Öffentlichkeitsarbeit erweitert und Rote Gebiete hinterfragt

Marcus Schepp neuer RBV-Geschäftsführer in Teilzeit

Rund 40 Wetterauer und Frankfurter Bauern waren der Einladung des Regionalbauernverbandes Wetterau-Frankfurt (RBV) gefolgt und nahmen an der ersten Versammlung teil, die nach der Satzungsänderung im vergangenen Jahr als Mitglieder- und nicht mehr als Vertreterversammlung durchgeführt wurde. Anstelle der sonst üblichen langen Gästeliste waren diesmal wegen Corona ausschließlich Mitglieder eingeladen. Auf ein Hauptreferat wurde ebenso verzichtet wie auf den gemeinsamen Imbiss – stattdessen gab es eine Maskenpflicht, bis der Sitzplatz eingenommen war. Entsprechend zügig wurden die Regularien abgearbeitet.

Der neue Vorstand des RBV Wetterau-Frankfurt in Corona-Aufstellung.

Foto: Krüger

In ihrem Tätigkeitsbericht konnte Vorsitzende Andrea Rahn-Farr auf ein aktiv gestaltetes Geschäftsjahr 2019 verweisen. Ihr Fazit fiel durchwachsen aus.

Beratung anstelle einer reinen Eingriffsverwaltung

Die Anstrengungen des Bauernverbandes in Sachen Öffentlichkeitsarbeit seien zwar durchaus erfolgreich, was sich in einer deutlich verbesserten Wahrnehmung der bäuerlichen Anliegen in den Medien niederschlage. Auch die individuell erstellten Hofplakate des RBV würden gut angenommen.

Im Hinblick auf das Ziel, die regionale Erzeugung und Verarbeitung zu stärken, laufe die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden und Gruppierungen immer besser. Auch die Kommunikation mit dem Wetteraukreis sei wichtig für eine Weiterentwicklung hin zu mehr lokaler Wertschöpfung, so Rahn-Farr: „Die zuständigen Behörden des Wetteraukreises sollten ihre Spielräume zugunsten der Betriebe nutzen. Wir brauchen keine reine Eingriffsverwaltung, sondern eine aktive Beratung, damit die Landwirte in spezielle Betriebszweige wie die Direktvermarktung auch rechtssicher investieren können!“

Eine große Baustelle ist nach wie vor die Düngeverordnung. Hier unterstützt der RBV die von einem Mitglied eingereichte Normenkontrollklage gegen die Ausweisung eines roten Gebietes in weiten Teilen der Wetterau. Denn die Grundwasserqualität ist durchweg gut bis sehr gut, eine Nitratbelastung des Wassers ist hier nur sehr selten festzustellen. Der Bauernverband zweifelt an der Auswahl der Messstellen – diese seien nicht repräsentativ, so Rahn-Farr. „Ebenso sind die Messstellen unserer Meinung nach nicht korrekt platziert und auch nicht ausreichend gewartet, wie es die DIN-Norm vorsieht“, so die Vorsitzende.

Aus dem Unmut über die Düngeverordnung habe sich im Herbst 2019 der stille Protest mit grünen Kreuzen auf den Äckern entwickelt. Aus dem stillen Protest sei dann schnell ein lauter geworden – mit Treckerdemos und öffentlichen Aktionen, die vor allem von der Bewegung „Land schafft Verbindung“ (LsV) initiiert und durchgeführt worden seien, hätten viele Bauern auf die angespannte Lage aufmerksam gemacht.

Mobilisierung wie schon lange nicht mehr

Sämtliche Aktionen wurden dabei vom RBV unterstützt. „Die neue Bewegung hat eine Mobilisierung bewirkt, wie wir sie als Verband schon länger nicht mehr hatten“, so das Resümee von Rahn-Farr. Sie sieht die junge Bewegung, an der sich auch viele Mitglieder des RBV beteiligen, positiv und hofft auf fruchtbares Zusammenwirken. „Unsere Verbandsstruktur mit demokratisch gewählten Gremien und Personen erfordert es, dass wir unsere Positionen auf allen Stufen beraten und Beschlüsse von unten nach oben getragen werden. Das dauert naturgemäß etwas länger, jedoch können wir so mit einer Stimme sprechen und unseren Politikern diese Positionen nachvollziehbar vermitteln. Die notwendige inhaltliche Arbeit machen unsere hauptamtlichen Mitarbeiter in der Geschäftsstelle Friedberg und in der HBV-Zentrale in Friedrichsdorf. Die Kombination von unseren Inhalten und validen Positionen mit der Schnelligkeit und den starken Aktionen des LsV kann uns alle gemeinsam voranbringen“, so Rahn-Farr.

