Nach der Ernte ist vor der Saat

Anbauplanung im Ackerbau für die nächste Saison

In Kürze ist es schon wieder soweit: Kaum ist das Getreide geerntet, wird in wenigen Tagen zum Beispiel bereits Winterraps gesät. So gilt es, Anbau und Fruchtfolge für die nächste Saison zu planen. Ändert sich in der Anbauvorzüglichkeit etwas gegenüber dem letzten Jahr? Hans Jürgen Hölzmann von der Unternehmensberatung der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen skizziert die Perspektiven einzelner Marktfrüchte mit Blick auf die Situationen an den Märkten.

Das Getreide wird viefach noch geerntet und schon steht in circa zwei Wochen die Saat von Winterraps für die Ernte 2018 an.

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Während sich die Betriebe an den globalen und volatilen Markt gewöhnen, stellt sich die Frage, ob sie noch flexibler auf die sich ändernden Rahmenbedingungen reagieren müssen? Neben dem Markt und der Witterung setzt die Agrarpolitik Akzente, obwohl sie sich schon vor Jahren von der direkten Preisgestaltung zurückgezogen hat. Die Förderung von Agrarumweltmaßnahmen oder politische Entscheidungen, beispielsweise zu Embargos sowie währungspolitische Einflüsse wie der Euro-Dollar-Kurs nehmen Einfluss auf das Marktgeschehen und damit auf die Anbauplanung. Dabei kommt es insbesondere auf die Unterschiede zwischen Zuckerrüben, Raps und Weizen an, die verschiedenen anderen Getreidepreise leiten sich weitgehend vom Weizenpreis ab.

Einflussfaktoren sind Klima, Globalisierung und Politik

Die Gefahr von Trockenheit, Hitze, Kälte, starken Niederschlägen und Überschwemmungen auf der ganzen Welt führen zu Preissprüngen. Vor diesem Hintergrund wird die Planung der kommenden Jahre nicht einfacher und nur dann realistisch, wenn man auch eine Absicherung betreibt, das heißt eine Strategie entwickelt und kontinuierlich Stück für Stück Handlungsoptionen aufbaut. Für den kommenden Anbau gilt es, verstärkt das Fruchtfolgeportfolio zu optimieren. Neben den vielfach gesetzten Blattfrüch­ten sowie dem Weizen können andere Kulturen dazu beitragen, den Gesamtdeckungsbeitrag zu optimieren. Die Anbauwürdigkeit, beispielsweise der Wintergerste, wird durch die Ergebnisse der letzten Jahre zunehmen, was zu einer Anbauausdehnung führen kann. Oder: Der verstärkte Anbau von Stickstoffbindern zur Eiweißgewinnung und Fruchtfolgeauflockerung wird durch die Förderung der Agrarumweltmaßnahmen forciert. Kapital und infrastrukturelle Voraussetzungen wie zum Beispiel eine Bewässerung können ebenso Parameter für den betrieblichen Erfolg sein.

Festkosten beeinflussen langfristig die Rentabilität

Ökonomische Bewertungsgröße ist der Deckungsbeitrag der einzelnen Kulturen bis hin zum Gesamtdeckungsbeitrag des Betriebes. Zunehmend auch der Einfluss der Festkosten, welche bei wesentlichen Änderungen in der Ausrichtung des Betriebes ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Die Rentabilitätsbetrachtung erfolgt vom Deckungs­beitrag der Frucht bis zum Unternehmer­ge­winn. Bei pauschalen Deckungsbeitrags-Planungsrechnungen blei­ben sowohl die EU-Prämie, als auch pflanzenbauliche Faktoren, wie die Fruchtfolgewirkung, in der monetären Bewertung außer Acht. Jede Kultur wird ausschließlich mit ihren direkten Erlösen gerechnet. Bei der Planung des Anbaus im Betrieb sind diese Faktoren allerdings ebenfalls in Ansatz zu bringen. Bei den Erzeugerpreis­erwartungen wird in der Kalkulation von den Ende Juli zu erzielenden Konditionen bei hälftigem ab Feldverkauf und zum anderen Teil von gelagerter Ware ausgegangen. Bei den genannten Annahmen ergeben sich für die einzelnen Kulturen die nachstehend geschilderten ökonomischen Zusammenhänge.

