroffen

Erntepressegespräch in Gudensberg

„Die dramatischen Erzeugerpreissenkungen bei Milch von etwa 30 Prozent und bei Schweinen von rund 20 Prozent gegenüber dem Vorjahresniveau machen unseren Betrieben sehr zu schaffen.“ Darauf wies der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider, am Dienstag der vergangenen Woche beim Erntepressegespräch in Gudensberg hin.

Entgegen der Auffassung mancher Wirtschaftsexperten wirke sich das Russlandembargo doch aus. Beim Milchpreis seien circa 4 Cent Erlösminderung je Kilogramm auf das Embargo zurückzuführen. Die Milchviehhalter treffe es in diesem Jahr besonders hart, weil der Grünlandaufwuchs durch die lang anhaltende Trockenheit nur sehr spärlich ausgefallen sei.

„Erschwerend hinzu kommt eine Mäuseplage in einem bislang nicht bekannten Ausmaß. Befallene Wiesen sind zum Teil regelrecht unterhöhlt“, so Schneider. Davon profitierten allerdings die Störche. Er habe unmittelbar nach dem Mähen einer Wiese 21 Störche gezählt, die hinter dem Mähwerk auf Mäusejagd gingen.

„Die Getreideernte in unserem Verbandsgebiet ist leicht unterdurchschnittlich ausgefallen“, berichtete Adolf Lux, Vorsitzender des Regionalbauernverbandes Kurhessen. Erträge und Qualitäten hätten die meist pessimistischen Vorernteerwartungen übertroffen. Das Niederschlagsdefizit über die gesamte Vegetationsperiode habe an Standorten mit geringer Bodenqualität erhebliche Ertragseinbußen mit einzelbetrieblich bis zu 30 Prozent zur Folge gehabt. Im Schwalm-Eder-Kreis werden 71 400 Hektar landwirtschaftlich genutzt, davon sind 16 000 Hektar Dauergrünland und 55 360 Hektar Ackerland, darunter 36 470 Hektar Getreide. Die Rapsanbaufläche beläuft sich auf etwa 6 900 Hektar.

Landwirt Thomas Scherb, auf dessen Betrieb das Erntepressegespräch stattfand, erläuterte, dass er allein deshalb 5 Prozent weniger Raps gedroschen habe, weil die Schoten durch sehr starken Wind Mitte Juli aufgeplatzt seien. Er bezifferte die Rapsmindererträge auf rund 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Heftige Niederschläge nach der Rapsaussaat hätten einige Flächen stark verschlämmt, was den Gesamtertrag ebenfalls gedrückt habe.

Es hätte schlimmer kommen können, war die einhellige Meinung beim Erntepressegespräch in Gudensberg. HBV-Präsident Friedhelm Schneider (2. von rechts) mit Vorstandsmitgliedern des Regionalbauernverbandes Kurhessen. V.l.: stellv. Vorsitzender Reinhard Rudolph, Vorsitzender Adolf Lux, Thomas Scherb, Geschäftsführer Dr. Bernd Wenck, HBV-Präsident Friedhelm Schneider und Geschäftsführer Ralf Desel.Foto: Bernd Weber

 

Limburg-Weilburg kam noch glimpflich davon

Erntepressekonferenz in Ahlbach

Auch in den Spätdruschgebieten im Landkreis Limburg-Weilburg war Mitte der vergangenen Woche die Getreideernte abgeschlossen. Zuletzt haben die Landwirte in den Höhenlagen des Westerwaldes und des Taunus die Felder beerntet. Dies teilte der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes und Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes (HBV), Armin Müller, vergangene Woche Vertretern von Presse, landwirtschaftlichen Organisationen und Politik mit.

Zusammen mit HBV-Präsident Friedhelm Schneider stellte er auf dem Betrieb Peter Weißer in Limburg Ahlheim die Ergebnisse und die Situation in der Landwirtschaft vor.

Die schnelle Ernte bei trockenen Bedingungen wie in diesem Jahr sei auch etwas Wert, so Müller. Er erinnerte an das vergangene Jahr, als diejenigen, die bis zum 8. August nicht geerntet hatten, anschließend wegen dauernder Regenfälle vier Wochen warten und Qualitätseinbußen hinnehmen mussten. Die Ernte war im Kreis nicht schlecht, wobei es große Unterschiede gab. Insgesamt gab es laut Müller eine durchschnittliche Wintergerstenernte. Bei Winterraps gab es trotz der Trockenheit für viele überraschend gute Erträge. Beim Winterweizen verzeichneten die Bauern dagegen leichte Ertragsrückgänge. In Hessen insgesamt gab es laut HBV-Präsident Schneider Ertragsrückgänge von bis zu 30 Prozent.

Die Region litt wie die anderen in Hessen unter der Trockenheit, kam aber noch glimpflich davon, wie der ehemalige Leiter der Landwirtschaftsschule Limburg, Dr. Hubert Wagenbach, berichtete. Er zeichnet seit 1974 die Wetterdaten auf. Verglichen mit dem Durchschnitt der Niederschläge seit Beginn seiner Aufzeichnungen, fielen in den ersten sechs Monaten in Hadamar 67 Millimeter weniger Niederschläge, bei einem Schnitt von 766 Millimeter Jahresniederschlag. Allerdings fielen im entscheidenden Monat Mai nur 21 statt 61 Millimeter.

Am stärksten von der Trockenheit sind die Futterbaubetriebe betroffen, stellte Schneider he­raus. Neben dem mangelnden Aufwuchs auf dem Grünland, stehe auch der Silomais schlecht da. Überschattet werde die derzeitige Situation von den schlechten Preisen für Milch und Fleisch, wie Schneider verdeutlichte. Mit verantwortlich dafür sei das Russland-Embargo. Die Politik müsse darüber nachdenken, wie dieses Problem gelöst werden könne.

Ein spezifisches Problem im Kreis sind die Flächenverluste, die bereits durch den Neubau der ICE Trasse sowie durch die Erweiterung der B 49 zu verzeichnen waren. Ungelöst ist die Frage, ob die landwirtschaftlichen Schlepper die Bundesstraße dauerhaft benutzen dürfen. Wie Müller darstellte, gebe es dazu insbesondere in den Abschnitten von der Ahlbacher Spange (Mündung der B54) bis Limburg und zwischen den Auffahrten Weilburg und Löhnberg keine Alternative.

hbv, CM – LW 34/2015