Weniger Mitglieder und abnehmende Fläche

In seinem Geschäftsbericht ging Geschäftsführer Florian Dangel auf die Entwicklung der Mitgliederzahlen ein. Aktuell habe der RBV noch knapp 1 200 Mitglieder. Durch Hofaufgaben oder beispielsweise Flächenverluste durch Bebauung sinke die Zahl der Mitglieder und die im RBV gebündelte Fläche jährlich. Der Bedarf an Beratung der Mitglieder steige jedoch eher an. Ob Pachtrecht, Verwaltungsrecht, Baurecht, landwirtschaftliches Förderrecht, Beratung bei der Stoffstrombilanz oder beim Flächenantrag, Behördentermine und vieles mehr – der RBV biete eine breite Palette an Dienstleistungen und Hilfestellungen für seine Mitglieder an genauso wie für Ortsvereine, die durch Baumaßnahmen, Ausweisungen von Schutzgebieten oder ähnlichem Unterstützung benötigten. In einem wöchentlichen Newsletter (per Email) sowie WhatsApp- und Telegram-Gruppen gelangten regelmäßig Infos und Hinweise zu den Mitgliedern. Auch der Schwerpunkt Öffentlichkeitsarbeit solle weiter verstärkt und bedient werden. Hierzu stellte Anke Krüger ihren Bericht in Form eines von ihr erstellten Videos vor (kann unter wetterauer-bauern.de angesehen werden). Die sinkenden Hektarbeiträge bei gleichzeitig steigendem Personalbedarf zeigten Wirkung beim anschließenden Kassenbericht.

Die Lücke konnte zwar aus den Rücklagen gedeckt werden. Es sind jedoch Einsparungen nötig, außerdem stellte der Vorstand einen Vorschlag zur Abstimmung in den Raum, wobei ein Zusatzbeitrag für Öffentlichkeitsarbeit erhoben werden soll. Diesem Vorschlag wurde nach längerer Diskussion zugestimmt.

Einsparungen werden sich ab Juli 2020 durch eine personelle Umstrukturierung ergeben: Der seitherige Geschäftsführer, Florian Dangel, wird zukünftig in Teilzeit mit zwei Sprechtagen als Justiziar für den RBV zur Verfügung stehen und ansonsten in das Rechtsreferat des Hessischen Bauernverbandes nach Friedrichsdorf wechseln.

Als neuer Geschäftsführer stellte sich Marcus Schepp vor, der – ebenfalls in Teilzeit – die Geschäftsstelle leiten sowie Beratung in Agrarfachfragen machen wird. Somit ist die Geschäftsstelle durch Spezialisierung und Arbeitsteilung äußerst leistungsfähig aufgestellt und bietet mit zwei Fachleuten – für die rechtliche Beratung und die Agrarthemen – jedem Mitglied die Möglichkeit, sich hier Rat und Hilfe zu holen. „Ich stehe Ihnen gerne zur Verfügung – bitte rufen Sie uns an!“, warb Marcus Schepp.

Die anstehenden Wahlen zum Vorstand brachten Wechsel auf drei Positionen, weil zwei Mitglieder aus Zeit- oder Altersgründen nicht wieder kandidierten und ein Platz im Vorstand nach dem Tod des langjährigen Vorstandsmitglieds Franz-Günther Dörrschuck freigeblieben war.

Als Kandidaten stellen sich Tatjana Roloff, Altenstadt, Henning Starck, Florstadt, und Christopher Wyschka, Niddatal, der Versammlung vor. Alle drei junge, engagierte Landwirte wurden von der Versammlung einstimmig gewählt, ebenso wie die zur Wiederwahl angetretenen Vorstandsmitglieder Sebastian Kartmann, Nidda, Daniel Knorr, Münzenberg, Mathias Mäser, Büdingen, und Claudia Seiboldt, Frankfurt.

Krüger – LW 30/2020