Rohölpreis wirkt sich stärker auf Rübenpreis aus

Zuckerrüben erzielten in den letzten Jahren im Rahmen der durch die Zuckermarktordnung verankerten Anbaumöglichkeiten sehr gute Deckungsbeiträge und Unternehmergewinne und zeigten sich damit vielfach als die erfolgreichste Kultur im Betrieb. Durch den Wegfall der Quote und des garantierten Mindestpreises gewinnt der Markt verstärkte Bedeutung und der Zuckerrübenanbau erfolgt auf Basis der mit der Fabrik verhandelten Rahmenverträge, in denen die Liefermengen und alle erforderlichen Vereinbarungen geregelt sind. Lediglich der Erzeugerpreis wird nicht fixiert, sondern die Preisfindung ist definiert und wird mehr oder weniger direkt an die Zuckerverkaufserlöse des Zuckerunternehmens gekoppelt. Es handelt sich also nicht um Festpreisverträge, sondern es gilt zunehmend der freie Markt. Die Chancen und Risiken des Weltmarktes nehmen zu, freie heimische Exporte auf den Weltmarkt sind jetzt möglich. Genauso kann es aufgrund des guten EU-Preisniveaus zu AKP- und LDC-Zuckerimporten im Rahmen der festgelegten Einfuhrkontingente führen. Da in den letzten drei Wirtschaftsjahren die weltweiten Zuckervorräte abgebaut wurden, ist der EU-Preis nicht so stark unter Druck, wie es vielleicht die europäische Anbauausdehnung erwarten lässt. Die Volatilitäten des Weltmarktes sind von tempo­rären und regionalen Über- sowie Unterangeboten und dem Rohölpreis, der die Bioethanolproduktion aus Zucker bestimmt, abhängig.

Klimaänderung beeinflusst Rentabilität von Brotgetreide

Mehr Markt auf der einen Seite, mehr politische Vorgaben auf der anderen Seite, das sind die Rahmenbedingungen der Betriebe.

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Der Winterweizen liefert sich seit Jahren ein „Kopf-an-Kopf-Rennen“ mit dem Raps. Die Erfolgsparameter beim Weizen sind Ertrag, Preis, Verkaufszeitpunkt und niedrige Stückkosten. Da die Ertragsseite, wie in den letzten beiden Jahren zu sehen war, nicht beliebig gesteigert werden kann, kommt der Vermarktung mehr Bedeutung zu. Die Teilmengenvermarktung zu günstigen Zeitpunkten scheint neben der Struktur wie die Kurzzeitlagerung bis einige Wochen nach der Ernte überlegenswert. Eine Terminmarktabsicherung von Teilmengen ist beim Weizen ein relativ risikoloses Vermarktungsinstrument. Allerdings fehlt vielfach der Wille, sich mit dem Terminmarkt, wie auch mit den anderen Vermarktungsinstrumenten, wie zum Beispiel den Put-Optionen, konsequent auseinanderzusetzen. Bei den Berechnungen der vorherigen Jahre ist zu sehen, dass der Deckungsbeitrags-Vorsprung des Brotweizens gegenüber ande­ren Getreidearten sinkt, besonders deshalb, weil die zunehmende Frühsommertrockenheit den Ertrag und eine ungünstige Erntewitterung die Qualität beeinträchtigt. Dennoch gilt: Der Weizen ist nach einer Blattfrucht als Vorfrucht weiterhin eine gute Anbaualternative. Man sollte die verschiedenen Weizenqualitäten (Futter-, Brot- und Qualitätsweizen) differenziert bewerten. Ein gezielter Anbau für einen Abnehmer, der die individuelle Qualität schätzt, kann durchaus ein interessanter Weg sein.

Winterraps behält Stellenwert im Betrieb

Der Raps ist ackerbaulich ein wertvolles Fruchtfolgeglied. Für ihn gelten hinsichtlich der Vermarktung und der Stückkosten die gleichen Aussagen, wie für Weizen. Um das Leistungspotenzial des Rapses auszuschöpfen, ist ein vierjähriger Anbau nicht zu unterschreiten. Auf vielen Standorten tritt Winterraps genauso wie Zuckerrüben, Kartoffeln oder sonstigen Hackfrüchten in der Fruchtfolge an die Stelle einer guten Vorfrucht fürs Getreide, speziell von Weizen. Insbesondere hier zeigt der Raps seine Stärke, da er neben der eigenen Ertragskraft auch noch eine gute Vorfruchtwirkung mit sich bringt. In einer mit Blattfrüchten schwach besetzten Fruchtfolge stellt der Raps neben der eigenen Erlöskraft und der Vorwirkung auch arbeitswirtschaftlich eine Entzerrung des betrieblichen Ablaufes dar.

Wintergerste mit Vorteilen im Zuge des Greening

Die Wintergerste wird zunehmend geschätzt, scheint jedoch auf den ersten Blick immer noch weniger rentabel zu sein. Den pauschal dargestellten Rentabilitätsunterschied zum Weizen muss man jedoch nicht unmaßgeblich bereinigen. Die Gerste steht beim Start des Wettbewerbs der Getreidekulturen nicht in der ersten Reihe, die nimmt der Weizen nach einer Blattfrucht ein. Auch die Vermarktung erfolgt „stiefmütterlicher“. Die Gerste wird oftmals zuerst verkauft und nicht eingelagert. Die Ernteentzerrung und die Fruchtfolgeeffekte, unter anderem durch einen anschließenden Zwischenfruchtanbau, sind nicht unmaßgebliche Vorteile. Auch im Hinblick auf das Greening ist die Wintergerste aus pflanzenbaulichen Gründen, aber auch aus Gründen der Prämieneffekte (Zwischenfruchtanbau als Greening-Maßnahme) für viele Betriebe interessant. Beurteilt man all diese Faktoren mo­netär, so gilt es die Wintergerste neu zu bewerten: Aufgrund der vielfach auftretenden Frühsommertrockenheit und den damit verbundenen geringen Ertragsunterschieden zum Weizen, beziehungsweise in vielen Fällen sogar Ertragsvorteilen, rückt die Wintergerste in vielen Betrieben wieder mehr in den Fokus. Auch Silomais passt je nach Standort in die Fruchtfolge, wenn die individuellen Faktoren stimmen. Die Rentabilitätserwar­tungen liegen dabei auf einem ähnlichen Niveau, wie bei den vorher genannten Kulturen, wobei aber verstärkt sogenannte „weiche Faktoren“ in die Bewertung einfließen. In Betrieben mit Biogas und Milchvieh ist der Mais nicht wegzudenken und er erzielt über den direkten Kulturnutzen einen weiteren betrieblichen Vorteil.

Leguminosen hängen am „Tropf der Politik“

Seit es die Förderung der Agrarumweltmaßnahmen in Form der „Vielfältigen Kulturen“ gibt, wurde der Anbau von Ackerbohnen und Futtererbsen vielfach interessant. Wie Rentabilitätsberechnungen zeigen, sind Leguminosen ohne die politischen Einflussfaktoren weniger anbauwürdig, obwohl sie pflanzenbaulich schon immer viele positive Effekte hatten. Nutzte man in den vergangenen Jahren die Leguminosen zum Greening, so dürfte dieses in den kommenden Jahren uninteressant werden.

Verbot von Pflanzenschutz und Dünger hat Wirkungen

Ab 2018 ist bei dem Anbau von Leguminosen zwecks Greenings der Einsatz von Pflan­zen­schutz­mit­teln und Dünger nicht mehr erlaubt. Ob Ackerbohnen oder Futtererbsen besser sind, entscheiden der spezielle Standort und die vorhandenen Absatzmöglichkeiten. Übrigens zeigt sich: Absatz und Erzeugerpreise steigen, wenn insgesamt größere Mengen angebaut und dem Markt zugeführt werden. Beispielsweise können dann den Mühlen mit einer Nachfrage nach GVO-freien Erzeugnissen respektable Mengen aus heimischen Anbau zugeführt werden. Auch der Anbau von Nischenkulturen, wie zum Beispiel Dinkel oder Braugerste, kann für den Betrieb attraktiv sein. Argumente für diese Kulturen sind ebenfalls aus arbeitswirtschaftlicher Sicht für den Betrieb zu prüfen. Ferner können sie dazu beitragen, die Technik im Betrieb im Jahresverlauf gleichmäßiger und damit eventuell auch höher auszulasten. Die Deckungsbeitragserwartungen liegen dann unter Umständen auch auf Weizenniveau, wenn Standort und Absatzmöglichkeiten passen. Bei diesen Kulturen ist meist ein Vertragsanbau mit einem sicheren Absatz und festen Preisvereinbarungen besonders wichtig. Die Anbauentscheidungen der Praxis sind insgesamt betrachtet nicht allein an der Deckungsbeitragserwartung der Marktfrucht, sondern an ihrer Zweckmäßigkeit innerhalb der Fruchtfolge des Betriebs und nicht zuletzt auch an der Risikobereitschaft des Landwirts auszurichten.

 – LW 31/2017